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Psychopathen

Psychopathen

Titel: Psychopathen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
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nicht nur im Labor, sondern auch auf der politischen Bühne zu Konfliktlösung und Abrüstung beigetragen hat. Das Programm tat genau das, was auf der Verpackung stand. Es begann mit Kooperation und richtetesich im Weiteren dann nach dem Verhalten seines Gegenspielers. Wenn dieser z. B. bei Durchgang 1 ebenfalls kooperierte, tat TIT FOR TAT es ihm nach. Kooperierte das rivalisierende Programm jedoch nicht, wurde ihm dies bei den Folgerunden mit gleicher Münze heimgezahlt, bis es sich wieder für Kooperation entschied.
    Die Praktikabilität und Eleganz von TIT FOR TAT war bald offensichtlich. Man brauchte kein Genie zu sein, um zu erkennen, worauf die Sache hinauslief. Das Programm verkörperte sozusagen geisterhaft, ohne Seele, ohne Gewebe und Synapsen, jene fundamentalen Attribute Dankbarkeit, Zorn und Vergebung, die uns – uns Menschen – zu dem machen, was wir sind. Es belohnte Kooperation mit Kooperation – und heimste dann den gemeinsamen Lohn ein. Es bestrafte aufkommende Konkurrenz sofort mit Sanktionen und entging somit der Gefahr, als leichte Beute zu gelten. Doch anschließend war es auch in der Lage, ohne jede Schuldzuweisung zu einem Muster des gegenseitigen Rückenkratzens zurückzukehren, und erstickte damit schon im Keim das Potenzial für nachträgliche Schüsse auf dem Hinterhalt. Gruppenselektion, diese uralte evolutionäre Kamelle, derzufolge das, was gut für die Gruppe ist, im Individuum bewahrt bleibt, spielte keine Rolle. Wenn Axelrods Experiment uns irgendetwas zeigt, dann Folgendes: Altruismus, auch wenn er zweifellos ein grundlegender Bestandteil des Gruppenzusammenhalts ist, braucht für seine Entwicklung keine Rechnung höherer Ordnung wie das Wohl der Spezies oder auch nur das Wohl des Stammes, sondern eine Überlebensrechnung, die sich einzig auf die Beziehung zwischen Individuen bezieht.
    Makroskopische Harmonie und mikrokosmischer Individualismus waren, wie sich zeigte, zwei Seiten derselben evolutionären Medaille. Die Mystiker hatten den Zug verpasst. Geben war nicht besser denn Nehmen. Geben
war
Nehmen – laut Robert Axelrods radikalem neuem Evangelium der Sozialinformatik.
    Und überdies gab es kein bekanntes Gegenmittel.
    Im Unterschied zu unserem früheren Beispiel von den Heiligenund den Gaunern, in dem es einen »Tipping Point« gab, sobald diejenigen, die oben auf der Wippe saßen, ein gewisses Maß an Überlegenheit erlangten, lief TIT FOR TAT immer weiter. Es war in der Lage, im Lauf der Zeit alle rivalisierenden Strategien dauerhaft zu verdrängen.
    TIT FOR TAT war nicht einfach nur ein Gewinner. Gewinnen war nur der Anfang. Sobald es in die Gänge gekommen war, war es praktisch unbesiegbar.
Das Beste aus zwei Welten
    Axelrods Abenteuer in der Welt der »KybernEthik« sorgte für einiges Stirnrunzeln. Nicht nur unter Biologen, sondern auch unter Philosophen. So überzeugend zu zeigen, dass »Güte« irgendwie zur natürlichen Ordnung gehörte, dass sie, so wie es aussah, eine emergente Eigenschaft sozialer Interaktion war, trieb einen noch größeren Keil zwischen diejenigen, die sich zu Gott bekannten, und jene, die sich von Gott abgewandt hatten. Was, wenn unsere »bessere« Natur nun doch nicht besser war? Wenn sie einfach nur ... Natur war?
    Dieser abscheuliche Gedanke war bereits ein Jahrzehnt vor Axelrod einem jungen Harvard-Biologen namens Robert Trivers durch den Kopf gegangen. Trivers spekulierte, dass sich bestimmte menschliche Merkmale vielleicht überhaupt nur entwickelt hatten, damit sich dieser brillant einfache Bauplan, dieses eingängige mathematische Mantra, wie es TIT FOR TAT darstellt, in unser Bewusstsein einprägte – ein Mantra, das zweifellos schon eine Lehre bei den niederen Tieren gemacht hatte, bevor
wir
es in die Finger bekamen. 66 Vielleicht, so überlegte Trivers, war genau das der Grund dafür, dass wir in den Tiefen unserer Evolutionsgeschichte dieses erste Aufblühen von Freundschaft und Feindschaft, Zuneigung und Ablehnung, Vertrauen und Betrug erlebt haben, das uns nun, Millionen Jahre später, zu denen macht, die wir sind.
    Der britische Philosoph Thomas Hobbes hätte dem sicher zugestimmt. Vor rund 300 Jahren hatte Hobbes im ›Leviathan‹ mit seinem Konzept von »Gewalt und Betrug« genau diese Vorstellung vorweggenommen: dass nämlich Gewalt und Durchtriebenheit die primären, ja die einzigen Triebfedern des Handelns sind. 67 Und dass das einzige Analgetikum gegen »ständige Furcht und die drohende Gefahr eines gewaltsamen

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