Prosecco um Mitternacht
Rechten.
Was einst als kleiner Laden mit einem Verkaufsraum begonnen hatte, hatte sich nach und nach auf vier Einheiten im Einkaufszentrum ausgebreitet. Zwei Strip-Clubs waren noch geblieben, doch Women Only breitete sich immer mehr aus und würde sie bald verdrängen. Dann würde die Gegend nur noch dafür bekannt sein, für die positiven Bedürfnisse der Frauen da zu sein, statt für die niederen Instinkte der Männer.
Zur Linken des Verkaufsraumes befanden sich die gemütlichen Massageräume und eine behagliche Unterrichtszone, die wie ein einladendes Wohnzimmer gestaltet war und in der von der gekonnten oralen Stimulierung des Mannes bis zum G-Punkt alles diskutiert wurde. Zur Rechten lag das offene Studio mit den Spiegelwänden, in dem Renae und andere Bauchtanz und die Kunst des Strippens unterrichteten. Aber die Frauen sollten nicht strippen lernen, um damit Geld zu verdienen, sondern um ihre Partner daheim zu erfreuen.
“Renae?” Lucky bewegte die Hand vor ihren Augen. “Ist alles in Ordnung mit dir?”
Renae dachte an das Kribbeln in ihrem Bauch und lächelte. Oh ja, es war alles mehr als in Ordnung. Es war großartig.
“Bestens. Es geht mir prächtig. Hast du Ginger gesehen?”
Lucky schrieb etwas auf einen Block und schien selbst ein wenig abgelenkt zu sein. Was normal war, wie Renae fand. Wenn sie einen Mann wie Colin McKenna zu Hause hätte, würde sie den Rest ihres Lebens mit dem Kopf in den Wolken herumlaufen.
“Sie war schon hier und ist gleich wieder verschwunden. Sie meinte, dass sie nach dem Mittagessen wieder zurück ist.” Lucky sah sie an. “Willst du etwas von ihr? Du kannst sie auf dem Handy anrufen.”
Renae verzog das Gesicht und zupfte ihr Top zurecht. Was sie mit Ginger zu besprechen hatte, konnte sie nicht am Telefon klären. Verabreden wollte sie sich aber auch nicht, denn wenn sie es tat, würde sie damit andeuten, dass etwas sie beschäftigte. Nein, sie wollte Ginger in einem ruhigen Moment erwischen.
“Ich wollte sie bloß nach einer neuen Lieferung fragen, das ist alles”, erklärte sie.
“Hm.” Lucky schien ihr nicht zu glauben.
Renae hörte Musik aus dem angrenzenden Raum und schaute in die Richtung. “Die Eingeborenen werden unruhig. Ich gehe mal lieber hinein.” Vor dem Vorhang blieb sie noch einmal stehen und drehte sich um. “Übrigens, was weißt du eigentlich über Colins Freund Will?”
Lucky hielt mit dem Stift über ihrem Klemmbrett inne. “Nur, dass er Arzt ist.”
“Sehr witzig. Ich meinte es eigentlich etwas genauer.”
“Zum Beispiel, was seine Lieblingsfarbe ist?”
Renae verdrehte die Augen. “Ob er mit jemandem zusammen ist.”
Lucky stutzte. “Oh.” Sie legte das Klemmbrett auf den Tresen. Die orientalischen Klänge aus dem anderen Raum wurden lauter. “Ich glaube, er ist mit einer Assistenzärztin aus dem Krankenhaus zusammen.”
Verdammt! Ausgerechnet jetzt, wo der Doc und sie sich nähergekommen waren, musste sich herausstellen, dass er schon mit jemandem zusammen war. Andererseits war sie ja nicht auf eine Beziehung mit ihm aus. Sie wollte bloß Sex. Aber die Vorstellung, die “andere” zu sein, und sei es auch nur für kurze Zeit, gefiel ihr nicht. Nun, eins nach dem anderen. Sie musste entscheiden, ob sie wirklich mehr von diesem Feuerwerk wollte, das heute Morgen zwischen ihnen explodiert war.
Lucky starrte sie noch immer an. “Was ist passiert?”
Renae grinste nur. “Nichts. Und alles. Erinnere mich daran, es dir später zu erzählen.”
Sie betrat den Nebenraum, zog den Vorhang hinter sich zu und ignorierte Luckys “Verlass dich drauf!”
“Du siehst übel aus.”
Genau das brauchte Will jetzt. Er sah Colin McKenna an, der ihm gegenübersaß, und nahm einen großen Schluck von seinem eiskalten Bier. “Harry’s Bar” war in letzter Zeit ihre Lieblingskneipe. Wenn er sich richtig erinnerte, hatte er hier Colins Freundin Lucky Clayborn kennengelernt. Kurz zuvor war sie als Kellnerin in einer Bar gefeuert worden und war Patientin eines von Colins Kollegen geworden. Und so hatte Colin seine große Liebe gefunden.
“Danke für die scharfsinnige Bemerkung”, erwiderte Will trocken.
Colin lachte und schob die Speisekarte beiseite, die keiner von beiden brauchte. “Darf ich fragen, was sich hinter deiner finsteren Miene verbirgt? Oder geht es um den Kampf, der seit fünf Monaten andauert?”
“Der immer gleiche Kampf”, bestätigte Will, leerte sein Glas zur Hälfte und streckte sich.
“Läuft immer
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