Psychopathen
Sie Ihre Eier«, fährt Griffiths fort, »Rührei, Spiegelei, gekocht oder pochiert?«
Mit der Detailtreue eines Oberkellners notiert er sich alles, worum Cracknell bittet. Selbst den frisch gepressten Orangensaft. Dann geht er.
Als er zehn Minuten später mit dem diensthabenden Psychiater zurückkehrt, trägt er wieder seine Dienstuniform. »Na, was ist denn diesmal das Problem?«, murmelt der Psychiater.
Cracknell wirkt nervös.
»Sie sollten nicht mit mir reden«, stammelt er. »Sondern mit ihm! Sie werden es nicht glauben, aber kurz bevor Sie gekommen sind, hat er in einem Clownskostüm gesteckt und mich gefragt, was ich zum Frühstück haben möchte!«
Der Psychiater wirft Griffiths einen argwöhnischen Blick zu. Griffiths zuckt nur die Schultern.
»Sieht aus, als seien wir im Geschäft«, sagt er. Dai Griffiths gehört wahrlich nicht zu den Menschen, mit denen man es sich gern verderben würde. Das können Sie mir glauben. Viele Menschen haben das getan – und die meisten von ihnen hatten anschließend ein paar Zähne weniger. Griffiths wird nicht umsonst »Der Zahnarzt« genannt.
Doch Griffiths hat, wie wir sahen, mehr als nur ein Mittel zurHand. Er hätte Cracknell leicht eine Lektion erteilen können – Betrunkene haben, wie jedermann weiß, »Unfälle«. Stoßen gegen Dinge. Ziehen sich hier und da einen blauen Flecken zu –, aber das tat er nicht. Er wählte vielmehr einen völlig anderen Weg. Er vermied die Falle, vor der Leslie so wortgewandt gewarnt hatte – die Versuchung, dabei gesehen zu werden, dass er bekam, was er wollte: Cracknell hinter verschlossenen Türen zu demonstrieren, wer der Boss war. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, eine Lösung zu finden, die das Problem ein für alle Mal aus der Welt schaffen würde. Nicht nur für ihn, sondern auch für seine Kollegen. Er rollte den roten Teppich aus und packte das Problem an der Wurzel. Die Psychiater konnten nun am Wochenende die Füße hochlegen.
Die Beobachtung, dass Charme, Fokussiertheit und Skrupellosigkeit – drei der offensichtlichsten Merkmale des Psychopathen –, das Rezept für eine erfolgreiche Problemlösung sein können, ist wohl keine große Überraschung. Dass dieses Triumvirat – wenn das Schicksal es gut mit einem meint – aber auch zu gewaltigem, lebenslangem Erfolg verhelfen kann, ist vielleicht eine andere Sache.
Nehmen Sie Steve Jobs. 135
Jobs verdankte seinen kulthaften Status, wie der Journalist John Arlidge kurz nach seinem Tod sagte, »nicht nur der Tatsache, dass er zielstrebig, getrieben, fokussiert (einem ehemaligen Kollegen zufolge strahlte er die ›Intensität eines Hochofens‹ aus), perfektionistisch, kompromisslos und sehr dominant war. Alle erfolgreichen Wirtschaftsführer sind das, auch wenn ihre äußerst gut bezahlten PR-Schätzchen uns gern weismachen wollen, dass sie lockere Typen sind, genau wie der Rest von uns.«
Nein. Jobs war mehr als das. Neben all diesen Eigenschaften hatte er, so Arlidge, Charisma. Und Weitblick. Er drapierte, wie der Journalist und Autor Walt Mossberg enthüllte, selbst bei Privatvorführungen ein Tuch über ein Produkt – eine tadellose neue Kreation auf einem glänzenden Konferenztisch –, das er dann mit einer theatralischen Geste wegzog.
Apple ist nicht der größte Technik-Innovator der Welt. Nicht annähernd. Der Konzern versteht sich vielmehr gut darauf, die Ideen anderer Leute aufzubereiten. Er hat nicht als Erster einen PC herausgebracht (IBM). Und auch kein Smartphone (Nokia). Tatsächlich lief es, wenn man sich dann doch mal an Innovationen wagte, oft schief. Erinnert sich noch jemand von Ihnen an den Newton oder den Power Mac G4 Cube?
Doch Jobs hatte Stil. War gewandt und hatte einen zeitlosen, technologischen Charme. Er rollte den Verbrauchern den roten Teppich aus. Von Wohnzimmern, Büros, Design-Studios, Film-Sets – Was immer Sie wollen! – bis hin zu den Türen der Apple-Läden überall auf der Welt.
Mentale Härte
Apples Rückschläge auf dem Weg zur Weltherrschaft (tatsächlich schien es in der Anfangszeit so, als sei alles für die Katz gewesen) erinnern an die Fallen und Stolpersteine, die uns alle im Leben erwarten. Bei niemandem läuft alles glatt. Jeder streckt jemanden zu Boden, wie es im Leonard-Cohen-Song heißt. Und es könnte sehr gut sein, dass es eines schönen Tages Sie selbst trifft.
Psychopathen haben keinerlei Problem damit, andere mit dem Boden Bekanntschaft machen zu lassen. Sie können allerdings auch ziemlich
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