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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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einem solchen Zwang. Für Euch wäre es sicherer, wenn Ihr hierbliebt.«
    Daran hatte sie keinen Zweifel. Bleibt bei Isaak , hatte Rudolfo gesagt.
    Er richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und überragte die Späher – sogar Jin Li Tam. Dann humpelte er los.
    Die Späher formierten sich, um ihm den Weg zu verstellen, aber er hielt nicht an. Als sie Hand an ihn legten, drängte er weiter und stieß sie weg. »Bitte, lasst ab«, sagte er. »Ich will nicht, dass Euch etwas zustößt.«
    Er ging weiter, und sein beschädigtes Bein sperrte sich bei jedem Schritt. Jin Li Tam beobachtete, wie er sich über das Kopfsteinpflaster hinab zu den Toren der Waldresidenz bewegte. Er ging nicht schnell, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Der Gehorsam mochte in ihm festgeschrieben sein, aber zumindest die Geschwindigkeit, mit der er sich bewegte, konnte er selbst bestimmen. Sie zweifelte nicht daran, dass er mühelos Tag und Nacht laufen und dabei dem Weg folgen konnte, den wahrscheinlich auch ein Vogel nehmen würde, um sein Ziel weit im Nordwesten zu erreichen. Sie blickte zu den Spähern, die dastanden und erwartungsvoll ihren Anführer ansahen.
    »Was immer er sonst sein mag«, sagte Jin Li Tam, »er ist eine Maschine, die geschaffen wurde, um den Androfranzinern zu dienen. Ihr werdet ihn nicht aufhalten. Sein Register fordert Gehorsam für sie ein.«
    Der Anführer nickte. »Man hat uns mitgeteilt, dass wir so etwas zu erwarten hätten. Aber wir mussten es versuchen.« Er seufzte und blickte zu seinen Männern. »Und wir haben auch ein Pferd für Euch vorbereitet, edle Dame Tam.«
    Sie lächelte ihn an. »Rudolfos Zigeunerspäher sind ebenso ruhmreich wie intelligent, wie ich sehe.«
    Er verbeugte sich leicht. »Wir eifern unserem Anführer nach.«
    Jin erwiderte seine Verbeugung, gab aber darauf Acht, sich etwas weniger tief zu verneigen, wie es ihrem Rang entsprach. »Dann wollen wir also losreiten?«
    Zehn Minuten später holten sie den Metallmann mühelos am Rande der Stadt ein. Er bewegte sich langsam, humpelte die Straße entlang, als trüge ihn jeder Schritt in eine Richtung, in die er nicht gehen wollte. Er hielt an, als sie näher kamen, und blickte von Jin zum Anführer der Späher.
    »Wenn es dir nichts ausmacht«, sagte der Anführer, »werden wir uns dir anschließen.«
    Die Späher ritten in der Vorhut und Jin Li Tam fiel zurück, weil sie ihre Geschwindigkeit an Isaak anpasste. Der Geruch von Nadelbäumen und frischem Brot hing schwer in der Luft. Heute Nacht, dachte sie, würde Vollmond sein.
    »Was, meinst du, erwartet dich?«, fragte sie Isaak leise.
    Und als er schweigend zu ihr aufblickte, wurde ihr klar, dass es vermutlich nichts Gutes sein würde.
    Petronus
    Petronus wartete am Fluss, während das dunkle Grau der Nacht verging und zu einem neuen Morgen wurde. Er war froh, dass der Junge wieder gesprochen und ihm aufgeregt die Nachricht überbracht hatte. Er hatte Neb dazu gedrängt, den anderen nichts zu verraten, und hatte sich dann, als ihn seine Blase geweckt und ihm damit kundgetan hatte, dass die Nacht beinahe vorüber war, aus seinen Decken gerollt und war leise zum Fluss hinabgeschlurft.
    Der Mond hing tief am Himmel, und während er in den Fluss urinierte, betrachtete er die blaugrüne Kugel und dachte über die Macht der Jüngeren Götter nach. Einst, in den allerältesten Zeiten, war der Mond grau und trostlos gewesen. Aber den Legenden nach hatten die Jüngeren Götter ihm Wasser und Erde und Luft gebracht und ihn in ein Paradies verwandelt. Er hatte sogar ein erhaltenes Fragment aus den Hundert Geschichten des Felip Carnelyin gelesen, der behauptete, dorthin gereist zu sein, um viele Wunder zu besichtigen, unter anderem den Turm des Mondhexers – ein Gebäude, das man in manchen Nächten mit bloßem Auge sehen konnte. Nun war das Pergament von Carnelyins Heldentaten natürlich für immer verloren, in den Ruinen der Großen Bibliothek zu Asche zerfallen. Seufzend ließ er sein Gewand fallen, wandte sich vom Mond und dem Fluss ab, um hinaus auf das Feld aus Asche und Knochen zu blicken. Das Mondlicht tauchte es in dunkle, schattige Töne.
    »Seid Ihr schon da?«, fragte Petronus mit gedämpfter Stimme.
    Er hörte ein leises Lachen. »Ich bin schon länger da. Ich wollte nur die Verrichtung Eurer natürlichen Bedürfnisse nicht unterbrechen.«
    Petronus schnaubte. »Ich habe Euch doch nicht nass gemacht?«
    Er spürte eine hauchzarte Brise. »Nein.«
    Und im Licht des untergehenden

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