Prosecco um Mitternacht
Sekunden Janets Aufmerksamkeit bekommen.
Er rutschte nervös auf seinem Platz in dem eleganten italienischen Restaurant am Stadtrand von Toledo, in der Nähe von Sylvania, hin und her und dachte über die Frau nach, die ihm mit der Speisekarte in der Hand gegenübersaß und irgendetwas bestellte. Will zupfte an seiner Krawatte. Nicht, weil er sich dieses zweifellos kostspielige Essen nicht leisten könnte, sondern weil er gehofft hatte, sie würden gar nicht so lange hier sein, dass Janet zum Essen kam.
“Möchten Sie jetzt auch schon das Dessert bestellen?”, erkundigte sich der äußerst höfliche Kellner.
Will schloss kurz die Augen und sandte ein stummes Gebet zum Himmel, dass Janet darauf verzichten möge.
Sie reichte dem Kellner die Karte. “Ich werde mich später entscheiden.”
Will atmete auf. Endlich hatte er Janets Aufmerksamkeit.
“Das war eine nette Überraschung”, sagte Janet mit einem sanften Lächeln. “Ich dachte schon, du gehst mir aus dem Weg.”
Fast hätte Will sich verschluckt. “Dir aus dem Weg gehen? Wieso sollte ich das tun?” Er zuckte innerlich zusammen. Sag ihr die Wahrheit, ermahnte er sich. Du bist ihr tatsächlich aus dem Weg gegangen.
“Ich habe heute mit Daddy zu Mittag gegessen”, berichtete Janet und nippte an dem exzellenten Chianti, den Will auch genossen hätte, wäre er nur in der Lage gewesen, ihn hinunterzubekommen.
“Ach ja?” Will verspürte das überwältigende Bedürfnis, aus schierer Verzweiflung mit der Stirn auf die Tischplatte zu schlagen. Stattdessen musterte er die hübsche Brünette ihm gegenüber. War es möglich, dass Janet unbewusst ahnte, dass ihr Vater und sein Posten als Chefarzt des Krankenhauses der Schlüssel zu ihrer Zukunft waren?
Inzwischen neigte er dazu, seine eigene Situation mit einem gewissen Zynismus zu betrachten und sich nach wie vor mit heftigen Schuldgefühlen zu plagen.
“Was das Aus-dem-Weg-Gehen betrifft, Janet, finde ich, dass du sehr gut mit der Situation umgehst”, begann er.
Zwei Kellner servierten genau in diesem Moment den Salat. Will erschrak, denn er hatte sie nicht kommen sehen.
Feierlich breitete Janet die Serviette auf ihrem Schoß aus. “Das hört sich ja an, als wäre das, was du mir zu sagen hast, sehr ernst”, meinte sie lächelnd. “Wollen wir damit nicht bis später warten und zuerst das Essen genießen? Ich komme um vor Hunger.”
Und Will würde umkommen, wenn er nicht endlich reinen Tisch machte. Aber er nickte nur, starrte auf den Salat auf seinem Teller, der wie Unkraut aussah, und nahm sein Weinglas. Kurz bevor er es geleert hatte, hielt er inne, da ihm einfiel, dass es sicher keine gute Idee war, bei der Unterhaltung mit Janet betrunken zu sein.
Und er würde diese Unterhaltung um jeden Preis führen.
Er konnte einfach nicht mehr länger so weitermachen. Er konnte nicht die eine Frau begehren und gleichzeitig mit einer anderen zusammen sein. Schon gar nicht, wenn die, mit der er offiziell zusammen war, anscheinend ihre Meinung geändert hatte und ihm nun nicht nur ihr Herz, sondern auch ihren Körper geben wollte.
Der Kellner schenkte Wein nach, dann kam die Vorspeise und schließlich das Hauptgericht. Irgendwie gelang es Will, lächelnd zuzuhören, während Janet über die Küche sprach und von ihrem Tag erzählte, doch wie er das schaffte, war ihm selbst ein Rätsel.
Vielleicht hätte er sie in ein Restaurant ausführen sollen, das nicht so bekannt für sein Essen war. Ein Fast-Food-Restaurant, zum Beispiel. Da hätte er wenigstens nicht drei Gänge lang warten müssen, bis er endlich loslegen konnte.
Ihre Teller wurden abgeräumt, und Janet faltete die Hände auf dem Tisch. Ihr Lächeln verriet, dass sie nun bereit für ein Gespräch war. “Soll ich das Dessert jetzt bestellen, oder wollen wir noch warten?”
Will setzte sich aufrecht und dachte mit Schrecken daran, sie einen weiteren Gang beim Essen beobachten zu müssen. Das wäre die reinste Qual, daher sagte er schnell: “Ich glaube, du solltest besser warten, bis du gehört hast, was ich dir zu sagen habe.”
Ihre Wangen röteten sich leicht, ihre Augen leuchteten im Kerzenschein.
Will musterte sie argwöhnisch. Er hatte das Gefühl, dass sie nicht die leiseste Ahnung hatte, was in ihm vorging.
Aber wie sollte sie auch? Sie war nach Kalifornien gefahren, in der Erwartung, anschließend zu ihrem treuen und liebenden Freund zurückzukehren. Bei dem Wort “Freund” zuckte er zusammen, aber darauf lief es schließlich
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