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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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versammelten sich vor dem Büro, im Korridor und machten Milett seinen Platz streitig, und im nächsten Moment rempelten ihn weitere unhöfliche Menschen aus dem Weg, diesmal welche mit weißen Overalls und Tragen in den Händen.
    Der kleine Glatzkopf trat aus dem Büro, gab einigen seiner mitgebrachten Beamten in Zivil Anweisungen und wandte sich dann an die versammelte Schar aufgeregter Wissenschaftler. Milett erwartete, dass der Glatzkopf vor allem ihn ansprechen würde, aber der Mann schien überhaupt nicht zu wissen, wen er vor sich hatte. Und sprach in die Runde.
    »Bitte«, sagte er laut. »Meine Herren. Treten Sie zurück, lassen Sie meine Beamten durch.«
    Niemand trat zurück. Man wartete auf eine Erklärung.
    Der Glatzkopf ließ die Versammelten einen DIN -A4-Zettel sehen, den er kurz wie eine Trophäe hochhielt. »Vermutlich ist Ihnen bereits zur Kenntnis gelangt, dass Professor Eisele dringend tatverdächtig ist, mehrere Morde in Auftrag gegeben zu haben. Besser, war, denn Professor Eisele ist tot.«
    Ungläubiges Murmeln erhob sich im Gang und vor der Tür. Milett glaubte, sich verhört zu haben, und wechselte Blicke mit den Menschen, die sich um ihn herum drängelten und ihn ebenso ungläubig ansahen.
    »Wir werden den Tathergang in gebotener Gründlichkeit rekonstruieren, denn auch William Hedges, offenbar der Mann, dem wir die Beweise für Eiseles Beteiligung an mehreren Morden verdanken, ist tot, und wir müssen davon ausgehen, dass der Beschuldigte selbst ihn getötet hat.«
    Das Murmeln verwandelte sich in eine Kakofonie aus Fragen, die der kleine Glatzkopf mit einer beschwichtigenden Handbewegung abebben ließ. »Sie haben Verständnis, dass unsere Ermittlungen erst am Anfang stehen und wir noch nicht wissen, was genau hier geschehen ist. Wir werden im Lauf der nächsten Stunden alle Zeugen vernehmen. Sofern Sie Sachdienliches zur Aufklärung beitragen können, werden Ihre Aussagen zu Protokoll genommen.« Wieder hob er den Zettel, präsentierte ihn erneut den Versammelten. »In Anbetracht der Gründe, die Sie zu dieser Versammlung veranlasst haben, und im Wissen um die Bedeutung Ihrer Entscheidungen gestatten Sie mir, diese Zeilen zu verlesen, die der Beschuldigte unmittelbar vor seinem Freitod an Sie gerichtet hat …«
    Alles, was er nach »Freitod« sagte, ging in neuerlich aufbrandendem entsetztem Murmeln unter, und während der Glatzkopf schweigend wartete, versuchte Milett erneut, um ihn und die Schultern seiner Beamten herum durch die einen Spalt weit offen stehende Bürotür zu spähen. Die Leiche des Leibwächters lag bereits auf einer der Bahren, verhüllt von einer weißen Plane, und hinter dem Schreibtisch hievten offenbar zwei weitere Weißkittel Eiseles sterbliche Überreste auf die zweite mitgebrachte Bahre.
    Milett konnte nicht fassen, was er sah. Nicht fassen, was geschah.
    Eisele hatte sich umgebracht? Sich das Leben genommen? Nur weil irgendwer ihn schwer belastete? Nur weil er möglicherweise ein paar Morde in Auftrag gegeben hatte? Das war doch kein Grund, sich umzubringen. Polizei hin, Polizei her, sie wussten doch beide, alle, dass man für eine gerechte Sache hin und wieder Kollateralschäden in Kauf nehmen musste.
    Eisele hatte sich umgebracht?
    Die Weißkittel hievten, verdeckt vom Schreibtisch, die Leiche auf die Bahre. Und der Glatzkopf begann vorzulesen, was Eisele seinen »Freunden und Mitstreitern im Kampf um das Überleben unseres Planeten« mitzuteilen hatte.
    »Mein Schicksal ist bedeutungslos«, erklangen Eiseles letzte Worte aus dem Mund des kleinen kahlen Mannes, »ebenso meine Entscheidung, aus dem Leben zu treten, vor meinen Schöpfer, der über mein Scheitern an meinem eigenen moralischen Anspruch zu richten hat. Dieses Urteil hat kein Mensch zu fällen. Ihr jedoch, meine Freunde und Weggefährten, denen das Schicksal unseres Heimatplaneten ebenso am Herzen liegt, wie es mir zeit meines Lebens am Herzen lag, werdet euch durch mein Verstummen nicht vom einzig richtigen Weg abbringen lassen, Millionen Menschenleben zu retten und das Leid zu lindern, das unserem Planeten und seinen Bewohnern droht. Der eingeschlagene Weg ist zu Ende zu gehen, und dem, der euch führen wird, gehört mein uneingeschränktes Vertrauen über das Ende meiner irdischen Existenz hinaus. Leland Milett wird euch führen.«
    Und Milett hatte endlich die Aufmerksamkeit, die ihm seines Erachtens schon seit geraumer Zeit zustand. Alle Blicke wanderten in seine Richtung, und der

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