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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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ein Purple Heart fürs Kinderretten verdient und ’ne Menge abbekommen, aber wir kriegen sie wieder hin … Habt ihr den Film?«
    Er hörte wieder zu, und Mavie hätte gern etwas weniger verschwommen gesehen, um wenigstens an seiner Miene ablesen zu können, was er hörte. So blieb ihr nur die naheliegende Möglichkeit, ihn zu unterbrechen.
    »Thilo?«, sagte sie.
    Sie sah Philipp nicken und streckte die Hand aus. Er zögerte kurz, dann sagte er in den iAm: »Sorry, Augenblick, die Chefin will dich sprechen«, und reichte Mavie den Apparat.
    Sie nahm den iAm, unterdrückte einen Schrei, als ihre Handfläche erneut explodierte und lichterlohe Lavaflammen durch ihren ganzen Körper schießen ließ, und sprach ungläubig seinen Namen aus.
    »Bist du okay?«, fragte sie.
    »Ja«, sagte er. »So weit ja. Ich muss nur gelegentlich mal zum Arzt, ich hatte kurz einen Wolf in der Schulter. Aber wir sind rausgekommen, jedenfalls meine Schwester, Diego, Nina und Oskar. Was mit den anderen ist, weiß ich nicht.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie haben uns angegriffen. Drei, vier Humvees, voll mit Bewaffneten. Sondereinsatzkommando, und sicherlich keins der Regierung. Die hätten ja nicht gleich auf alles geschossen, was sich bewegt. Nein, die wollten an die Rechner, Versuch einer ›feindlichen Übernahme‹ von Diego Garcia zwecks Eingliederung in die Solunia-Merchandisingabteilung. Aber Eisele hat sich verschätzt. Oskars Mauern waren zu dick, wir waren wieder drin, bevor die alles umpolen konnten, und das war’s dann.«
    Mehr als ein Echo fiel ihr nicht ein. »Das war’s dann?«
    »Für Eisele. Der Film ist hochgegangen, dazu ein Geständnis von Bjarne, und von Eisele bleibt nicht mal sein guter Ruf.«
    Sie wollte es nicht hören. Sie wollte nicht, dass er es sagte. Aber er sagte es.
    »Es ist vorbei. Er ist tot, Mavie.«
    Diesmal jagte der Schmerz nicht durch ihre Nerven. Seine Worte trafen direkt in ihr Herz.
    »Tot«, sagte sie.
    Edwards und Philipps Gesichter verschwammen noch etwas mehr. Aber sie spürte die Verwunderung der beiden.
    »Er hat sich umgebracht«, sagte Thilo, sanft, als spürte er ihren irrationalen Kummer. »In Genf, direkt nachdem der Film um die Welt gegangen war. Frag mich nicht, was danach passiert ist, wir kriegen ja hier auch nur das, was die Nachrichtensender berichten, aber das verändert natürlich die gesamte Lage. Ich hatte zuerst Sorge, dass jetzt dein Freund Milett direkt vor die Presse tritt und in memoriam Fritz erst recht den Koussi hochjagt, aber offenbar hat der Alte doch was gemerkt oder kann plötzlich zwei und zwei zusammenzählen. Er hat sich eben gerade vor die Kameras gestellt, kam live auf allen Sendern, und sich von Eiseles Plan distanziert. Keine Sprengung. Der Rest hübsch gestelzt, so sinngemäß: Die dramatischen Entwicklungen und neuen Erkenntnisse der letzten Stunden erfordern eine Neubewertung der Prognose sowie gegebenenfalls eine Re-Evaluierung der vorgesehenen Maßnahmen. «
    Mavie hörte zu. Und begriff zunächst nicht, was sie gleichzeitig sah.
    Zwischen den Köpfen der beiden schwarzen Frauen, die am Heck der Barkasse saßen, blinzelte sie ein kleiner heller Punkt an. Ein wackliges silbernes Morsezeichen. Was nicht stimmen konnte, denn zwischen den Köpfen der Frauen war keine Lichtquelle. Erst recht keine kleine Taschenlampe, mit der irgendwer wacklig morsen konnte.
    »Verstehst du, was das heißt?«, hörte sie Thilo fragen. »Wir haben Zeit gewonnen, aber nicht nur das. Mag sein, dass Gerrittsens Formel am Ende wirklich genial ist, aber noch hat Prometheus schwere Macken.«
    Eine Reflexion, begriff Mavie. Auf dem blanken Metall der Reling.
    Keine große Sache.
    Ein leises Murmeln erhob sich an Bord der Barkasse, und Philipp und Edward blickten in Richtung Bug.
    »Er hat sich vertan«, hörte Mavie Thilo sagen, »orbital vertan. Vielleicht um hundert Jahre, vielleicht nur um drei oder vier oder zehn, aber er hat sich vertan. Und das heißt, wir haben Zeit, uns vorzubereiten, auf den Ernstfall. Wir können und müssen Entwarnung geben, jedenfalls für den Augenblick. Wir haben nocheine Chance, diesmal die komplette Katastrophe zu verhindern, die ganze Völkerwanderung und den Bürgerkrieg hier bei uns – es gibt keine Dürre und keinen Dauerregen, noch nicht, nicht dieses Jahr.«
    Mavie wandte langsam den Kopf und sah in die Richtung, in die bereits alle anderen an Bord blickten, Richtung Süden.
    Es tat weh.
    Obwohl die Sonne nur vom Horizont aus durch hohe weiße

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