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Psycho-Logisch Richtig verhandeln

Psycho-Logisch Richtig verhandeln

Titel: Psycho-Logisch Richtig verhandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera F. Birkenbihl
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von meiner inneren Sicherheit ab. (Also wieder MASLOW II) Je sicherer ein Mensch ist, um so mehr Ungewißheit kann er ertragen. Er wird dann auch verstärkt in der Lage sein, unterschiedliche Standpunkte oder Verhandlungsweisen zu respektieren. Denn er wird großzügiger, je mehr Homo sapiens (weise) er wird.
    Aber viele Menschen fühlen sich sofort verunsichert, wenn man ihre Meinung, ihre Standpunkte, ihre Art und Weise etwas wahr-zu-nehmen in Frage stellt. Die meisten Menschen produzieren zahlreiche (unnötige!) Kampfhormone, nur weil jemand:
    • eine Meinung vertritt, die sie nicht teilen,
    • ein Verhalten zeigt, das mit ihren Erziehungsprozessen nicht übereinstimmt (z.B. Erbsen mit dem Messer auf die Gabel schiebt oder gähnt, ohne die Hand vorzuhalten, oder zu spät kommt usw.),
    • von unterschiedlichen Erfahrungen ausgeht, was seine Art und Weise, die Situation zu beurteilen, von unserer unterscheiden wird (z.B. »Mit Werkstudenten arbeite ich prinzipiell nicht, da habe ich nur Ärger!«; selbst wenn der andere Gesprächspartner gute Erfahrungen hatte, ist man oft nicht bereit, einen Neu-Versuch zu wagen),
    • andere Ziele anstrebt, als man selbst (wenn ich es für »richtig« halte,daß man immer fleißig sein muß, werde ich schwerlich Verständnis für den haben, der da sagt: Ich lebe ja nicht, um zu arbeiten, ich arbeite nur, um zu leben),
    • andere Vor-Urteile besitzt (wenn wir bei dem Wort »Vor-Urteile« nur an Rassen-Vor-Urteile denken, meinen wir oft fälschlicherweise, selbst frei von Vor-Urteilen zu sein. Aber: Jede Situation, die man sofort [»instinktiv« oder »automatisch«] be-urteilt, kann von Vor-Urteilen geprägt sein! Je schneller und spontaner das »Urteil« [meist Werturteile] gefallen ist, desto größer ist die Gefahr, daß hier nicht analytisch be-urteilt worden ist!),
    • eine Situation einfach anders wahr-nimmt (hierzu können Sie ein interessantes Experiment durchführen: Das nächste Mal, wenn Sie mit Freunden zusammensitzen, behaupten Sie einfach, eine Wandfarbe sei »anders«. Wenn die Wand beige ist, sprechen Sie von »der gelben Wand da«. Ist die Wand rost-rot, nennen Sie sie »orange« u.ä. Sie werden amüsiert beobachten, welchen Mühen Ihre Freunde sich sofort unterziehen werden, nur um Ihnen klarzumachen, daß Sie das »falsch« sehen. Wenn Sie nun »stur« bleiben, können Sie gut beobachten, wie schnell die anderen Kampfhormone produzieren, d.h. nachdrücklich überredend vorgehen. Man könnte meinen, es sei von allergrößter Wichtigkeit, daß Sie endlich »begreifen«, welche Farbe diese Wand nun wirklich hat!).
    Besonders interessant wird es, wenn Sie fragen, warum andere so viel Wert darauf legen, daß Sie sich in Ihrer Meinung der Allgemeinheit anpassen. Dann erfahren Sie nämlich, als wie bedrohend abweichendes Denken (Verhalten) empfunden wird. Was nicht »normal« ist, scheint a priori zu bedrohen, nur weil es nicht »normal« ist. CASTANEDA würde sagen, nur weil es nicht der Beschreibung entspricht, die diese Menschen von der Welt haben. Die Welt ist so-und-so. So hat sie auch zu sein. Weil nichts sein kann, was nicht sein darf!
    In CERVANTES’(17) »Don Quichote« heißt es sinngemäß: »Das Verrückteste (an dieser Welt) ist, daß wir sie nicht so sehen dürfen, wie sie sein könnte!« Weil der »normale« Mensch eben gelernt hat, wie und was er wahr-nehmen, denken, fühlen und tun darf.
    Hierzu sagt der englische Psychiater LAING (28, S. 24):
    Die Gesellschaft schätzt den normalen Menschen. Sie erzieht die Kinder dazu, sich zu verlieren und absurd zu werden, damit sie normal werden…
    Das, was wir »normal« nennen, ist (jedoch) ein Produkt von Unterdrückung, ein Nicht-Wahr-Haben-Wollen.. .Es ist dem wirklichen Sein total entfremdet.
    RHINEHART (33, s. 137) bemerkt dazu etwas boshaft:
    Es scheinen mir hier ganz bestimmte Grenzen zu bestehen, bis zu denen die Gesellschaft zu gehen bereit ist: Kriege, Mord,… Elend. Den Stuhlgang aber anderswo zu verrichten als auf dem Klosett gilt als undiskutabel.
    Das Interessante an RHINEHARTs faszinierendem Roman ist, wie klar er herausarbeitete, daß sogar das bloße Erwähnen von Gedankengängen, die nicht »normal« sind, bereits ernsthafte Sanktionen nach sich zieht!
    Von der Frage, wie »gut« es eigentlich ist, »normal« zu sein, zu der, was denn dann un-normal (sprich: geisteskrank) sei, ist es nur ein weiterer Schritt. Über diese Frage lohnt es sich m. E., einmal (einige Minuten lang?)

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