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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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Sechsjährigen an. Er wollte jenen unerschütterlichen Bund schmieden, zu dem Kinder in diesem Alter fähig sind. Wir gegen sie. Wir gegen den Rest der Welt. »Es ist alles ein Geheimnis«, sagte er. »Du darfst es niemandem verraten. Ich hätte es dir nicht erzählen dürfen.«
    »Ich werd’s nicht weitererzählen«, versprach sie.
    Er lächelte. »Kannst du morgen wieder herkommen?«
    »Okay.«
    Okay. Ein weiterer Sieg über Naomis Isolation. Eine weitere Schlappe für ihre Dämonen. Naomi ging zu ihrem Zimmer zurück, und Jonah blieb in seinem Büro. Doch jetzt wusste er, dass sie ihm Schritt für Schritt, Tag für Tag, näher kommen würde. Indem er sich ihr gegenüber verletzlich zeigte, erlaubte er ihr, ihm gegenüber verletzlich zu sein. Und zusammen, als Opfer, würden sie ihren Dämonen ein Publikum sein und sie so laut und so lange schreien und heulen und trauern und wüten lassen, wie es nötig war.
    Jonah schlug die Augen auf und starrte abermals an die Decke seines Schlafzimmers. Er konnte Naomis junge Haut beinahe riechen. Er wünschte, sie wäre in diesem Moment bei ihm. Er wünschte, Tommy Magellan und Mike Pansky und all die anderen Patienten wären auch hier. Er wünschte, er müsste die geschlossene Abteilung nie verlassen. Er wünschte, er könnte dort, inmitten der kleinen, gebrochenen Menschen, essen, schlafen und baden. Denn jeden Abend hinter sich die Tür abzuschließen war so, als würde er Teile von sich selbst wegschließen.
    Das Bild der abgeschlossenen Tür mit ihm auf der einen Seite und ihnen auf der anderen verkeilte sich in seinem Kopf und in seiner Kehle. Plötzlich fühlte er sich eher allein als frei. Und Einsamkeit war die Gefahrenzone. Es war die Einsamkeit, die ihn dazu brachte, die Wohnung zu verlassen und auf der Suche nach Wahrheit und gestohlenen Intimitäten durch die Straßen zu streifen.
    Er war niemals dem Drang erlegen, in der Stadt, in der er arbeitete, zu töten, aber er war nah dran gewesen. Zu nah. Er hatte den November und den Dezember 1995 in Frills Corners, Pennsylvania, knapp außerhalb des Allegheny NationalForest verbracht und im Regional Medical Center gearbeitet. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie dort war keine geschlossene Abteilung und nahm nur Patienten auf, die sich für »ihre Sicherheit verbürgen« konnten, die also versprachen, sich selbst nichts anzutun. Das bedeutete, dass ihnen Besuche zu Hause gestattet waren und sie »Freigang« für Ausflüge mit ihren Eltern bekamen. Vom Tag vor Weihnachten bis zum darauf folgenden Montag war die Abteilung praktisch menschenleer. Für Jonah bedeutete das fünf Tage Einsamkeit. Und spät an jenem Sonntagabend hatte alles wieder angefangen – das Pochen in seinem Schädel, das Brennen seiner Haut, der schreckliche Kampf, um Luft in seine Lunge zu saugen. Also hatte er kurz nach Mitternacht einen Spaziergang gemacht. Um Luft zu schnappen. Um die Hitze zu lindern.
    Sie hatte auf ihn gewartet. Wie die anderen. Ally Bartlett – achtundzwanzig Jahre alt, nicht groß, nicht klein, vielleicht zehn Kilo Übergewicht, mit braunen Augen und schwarzen, lockigen Haaren – saß an einer Bushaltestelle vor einer Bar, gekleidet in eine hellbraune Schurwollhose und einen blauen Kolani. Sie hatte einen dicken roten Schal zweimal um ihren Hals gewickelt. Keine Mütze. Keine Handschuhe. Sie starrte ihn von dem Moment an, als er um die Ecke kam. Sie wandte nicht ein einziges Mal den Blick ab, während er auf sie zukam. »Sie müssen am Erfrieren sein«, sagte sie und lächelte, als er sich in respektvollem Abstand zu ihr hinsetzte.
    Jonah trug eine verwaschene Jeans und einen grauen Rollkragenpullover. Keinen Mantel. Doch er fühlte die Kälte nicht. »Jemand hat meinen Mantel gestohlen«, erklärte er ihr.
    »Der Bus sollte in ein paar Minuten hier sein«, sagte sie. »Hier, nehmen Sie den«, sagte sie und wickelte sich ihren Schal ab. »Wenigstens bis der Bus kommt.«
    »Das kann ich nicht machen«, wehrte Jonah ab, wohl wissend, dass er es tun würde.
    »Spielen Sie nicht den Helden«, sagte sie. »Es ist saukalt.« Sie nahm den Schal ab, und das Goldkreuz um ihren Hals wurde sichtbar.
    Jonah nickte in stummer Anerkennung dieses Zeichens, dieser Opfergabe Gottes an ihn. Er nahm den Schal und wickelte ihn sich um den Hals und atmete Allys betörenden Duft, das Bouquet ihres Parfüms, ihres Make-ups, ihres Schweißes, ihres Atems. »Ich heiße Phillip«, sagte er. »Phillip Keane. Ich bin Arzt am Venango Regional.«
    »Ally

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