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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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ein absolutes Novum, und soweit sich Petronus erinnerte, hatte es einmal einen genauso kurzen wie garstigen Krieg zwischen den Neun Wäldern und den Sümpflern gegeben. Vier, vielleicht fünf Jahre vor dem Attentat auf ihn. Jakob hatte den Sumpfkönig gefangen genommen und ihm seine Anatome der Bußfertigen Folter gezeigt. Dann hatte er ihn freigelassen, und die Sümpfler hatten die Waldhäuser nie wieder belästigt.
    Nun stellten sie die einzige Bundschaft dar, die Rudolfo in der Welt geblieben war, von seinem Bündnis mit Vlad Li Tam abgesehen.
    Und sie hatten Neb.
    Petronus hielt inne und blickte sich zu der dunklen Baumreihe um, die sich vor dem Himmel abzeichnete. Überbleibsel seiner Erziehung als götterfürchtiger Junge verdrängten einen Augenblick lang seine androfranzinische Vernunft. Das geschah von Zeit zu Zeit, und wenn es geschah, dann erinnerte es Petronus daran, wie zerbrechlich Verstand und Herz eines Menschen waren, wenn sie mit der Möglichkeit eines Verlusts konfrontiert wurden.
    Auf dem ganzen Weg zurück ins Lager betete Petronus.
    Neb
    Die Sümpfler entsprachen Nebs Vorstellungen nicht.
    Er war so schnell gerannt, wie er konnte, um mit dem Späher mitzuhalten, hatte Unterholz mit sich gerissen, sich geduckt und gewunden, um den Ästen zu entgehen, die nach ihm schlugen. Der Späher war schnell und groß und ganz offensichtlich nicht auf Heimlichkeit aus.
    Neb war seiner Schätzung nach mehrere Meilen weit gerannt, ehe ihm auffiel, dass sich der Wald verändert hatte. Fischernetze, die mit Ästen verflochten waren, verbargen schlammverschmierte, abgerissene Zelte. Zerzauste Männer und Frauen, viele mit hängenden Lippen und leeren Augen, wanderten durch das Lager. Sie trugen nicht zusammenpassende Teile von Waffen und Rüstungen, die sie bei Überfällen im Lauf von zweitausend Jahren erbeutet hatten, und gingen schweigend von hier nach dort.
    Nebs Führer verschwand und ließ ihn am Rande des Lagers stehen. Ein junges Mädchen kam auf ihn zu. Sie war mit Schmutz bedeckt, ganz wie die anderen, in ihrem Haar hingen Schlamm und Asche, und Neb fiel mit einem Mal auf, dass es dabei nicht nur um eine andere Wertschätzung von Hygiene ging: Sie machten sich absichtlich so zurecht, bemalten sich mit Erde und Asche, aus Gründen, die ihnen heilig waren.
    Das Mädchen lächelte ihn an, und unter der Schmutzkruste konnte er erkennen, dass sie eine ausgelassene Art von Schönheit besaß. Sie war beinahe so groß wie er, und er nahm an, dass ihr Haar unter dem Schlamm womöglich mausbraun war. Trotz des Schmutzes hatte sie es mit einem Stück rotem Band zurückgebunden, um es aus ihrem Gesicht zu halten.
    »Der Sumpfkönig hat dich hergerufen«, sagte sie. Es war keine Frage.
    »J … ja«, antwortete er.
    Sie trat einen Schritt näher an ihn heran, und er konnte sie riechen. Es war ein intensiver Duft, der moschusartige Geruch von Schweiß, der rauchige Geruch der Asche und Spuren von Schwefel und Ton aus dem Schlamm. Und Äpfel, erkannte er. Sie streckte ihm ihre Hand entgegen. »Ich werde dich hinbringen.«
    Er nahm die Hand und spürte, wie sie ihn sanft vorwärtszog, während sie in eine schnellere Gangart fiel. Unterwegs musterte er sie. Sie trug zwei verschiedene Stiefel und eine lange Männertunika, die abgeschnitten war, damit sie ihr passte. Darunter ein langärmeliges Hemd, das einmal weiß gewesen war. Ihre Unterschenkel waren nackt und grau von Schmutz. Sie trug keine sichtbaren Waffen.
    Das Sumpfmädchen führte ihn durch einen Irrgarten aus Bäumen und Zelten, lief im Zickzack um die schweigenden Soldaten des Sumpfkönigs herum. »Warum sind sie so still?«, fragte er, als die Neugier ihn schließlich übermannte.
    »Es ist unser Glaube. Im Krieg haben wir nur eine Stimme, die Stimme unseres Königs. Daher sprechen wir nur, wenn es nötig ist.«
    Neb nahm den Hinweis entgegen und blieb still, bis sie an ein Zelt kamen, das etwas größer als die anderen war, behaglich an der Flanke eines niedrigen Hügels gelegen. »Der Sumpfkönig erwartet dich dort drinnen«, sagte das Mädchen und deutete auf das Zelt.
    Bevor Neb sich bei ihr bedanken konnte, verschwand sie und lief schnell davon, bis sie um die Flanke des Hügels verschwunden war, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Er schluckte und ging auf das unbewachte Zelt zu. Düsteres Licht tanzte in dem Gebilde aus schmutzigem Segeltuch, und als er die locker herabhängende Klappe zur Seite schob, wurde ihm klar, dass das Zelt nur ein Vorraum war.

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