Psychose: Thriller (German Edition)
nötig.
In seinem geschwächten Zustand hatte das Wesen überhaupt keine Chance gehabt, den Sims überhaupt zu erreichen, es hatte einfach nur einen letzten Versuch gewagt, Ethan mit sich in den Abgrund zu reißen.
Der Sturz schien es nicht zu überraschen, da es kein Geräusch von sich gab und auch nicht wild mit den Gliedmaßen um sich schlug.
Es starrte nur nach oben zu Ethan, während es auf den Boden der Schlucht zustürzte und sich nicht bewegte.
Offenbar hatte es sich in sein Schicksal ergeben, womöglich sogar seinen Frieden damit gemacht.
KAPITEL 14
Gestern hatte sie ihr Zimmer nicht verlassen.
Sie war nicht mal aus dem Bett aufgestanden.
Sie hatte sich auf seinen Tod vorbereitet.
Weil sie gewusst hatte, dass es so kommen musste.
Als die Sonne über einer Welt aufging, in der es keinen Ethan mehr gab, hatte sie das dennoch beinahe umgebracht. Irgendwie war am Tag alles real geworden. Die Leute, die einen Morgenspaziergang machten. Sogar die zwitschernden Elstern am Vogelhäuschen. Dass alles einfach weiterging, brach ihr schon zertrümmertes Herz. Die Räder der Welt drehten sich, während sie mit seiner Abwesenheit leben musste wie mit einem Tumor in der Brust und die Trauer so übermächtig war, dass sie kaum atmen konnte.
Heute war sie nach draußen gegangen und jetzt saß sie reglos auf dem weichen Rasen in ihrem Garten im Sonnenlicht. Sie hatte die sie umgebenden Berghänge stundenlang angestarrt, zugesehen, wie die Sonne darüber aufgegangen war, und versucht, nicht nachzudenken.
Das Geräusch sich nähernder Schritte holte sie in die Realität zurück.
Sie drehte sich um.
Pilcher kam auf sie zu.
Seit sie in Wayward Pines lebte, hatte sie den Mann häufiger in der Stadt gesehen, aber sie hatten nie miteinander gesprochen – davor war sie von Anfang an gewarnt worden. Seit dieser verregneten Nacht vor fünf Jahren in Seattle, als er vor ihrer Tür gestanden und ihr diesen seltsamen Vorschlag gemacht hatte, war zwischen ihnen kein Wort gefallen.
Pilcher setzte sich neben sie ins Gras.
Er nahm die Brille ab und legte sie auf sein Bein. »Mir wurde berichtet, dass Sie Ihren Erntetag in der Kooperative versäumt haben.«
»Ich habe das Haus seit zwei Tagen nicht verlassen.«
»Und was bezwecken Sie damit?«, wollte er wissen.
»Ich weiß es nicht. Aber ich kann es nicht ertragen, wie mich die Leute ansehen. Wir dürfen natürlich nicht über ihn reden, aber ich sehe das Mitleid in ihren Augen. Noch schlimmer ist es, wenn sie mich ignorieren. Wenn sie so tun, als ob nichts geschehen wäre. Als hätte er nie existiert. Ich habe noch nicht einmal meinem Sohn erzählt, dass sein Vater tot ist. Ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll.«
Der Abend würde bald anbrechen.
Am Himmel war keine Wolke zu sehen.
Die Espenschösslinge, die ihren Garten von dem ihrer Nachbarn trennten, hatten über Nacht goldene Blätter bekommen und die münzförmigen Blätter wackelten im Wind. Sie hörte das Windspiel auf der hinteren Veranda klimpern. In Augenblicken wie diesem, in denen der sichtbare Perfektionismus von einer Realität unterstrichen wurde, die sie nie begreifen würde, befürchtete sie, den Verstand zu verlieren.
»Sie haben sich hier gut integriert«, sagte Pilcher. »Die Schwierigkeiten mit Ethan waren das Letzte, an das ich gedacht hätte. Ich hoffe, dass Sie mir das glauben.«
Sie sah Pilcher an und starrte direkt in seine schwarzen Augen.
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll«, erwiderte sie.
»Ist Ihr Sohn im Haus?«
»Ja, warum?«
»Ich möchte, dass Sie reingehen und ihn holen. Mein Wagen parkt vor dem Haus.«
»Wohin bringen Sie uns?«
Er schüttelte den Kopf.
»Werden Sie Benjamin wehtun?«
Pilcher stand auf.
Er blickte auf sie herab.
»Wenn ich Ihnen schaden wollte, Theresa, dann würde ich Sie und Ihren Sohn mitten in der Nacht holen und niemand würde je wieder etwas von Ihnen hören. Aber das wissen Sie bereits. Und jetzt holen Sie ihn. Wir treffen uns in zwei Minuten vor dem Haus.«
KAPITEL 15
Ethan starrte in den Luftschacht.
Er war nicht gerade breit und er würde den Pullover ausziehen müssen, um hindurchzupassen.
Also zerrte er an den Ärmeln, zog ihn aus und warf ihn weg, während sich Gänsehaut auf seinen nackten Armen ausbreitete. Da er vermutete, sich vor allem mit den Füßen abstützen zu müssen, zog er auch gleich noch die Socken aus, um nicht auszurutschen.
Er steckte den Kopf in die Öffnung.
Zuerst bekam er seine Schultern nicht hinein,
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