Psychopathen
Unterschied zutage: Selbstvertrauen. Die Bombenräumer, die ausgezeichnet worden waren, schnitten bei Tests im Hinblick auf den Glauben an sich selbst besser ab als ihre nicht ausgezeichneten Kollegen.
Der entscheidende Punkt war also ihre Überzeugung.
Stanley Rachman weiß alles über die arktische Neurologie der Psychopathen. Seine Ergebnisse waren zweifellos Zündstoff, und zwar ein so explosiver, dass er selbst die Frage aufwarf: Solltenwir unsere Bombenräumexperten nicht genauer im Auge behalten? Denn: »... die Bombenräumer, die für ihr mutiges/furchtloses Verhalten ausgezeichnet worden waren, wiesen keine psychologischen Anomalien auf und zeigten keinerlei antisoziales Verhalten«, so Rachman. Er weist auch ausdrücklich darauf hin, dass andere Eigenschaften, die bei den meisten Beschreibungen von Psychopathie auftauchen, wie zum Beispiel »verantwortungslos« und »impulsiv«, auf seine Fallstudien nicht zutrafen.
Wir erinnern uns an die Forschungsergebnisse von Belinda Board und Katarina Fritzon aus dem Jahr 2005, die gezeigt haben, dass eine Reihe psychopathischer Merkmale unter Wirtschaftsführern verbreiteter waren als unter Kriminellen, die man als Psychopathen diagnostiziert hatte. Das wirft die Frage auf, was genau wir meinen, wenn wir das Wort »Psychopath« verwenden. Offenbar sind nicht alle Psychopathen so wild und ungezähmt, wie man uns vielleicht glauben machen möchte. Tatsächlich besteht die wichtigste Schlussfolgerung aus der Studie von Board und Fritzon darin, dass genau dieser »antisoziale« Aspekt der Störung, der die Elemente Impulsivität und Verantwortungslosigkeit mit einschließt, letztlich den Unterschied und den Psychopathen ausmacht – und dass Dysfunktion oder Erfolg davon abhängen, wie diese Persönlichkeitsregler eingestellt sind.
Bombenräumer sind jedoch nicht die Einzigen, deren Herzfrequenz sich verlangsamt, wenn sie sich an die Arbeit machen. Die Beziehungsexperten Neil Jacobson und John Gottman, Autoren des bekannten Buches ›When Men Batter Women‹, haben bei gewissen Missbrauchstätern identische kardiovaskulare Profile beobachtet. 14 Diese Täter können sich, wie die Forschung gezeigt hat, tatsächlich besser entspannen, wenn sie ihre Partnerinnen verprügeln, als wenn sie sich mit geschlossenen Augen in einem Sessel zurücklehnen.
In ihrer viel zitierten Typologie der Missbrauchstäter bezeichnen Jacobson und Gottman Individuen mit dieser Art von Profilals »Kobras«. »Kobras« greifen schnell und heftig an und behalten die Kontrolle. Sie sind vollständig davon überzeugt, dass sie tun können, was sie wollen, wann immer sie es wollen. Wie der Name nahelegt, werden sie ganz ruhig und fokussiert, bevor sie zum Angriff übergehen. Das Pendant sind die emotional sprunghafteren »Pitbulls«. Bei ihnen baut sich der Ärger allmählich auf, bis sie schließlich aus der Haut fahren. Weitere Vergleiche zwischen diesen beiden Gruppen erweisen sich als interessante Lektüre:
Tabelle 1.1 – Unterschiede zwischen Kobras und Pitbulls
Außergewöhnliche Furchtlosigkeit hat vielleicht etwas mit Mut zu tun, wie Rachman im Fall der Bombenräumexperten meint.Und sie wird, wenn man wiederholt einer Gefahr ausgesetzt ist, möglicherweise zur Gewohnheit. Doch es gibt Menschen, die sie als Geburtsrecht beanspruchen. Ihre Biologie unterscheidet sich, bewusst wie unbewusst, so grundlegend von der Biologie des Rests der Menschheit, dass sie sogar völlig immun sind gegenüber der leisesten Spur von Angstabwehr.
Ich weiß es, weil ich sie getestet habe.
Der Geruch der Angst
Wenn Ihnen schon einmal Flugturbulenzen Angst gemacht haben, wenn Sie leicht beunruhigt waren, weil ein Zug plötzlich in einem Tunnel anhielt, oder wenn Sie einfach nur dieses undefinierbare Gefühl hatten, dass »irgendetwas nicht stimmt«, haben Sie dabei womöglich nicht nur auf Signale von außen, sondern vor allem auch auf die Ängste der Menschen um Sie herum reagiert. 2009 hat Lilianne Mujica-Parodi, eine Kognitionswissenschaftlerin der Stony Brook University in New York, folgendes Experiment unternommen. Es ging um Menschen, die zum ersten Mal mit dem Fallschirm abspringen und dabei mit einer Riesengeschwindigkeit auf den Boden zurasen sollten. Sie bekamen saugfähige Kissen unter die Achseln, um ihren Schweiß aufzunehmen. 15 Im Labor wurde der Schweiß dann aus den Kissen extrahiert und in einen speziell kalibrierten »Zerstäuber« transferiert. Dasselbe geschah mit Proben von normalem
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