Pubertät – Loslassen und Haltgeben
anbietet. In diesem Moment werden gleichaltrige, gleichgeschlechtliche Freunde wichtig – für den Jungen ist es der «beste Freund», der von nun an unverzichtbar wird, für die Mädchen ist es die «beste Freundin», mit der man stundenlang redet, alle Probleme der Welt durchspricht. Manche Mütter reagieren nicht selten eifersüchtig auf die junge Konkurrentin, die da wichtig und zu einer absoluten Vertrauten wird, mit der die Tochter von nun an so manches Geheimnis teilt.
Mancher Junge begibt sich freiwillig aus der einen Abhängigkeit in die andere, aus der zum Vater oder zur Mutter in die des Freundes, der jetzt dominiert, Macht ausübt. Der Junge lässt sich das gefallen – sehr zum Unwillen, sehr zur Sorge der Eltern, dabei nehmen diese nachweisbar noch eine wichtige Position ein, was die Grundüberzeugungen, die Vermittlung zentraler Werte und Normen betrifft.
Dies gilt insbesondere für sexuelle Themen. Natürlich spielen diesen in den Gesprächen der Freunde und Freundinnen eine zentrale Rolle – sei es, wenn es um das Aussehen («Ich find den so süß!» oder «Ich find den Klasse!») oder Beziehungen («Ich glaube, Katja ist in Marc verliebt!») geht. Dann stehen sie einem Gleichaltrigen näher als den Eltern, die vielleicht in ihren Antwortennicht den richtigen Ton treffen, denen das Gespür fehlt, das jetzt notwendig wäre, die einfach zu viele Sorgen äußern oder zu viel Besorgnis an den Tag legen.
Die Pubertät – der brodelnde Vulkan
In die Pubertät kommt jedes Kind – manchmal früher (vor allem die Mädchen), so zwischen dem neunten und elften Lebensjahr, mal ein bis zwei Jahre später (das sind häufiger die Jungen). Die Pubertät kommt mal heftig-vehement, ungestüm aufbrausend, dann eher leise, verhalten, kaum merklich. Was sich in der Zeit zwischen dem sechsten und zehnten Geburtstag andeutet, setzt sich in der Pubertät fort: Der Körper verändert sich und damit zugleich die Einstellung zur Sexualität. Lust zu Gefühlen und zielgerichtete sexuelle Aktivitäten gehen – im wahrsten Sinne des Wortes – Hand in Hand: Man onaniert, um sich genussvoll, öfter auch begleitet von einem schlechten Gewissen, Befriedigung zu verschaffen, man begehrt einen anderen Menschen, berührt ihn, streichelt ihn, schläft mit ihm. Es sind nicht die Erziehungsstile, die körperliche Veränderungen auslösen, es sind Hormone, die diesen wichtigen Entwicklungsabschnitt in Gang setzen.
Aussehen
Beim Mädchen sind es das Östrogen, das Progesteron und eine geringe Menge Testosteron, die zur Bildung der Eierstöcke und damit zum Einsetzen der Menstruation führen. Das Testosteron bewirkt bei Jungen – versehen mit einem kleinen «Schuss» Östrogen – die Produktion von Spermien. Durch die Hormonausschüttung verändern sich sowohl der Körper als auch die Geschlechtsorgane.
Unabhängig von diesen physischen Umstrukturierungen steigt die Sehnsucht, mit seinem Körper anerkannt und bewundertzu sein, wächst das Bedürfnis nach lustvollen sexuellen Erlebnissen. Damit gehen jede Menge Unsicherheiten einher. So ist es für Jugendliche wichtig zu erfahren, dass die Pubertät ganz unterschiedlich einsetzen kann, doch zugleich mit erheblichen körperlichen Veränderungen und sexuellen Schwankungen verbunden ist.
Verschiedene Autoren haben diesen Entwicklungsabschnitt als eine «zweite Geburt» bezeichnet – vor unser aller Augen und Ohren –, eine Geburt, die bei aller Vorfreude auf Neues, auf das Erwachsenenwerden, aber immer mit Unsicherheiten, mit Ängsten, mit melancholischen Stimmungen verbunden ist, den Aufgaben und Herausforderungen, die bevorstehen, nicht zu genügen.
Beim Mädchen wachsen die Brüste, die Schamhaare, die Scheide wird größer, sie sondert Schleim ab. Beim Jungen wachsen Penis und Hoden, die Haut wird dunkler. Um den dreizehnten Geburtstag herum – mal ein Jahr früher, mal später – erlebt der Junge den ersten Samenerguss, Ejakulation genannt. Manche bezeichnen ihn auch als «ersten feuchten Traum». Manchmal kommt er von selbst, mal befriedigen die Buben sich selber. Gefühle spielen Achterbahn. Man weiß nicht, was richtig, was nicht normal ist.
«Neulich Nacht», so erzählt der zwölfjährige Sven, «war es um den Penis herum ganz nass, feucht und schmierig. Das passierte die nächste Nacht nochmal. Muss ich jetzt zum Arzt gehen? Bin ich vielleicht krank? Oder ist das völlig normal?»
Der dreizehnjährige Stefan schmunzelt, als er das hört: «Ich mach’s
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