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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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aus seinem Sessel aufstand. Er versuchte, es damit zu überspielen, dass er übertrieben lächelte und schwungvoll seine Hand ausstreckte. »Es freut mich, Sie kennen zu lernen«, sagte er zu Collins.
    Collins war es nicht entgangen, dass Jonah sitzen blieb, doch sie erwiderte sein Lächeln und schüttelte seine Hand. Dann nahm sie ganz zu seiner Rechten Platz, so dass drei weitere Sessel für Heaven, Hank und Sam blieben.
    Heaven stöhnte und hielt sich das Kreuz, während sie ihre knapp einhundertfünfzig Kilo in den Sessel zwängte.
    Hank setzte sich neben sie und legte seine Hand auf ihren fleischigen Arm. »Alles in Ordnung?«, erkundigte er sich liebevoll.
    »Ich weiß nich’, wie ich es durch den Tag schaffe«, jammerte sie.
    Sam setzte sich ganz links außen hin, neben seinen Vater.
    Jonah nahm Augenkontakt mit ihm auf und sah ihn durchdringend an, halb, um dem Jungen Mut zu machen, halb als Anker gegen die Flutwellen des Zorns, die noch immer in ihm wogten. Es funktionierte. Sam nickte ihm kaum wahrnehmbar zu, und Jonah fühlte, wie die Segel seines Verstands sich mit Wind füllten und ihn langsam in ruhigere Wasser trieben. Der neunjährige Sam Garber mit seinen Gehirnerschütterungen, seinen Knochenbrüchen, seinen psychischen Quetschungen, mit der Gewissheit, alles aufs Spiel zu setzen, war nichtsdestotrotz bereit, Stellung zu beziehen, sich diesem Goliath von einer Frau zu stellen, die ihn beinahe zerstört hatte. Jonah konnte förmlich fühlen, wie er seine eigene Haut abstreifte und in diesen Wunderknaben und Superhelden, diese Inkarnation von Gottes Gnade und Macht hineinschlüpfte. Seine Schenkel und Waden stachen wie von tausend Nadeln, als sein Fleisch wieder zum Leben erwachte. Er war in Sam wiedergeboren. Er wandte sich an Sue Collins. »Ichweiß es zu schätzen, dass Sie trotz Ihres vollen Terminkalenders Zeit für uns gefunden haben.«
    Sue warf einen Blick auf Sam. »Dafür müssen Sie sich nicht bedanken.«
    »Was soll das Ganze hier überhaupt?«, fragte Heaven Jonah. »Was will die hier?«
    Collins richtete sich in ihrem Sessel auf und wischte einen unsichtbaren Krümel von ihrem schwarzen Faltenrock.
    Jonah sah in Heavens leblose Augen. »Sie sind alle hier, weil Sam Ms. Collins erzählen wird, wie er zu Hause behandelt wurde.«
    Heaven verschränkte trotzig die Arme.
    »Es sei denn«, sagte Jonah, »dass Sie es uns lieber erzählen möchten.«
    Hank rutschte nervös in seinem Sessel hin und her.
    Heaven zog verächtlich ihre Oberlippe hoch. »Das haben wir Ihnen doch schon erzählt.« Sie drehte sich zu Collins um. »Hennessey von Ihrem Amt hat schon ‘ne Untersuchung gemacht, und er hat bestätigt, dass wir uns nichts haben zu Schulden kommen lassen. Unfälle passieren nun mal. Hat er selbst gesagt.«
    Collins’ Gesicht und Haltung nahm spürbar einen Ausdruck von Entschlossenheit an. Und plötzlich verwandelte sich ihre äußere Erscheinung, wirkte sie nicht mehr zierlich, sondern knallhart – die Oberlippe wurde schmaler, sie straffte ihre Schultern und setzte beide Füße auf den Boden. Vielleicht war sie als kleines Mädchen selbst zu oft herumgeschubst worden, vielleicht war das ihr Ansporn gewesen, überhaupt diesen Beruf zu ergreifen.
    »Sam hat etwas zu sagen«, erklärte sie barsch. »Ich beabsichtige, es mir anzuhören und die nötigen Schritte einzuleiten.«
    Heaven wandte sich an Hank. »Willst du hier sitzen bleibenund dir das anhören? Lass uns gehen und einen Anwalt besorgen.« Sie machte Anstalten aufzustehen.
    Hank legte abermals seine Hand auf ihren Arm. »Wir müssen uns keinen Anwalt besorgen, nur um zuzuhören«, sagte er. »Das kostet nichts.«
    Heaven schüttelte ihren Kopf. »Du machst wohl Witze. Diese Leute haben nichts in der Hand.« Doch sie setzte sich unwillig wieder hin.
    Hank sah Jonah an.
    »Sam?«, gab Jonah dem Jungen sein Stichwort.
    Sam zuckte mit den Achseln und kaute an seiner Unterlippe.
    Heaven roch seine Angst. »Erzähl jetzt bloß keine Märchen«, sagte sie.
    »Was möchtest du sagen, Sam?«, fragte Collins freundlich. »Ich höre dir zu.«
    Sams Haut wurde aschfahl.
    Jonah begann ein stummes Gebet für ihn.
    »Ich warne dich«, sagte Heaven und beugte sich in ihrem Sessel vor, um ihn anzustarren.
    Sam ließ seinen Kopf hängen, so dass sein Pony über seine Augen fiel.
    »Du kannst uns alles erzählen, was du auf dem Herzen hast«, sagte Collins.
    Sam schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf.
    Heaven kicherte. »Braver Junge«, jubilierte

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