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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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müssen. In dieser Zeit ist der Pubertierende schutzlos – wie der Hummer ohne Panzer. Jetzt braucht er Begleitung und Unterstützung, keine Besserwisser oder unsensiblen Scharfmacher.
    Typisch für die Umbruchphasen, die der Neustrukturierung des Ichs vorausgehen, sind ein überzogener Egozentrismus und erhöhter Narzissmus. Heranwachsende beziehen alles auf sich, sehen nur sich, lassen anderes und andere nicht gelten:
Eine geringe Kompromissfähigkeit geht mit einem fundamentalistischen Dogmatismus und Schwarzweißdenken einher.
Größenphantasien treten genauso auf wie Verhaltensregressionen, d.   h. die Rückkehr in frühkindliche Formen von Bedürfnisbefriedigungen (z.   B. Kuscheln, emotionale Nähe).
Eine verstärkte Wendung nach innen, Selbstzweifel, Misstrauen, Minderwertigkeitsgefühle, Zukunftsängste, Weltschmerz, Rückzug von Eltern und Freunden.
     
    Durch dieses Tal der Tränen muss der Heranwachsende hindurch. Beim Aufbau einer eigenen Identität ist der Weg das Ziel. Alles ist im Fluss. Ein neues Selbstkonzept gibt es nicht umsonst. Wie ein Märchenheld am Ende seiner Reise wird auch der Pubertierende gestärkt heimkommen: Krisen auszuhalten gibt Kraft für Gegenwart und Zukunft. So gewinnt man Zutrauen zu sich, Freude am Leben.
    Zweifelsohne kann die Identitätsbildung durch einige Faktoren behindert werden:
wenn ein überbehütender oder machtorientierter Erziehungsstil Jugendliche festhält;
wenn bei der Flucht in Cliquen, die zum Familienersatz werden, Autonomiewünsche nicht ausgelebt werden;
wenn Heranwachsende Wünsche der Eltern ausleben müssen und ihnen keine eigene Identität zugestanden wird;
wenn es Heranwachsenden in der Realität an positiven Vorbildern fehlt und sie in die Welt von Medien und Phantasie fliehen, um dort Defizite auszugleichen.
     
    Der überwiegende Teil der Heranwachsenden – laut Angaben von Jugendforschern (z.   B. Fend, Dreher, Olbrich) zwischen 80 und 90   Prozent – bewältigt die Entwicklungsaufgaben. Wichtig ist, dass die Lebenswelt Halt gibt, anregt und Selbstverantwortlichkeit vermittelt. Wichtig ist, dass Heranwachsende von Gleichaltrigen, Eltern, älteren Jugendlichen oder anderen Erwachsenen, z.   B. Lehrern, in der Entwicklung begleitet werden.
    Die Gleichaltrigen dienen dazu, sich auszutauschen, Standpunkte zu entwickeln, Meinungen zu bilden, Rollen und Verantwortung zu übernehmen. Die älteren Jugendlichen und Erwachsenen können aufgrund ihres Erfahrungsvorsprungs beraten.
    Die Meinung der Eltern ist äußerst bedeutsam. Sie werden dann gesucht, wenn sie nach dem Grundsatz handeln: «Hilf mir, aber zeig mir nicht, dass du hilfst!» Diese Grundhaltung zeigt sich
in einer bedingungslosen Annahme des Heranwachsenden,
in Ermutigung und Übertragung von Verantwortung bzw. darin, Heranwachsenden Selbständigkeit zuzutrauen,
in der Stärkung des Selbstbewusstseins,
in einer Gesprächsbereitschaft sowie
darin, Kinder nicht ständig mit anderen zu vergleichen.
    Eltern leben Kindern ein persönliches Modell vor. Sie vermitteln ihnen z.   B. eine Einstellung zur Sexualität, ethische Normen und Werte. Sie können ihre heranwachsenden Kinder bei Planungen unterstützen, wobei ihnen letztlich die eigenständige Entscheidung überlassen werden sollte.
    So wichtig die Begleitung der Eltern ist, die eigenen Beiträge der Jugendlichen stehen im Vordergrund. Drei von den Heranwachsendenzu erbringende Leistungen erscheinen mir besonders wichtig:
Die Auseinandersetzung mit dem Gestaltwandel und dem Wachstum führt zur Ausbildung einer körperlichen Identität: Die Heranwachsenden lernen, sich so anzunehmen, wie sie sind, sie übernehmen Verantwortung für die Körperpflege (z.   B. Hygiene, Schlaf, Ernährung).
Der Heranwachsende baut einen eigenen Bekannten- und Freundeskreis auf und gestaltet die Beziehungen zu den Eltern um. Es gibt erste intime Kontakte. Die Pubertierenden treffen Entscheidungen über die Freizeitgestaltung und über das Ausgeben des Taschen- bzw. selbstverdienten Geldes.
Es gilt selbständige Überlegungen zur eigenen Lebensgestaltung anzustellen, eigene Überzeugungen zu vertreten, Standpunkte zu erwerben und zu verteidigen. Und es ist wichtig, Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen. Zudem beweist der Heranwachsende seine Zugehörigkeit zur Familie und zur sozialen Umwelt, indem er sich aktiv engagiert und sich einbringt.
     
    Heranwachsende, die schon in jüngeren Jahren Mitverantwortung tragen, die eigenständig und

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