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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bernays
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braucht, ein Bankangestellter braucht wahrscheinlich etwas weniger. Aber was heißt das für mich? Die Obstzüchter, die Weizenbauern, die Metzger, die Milchproduzenten, die Fischer – alle wollen, dass ich mehr von ihren Produkten esse, und geben jährlich Millionen von Dollar aus, um mich davon zu überzeugen. Soll ich essen bis zur Erschöpfung, oder soll ich auf den Arzt hören und den Bauern, den Metzger und den Händler Pleite gehen lassen? Soll ich meine Ernährung nach den Werbeanteilen der verschiedenen Lebensmittelproduzenten zusammenstellen? Oder lieber nach medizinischen Kriterien und damit die, die das Überangebot produzieren, Bankrott gehen lassen? Die neue Konkurrenz tobt in der Lebensmittelindustrie am heftigsten, denn dort gibt es eine sehr feste Grenze der konsumierbaren Mengen. Trotz höherer Einkommen und besseren Lebensstandards können wir nicht mehr essen als wir können .«
     
    Ich glaube, dass der Wettbewerb der Zukunft nicht nur eine Werbeschlacht zwischen einzelnen Produkten und großen Verbänden sein wird. Es wird zusätzlich einen Wettbewerb in Sachen Propaganda geben. Sowohl der Werber als auch der Geschäftsmann erkennen, dass sie die Barnum-Methode nicht ganz außer Acht lassen sollten, wenn sie die Allgemeinheit erreichen wollen. Ein Beispiel für ihre Anwendung findet sich in den Jahresschriften des Werbefachmannes George Harrison Phelps: Die landesweite Radiosendung, mit der der Start des Dodge Victory Six-Automobils angekündigt wurde.
    Millionen Menschen hörten diese Sendung auf 47 zusammengeschalteten Radiosendern. Sie kostete über 60.000 Dollar und wurde parallel auch über ein Telefonnetz von 20.000 Meilen Kabellänge übertragen. Die Sendebeiträge kamen aus Los Angeles, Chicago, Detroit, New Orleans und New York. Der Sänger Al Jolson trug von New Orleans aus seinen Teil dazu bei, Will Rogers aus Beverly Hills, Fred und Dorothy Stone aus Chicago und Paul Whiteman von New York aus. Die Gagen für die Künstler betrugen 25.000 Dollar. Einen Teil der Sendung bildete eine vier Minuten lange Rede des Präsidenten von Dodge Brothers, in der er den neuen Wagen vorstellte. In diesen vier Minuten erreichte er geschätzte dreißig Millionen Amerikaner, ohne Zweifel die größte Zuhörerschaft, die je einem Konsumprodukt zur gleichen Zeit ihre Aufmerksamkeit geschenkt hat. Die Verkaufsbotschaft trug Zuckerguss.
    Moderne Vertriebs-Theoretiker werden widersprechen: »Das stimmt schon alles. Aber diese Form der Konsumentenansprache ist viel teurer, während man heute eher dazu neigt, die Kosten dafür zu reduzieren (indem man z. B. Provisionen reduziert) und stattdessen versucht, die Werbebudgets möglichst effizient einzusetzen. Wenn man eine berühmte Sopranistin wie Frau Galli-Curci über Schinken singen lässt, erhöht ihre beträchtliche Gage die Kosten des Schinkens – während ihre Stimme nichts zum Produkt beiträgt .«
    Was zweifellos richtig ist. Aber alle Vertriebsmodelle erfordern Geld, wenn die Ansprache attraktiv gestaltet sein soll. Wer in Druckobjekten wirbt, erhöht die Kosten seiner Anzeigen durch den Einsatz von Bildern oder durch prominente Werbepartner.
    Durch das Wachstum der Großunternehmen entsteht ein weiteres Problem, das nach neuen Wegen der Kontaktaufnahme mit den Konsumenten verlangt: Massenproduktion führt zu standardisierten Produkten, deren Herstellungskosten mit zunehmender Absatzmenge sinken. Ist im Wettbewerb mit ähnlichen Konkurrenzprodukten der niedrige Preis das einzige Argument, entsteht daraus ein mörderischer Verdrängungswettbewerb, der erst dann endet, wenn die Marge auf Null geschmolzen ist.
    Es gibt für den Hersteller nur einen logischen Ausweg aus diesem Dilemma: Er muss dem Produkt eine andere Anziehungskraft verleihen als nur den Preis. Er muss es für das Publikum in irgendeinem anderen Punkt besonders attraktiv machen, über eine Idee, eine geringfügige Veränderung am Produkt, ein originelles Element, das es in der Wahrnehmung der Konsumenten von Wettbewerbsprodukten abhebt. Ein Schreibmaschinenhersteller etwa lackiert seine Schreibmaschinen in fröhlichen Farben. Diese Besonderheit kann der Öffentlichkeit mithilfe der bereits erläuterten Propagandatechniken nahegebracht werden: indem an den Herdentrieb, den Gehorsam gegenüber Autoritäten oder das Nachahmungsbedürfnis appelliert wird. Ein unwesentliches Detail kann entscheidende wirtschaftliche Bedeutung erlangen, wenn man es im Bewusstsein der Verbraucher als Stil

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