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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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Wesentlichen. Nach der Erfahrung des gestrigen Abends und der Nacht bin ich jedenfalls froh, dass du mich nicht zum Großvater gemacht hast. Aber was soll ich tun? Ich kann den Kindern ja schlecht binnen weniger Stunden beibringen, was ihre Eltern offensichtlich jahrelang versäumt haben. Zumal die ja gar nicht wüssten, was ich eigentlich meine.«
    Mavie zog verwundert die Augenbrauen hoch. Jetzt drehte sich ihr nicht nur der Magen, sondern auch der Kopf. Was redete ihr Vater da? Was war das für ein kleinlicher Unsinn? Nur weil die Nachbarskinder seine konspirologische Büchersammlung im Gästezimmer durcheinandergebracht hatten?
    Sie korrigierte sich selbst, stillschweigend. Nein, er war nicht kleinlich. Es ging ihm nicht um die Unordnung, nicht um Erziehungsfragen, nicht um vorübergehende ungebetene Gäste. Er schaute nach vorn, und er versteckte seine Sorge, seine Angst, hinter einer kleinlichen Fassade. Sie würden es nämlich nicht dabei belassen, seine Bücher umzusortieren. Sie würden ihn, den gut Vorbereiteten, in echte Schwierigkeiten bringen. Lebensgefährliche Schwierigkeiten, sofern er darauf bestand, sein Eigentum selbst nutzen zu dürfen.
    Nichts von alldem wollte sie wissen. Nichts davon denken. Zielführend, dachte sie stattdessen. Seine Denkweise, seine Philosophie. Focus.
    Sie räusperte sich. »Sag mal, hast du jemanden drüben in Hamburg, der mir helfen kann?«
    »Wobei?«
    »Ein paar Leute rauszuholen. Die sind nämlich am falschen Ort.«
    »Wo?«
    »Blankenese. Falkensteiner Ufer.«
    »Da hast du jedenfalls recht, das ist der völlig falsche Ort. Wenn überhaupt, kommt man nur noch von oben ran, von der Osdorfer, aber das dürfte inzwischen auch schwierig sein.« Er verstummte nachdenklich, dann sagte er: »Oder vom Wasser aus.«
    »Keine gute Idee«, sagte sie. »Philipp sagt, auf dem Fluss ist inzwischen ’ne Menge los.«
    »Ja, mag sein. Trotzdem wäre das der einzige Weg. Du kannst dir nicht vorstellen, was auf den Straßen los ist.«
    »Aber doch nicht Richtung Norden.«
    »Nein, aber was mache ich, wenn ich es durch den Tunnel geschafft habe – sofern ich überhaupt noch durchkomme, denn der ist jetzt seit Stunden dicht, weil sie das Wasser unten nicht mehr herausgepumpt kriegen?«
    »Edward, ich meinte nicht, dass du …«
    »Thomas hat ein Boot. Unten im Harburger Hafen. Ich rufe ihn an, dann sehen wir weiter.«
    »Edward.«
    »Was den großen Vorteil hat, dass ich niemandem die Tür aufmachen muss, wenn wieder der Strom ausfällt.«
    »Papa …«
    Sein Tonfall war komplett verändert. Sie hörte förmlich, wie sein Gehirn arbeitete, wie er seine Ausrüstung zusammenstellte und schon in Gedanken seine Anfrage an seinen Freund und Bootsbesitzer Thomas formulierte – der vermutlich andere Sorgen hatte, als seinen alten Geocaching-Spielkameraden Edward Heller nach Blankenese zu schippern.
    »Wo genau sind Philipps Leute? Und wie viele?«
    »Eine Frau, zwei Kinder.« Sie diktierte ihm die Adresse. »Und noch mal, Paps, ich will nicht, dass du da hingehst. Es muss doch irgendjemanden geben, der näher dran ist oder der sein Boot nicht ausgerechnet in Harburg liegen hat, sondern, was weiß ich, in Teufelsbrück oder Övelgönne …«
    »Ich kümmere mich drum«, sagte Edward.
    »Edward«, sagte sie.
    »Ich melde mich«, sagte er. »Pass auf dich auf.«
    »Edward«, sagte sie und dann noch zweimal »Hallo?«, bis sie begriff, dass er wirklich aufgelegt hatte.
    Sie kämpfte sich in der nun unter wildem Schaukeln durch die grauen Regenwolken abwärtsgleitenden Maschine nach vorn und setzte sich wieder neben Philipp.
    »Steht dir aber, das Grün«, sagte er, immer noch grimmig, aber mit einem angedeuteten Lächeln.
    Mavie schnallte sich an, während die Maschine kurz nacheinander in zwei Schlaglöcher zu fahren schien.
    »Hast du was erreicht?«, fragte sie.
    Er nickte. »Slatko, Nachname Grubic. Besorgt mir ein Flugzeug mit Pilot und berechnet mir auch bloß das Sechsfache des normalen Preises. Er nennt das Freundschaftspreis, ich nenne es Sauerei, aber wenn der auch nur halbwegs seriös wäre, hätte er ja auch nicht so viele Ferraris.«
    Sie nickte skeptisch. »Was kaufst du normalerweise bei dem? Heroin?«
    »Die Pistole in meinem Handschuhfach. Dafür hab ich mitgeholfen, dass seine Tochter nach Luisenlund durfte, und er beliefert ein paar Freunde von mir, Restaurantbesitzer, beste Lagen. Kein Heroin. Koks, sind ja anständige Leute, wie Milett.«
    Sie nickte erneut und verkniff sich

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