P.S. Ich liebe Dich
nervige Ohrwurm.«
Holly zuckte die Achseln. Ein total nerviger Ohrwurm wäre sicher eine super Wahl.
»Ich weiß nicht, ich war zu dem Urlaub nicht eingeladen«, brummte Denise.
»Ach, du weißt doch, was ich meine, Holly!«
»Ich erinnere mich überhaupt nicht daran.«
»Wie ging der bloß?« Irritiert stützte Sharon das Gesicht in die Hände. Holly zuckte wieder die Achseln. Aber auf einmal rief Sharon: »Oh, wartet mal, ich hab’s!« und begann laut zu singen: »Sun, sea, sex, sand, come on boy, give me your hand … «
»Ooh, ooh, ooh, so sexy, so sexy!«, stimmte Denise ein. Wieder reckten die Gäste an den Nachbartischen die Hälse, einige amüsiert, die meisten aber inzwischen eher verärgert, doch Denise und Sharon ließen sich nicht beirren und jodelten munter weiter. Gerade als sie zum vierten Mal den Refrain anstimmten (keine von beiden erinnerte sich an den restlichen Text), brachte Holly sie zum Schweigen.
»Das kann ich nicht singen! Außerdem rappt ein Typ dazu.«
»Dann brauchst du wenigstens nicht so viel zu singen«, kicherte Denise.
»Auf keinen Fall! Ich werde nicht bei einem Karaoke-Wettbewerb anfangen zu rappen.«
»Stimmt, das wäre nichts«, nickte Sharon.
»Na gut, welche CD hörst du denn zur Zeit am liebsten?« Denise war wieder ernst.
»Westlife«, antwortete Holly und sah ihre Freundinnen hoffnungsvoll an.
»Dann sing doch einen Song von Westlife«, ermunterte sie Sharon.
»Dann kriegst du vielleicht die Melodie nicht hin, aber wenigstens kannst du den Text!« Sharon und Denise krümmten sich vor Lachen.
Zuerst war Holly sauer, aber dann musste sie auch kichern. Sie hatten ja Recht: Holly hatte überhaupt kein musikalisches Gehör und traf so gut wie keinen Ton. Wie sollte sie dann überhaupt ein Lied finden, das sie singen konnte? Nachdem sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, schaute Denise auf die Uhr und stellte unwillig fest, dass sie zurück zur Arbeit musste, und so verließen sie Bewley’s – sehr zur Freude der anderen Gäste. »Jetzt feiern die elenden Trauerklöße hier wahrscheinlich gleich eine Party«, murmelte Sharon, während sie sich zwischen den Tischen durchdrängten.
Draußen hakten die drei jungen Frauen einander unter und schlenderten die Grafton Street entlang zu der Boutique, in der Denise als Geschäftsführerin arbeitete. Der Tag war sonnig, die Luft jedoch kühl; in der Grafton Street herrschte wie immer Betrieb: Leute eilten in ihrer Mittagspause von einem Laden zum anderen, während andere langsam die Straße entlangbummelten und sich freuten, dass es nicht regnete. An jeder Ecke stand ein Straßensänger und kämpfte um die Aufmerksamkeit der Passanten. Peinlicherweise veranstalteten Denise und Sharon einen kurzen irischen Tanz, als sie an einem Fiddlespieler vorbeikamen. Er zwinkerte ihnen zu, und sie warfen ein paar Münzen in seine Tweedkappe, die auf dem Boden lag.
»Gott, ich fühle mich, als wäre ich betrunken!«, lachte Sharon. »Ich glaube, ich habe mir zu viel Kaffee hinter die Binde gegossen.«
»Ach, ich bin völlig nüchtern«, erwiderte Denise ernsthaft. »Ich tu das jedes Mal, wenn ich an ihm vorbeikomme. Das bringt Glück. Okay, Ladys, ihr könnt weiter abhängen, aber ich muss zurück an die Arbeit«, verkündete Denise, während sie die Tür zu ihrem Laden aufstieß. Als die Angestellten sie erblickten, stellten sie ihre Plauderei an der Ladentheke ein und begannen, die Klamotten an den Ständern zu ordnen. Holly und Sharon verkniffen sich ein Lachen. Rasch verabschiedeten sie sich von Denise und gingen dann in Richtung Stephen’s Green weiter, um ihre Autos zu holen.
»Sun, sea, sex, sand … «, sang Holly leise vor sich hin. »Ach du Scheiße, Sharon! Jetzt hab ich dieses blöde Lied im Kopf«, beklagte sie sich.
»Jetzt fängst du schon wieder an, mich Scheiße-Sharon zu nennen.«
»Ach, sei bloß still!«, lachte Holly und knuffte sie in den Arm.
Als Holly sich endlich auf den Heimweg nach Swords machte, war es schon vier Uhr. Sharon hatte sie böswillig dazu überredet, doch noch einkaufen zu gehen, mit dem Ergebnis, dass sie einen Haufen Geld für ein albernes Top ausgegeben hatte, für das sie eigentlich viel zu alt war. Ab heute musste sie wirklich aufs Geld achten, denn ihre Ersparnisse schmolzen dahin. Sie musste sich dringend einen Job suchen. Aber sie fand es auch so schon schwer genug, morgens aus dem Bett zu kommen, und ein deprimierender Achtstundenjob würde ihre Stimmung nicht gerade
Weitere Kostenlose Bücher