Pubertät – Loslassen und Haltgeben
dreizehnten Lebensjahr ganz unterschiedlich verändert. In der Thelarche – so der medizinische Fachausdruck – entwickelt sich die Brust. Der Brustdrüsenkörper fängt – ausgelöst durch Hormone – an zu wachsen, er wird allmählich größer als die Brustwarzen. Dadurch wölbt sich der Busen. Gerade in diesem Zeitraum können die Brüste sehr unterschiedlich ausgebildet sein. Das gilt gleichermaßen für die Form und Gestalt der Brustwarzen. Manche sind nach außen gestellt, manche werden schnell hart, sind äußerst empfindlich, andere stellen sich nach innen.
So, wie sich die Brüste von Mädchen zu Mädchen unterscheiden – mal groß, mal klein, mal fest, mal weich –, so tun es auch die Schamlippen. Menschen haben eben unterschiedliche Statur, ihr Körperbau ist von Typ zu Typ verschieden. Das lässt sich auf die Schamlippen übertragen: Sie sind ganz einzigartig ausgebildet. Sie sind mal größer, mal kleiner, sie können weit nach außen stehen oder fast unsichtbar sein, jede ist auf ihre individuelle Art und Weise geformt. Aber das Aussehen der Schamlippen – also ihre Form, ihre Größe, ihr Wuchs – hat keinen Einfluss auf das Lustempfinden – weder bei der Masturbation noch beim Geschlechtsverkehr.
Fragen über Fragen
«Aber», so fragt die 1 5-jährige Tina in einer Diskussion, «weiß das denn auch der Junge, mit dem ich vielleicht schlafen will? Oder kriegt er dann ’nen Schock, weil ich so komische Schamlippen habe?» Sachfragen sind eben Beziehungsfragen: Während man Erstere schnell beantworten kann, sind Zweitere wesentlich komplizierter. Da hilft manchmal der Hinweis, dass Unsicherheit über vermeintliche körperliche Unzulänglichkeiten normal ist, dass der Junge, in den man verknallt ist, möglicherweise wegen seines vermeintlich zu kleinen Penis ähnliche Versagensängste hat wie man selbst wegen der zu kleinen Brüste.
Wenn es um das Normalisieren des Scheidenausflusses geht, dann kann der Hinweis wichtig sein, dass die Feuchtigkeit die Scheide vor Austrocknen schützt, dass es sich um eine ganz notwendige physiologische Reaktion des Körpers handelt. Zugleich sollte man darauf hinweisen, wie notwendig eine regelmäßige Hygiene in der Pubertät ist. Aber für Heranwachsende, die das von klein auf gewohnt sind und vermittelt bekommen haben, stellt dies eine Selbstverständlichkeit dar, eine Hygiene freilich, die nicht als überzogener Waschzwang daherkommt.
Hinzu kommt ein wichtiger Aspekt, der Jungen wie Mädchen gleichermaßen betrifft und der sich wie eine Schnur durch alle Fragen zieht. Es sind die ständigen anatomischen Vergleiche mit den sich darin verbergenden Unsicherheiten, ob man den Anforderungen, die man sich selbst stellt oder die an einen gerichtet werden, letztlich gerecht wird:
«Warum komme ich nicht in die Pubertät?», klagt Tim.
«Warum hänge ich ständig den anderen hinterher?»
«Warum bin ich schon jetzt in der Pubertät, obgleich ich erst zehn bin?», ist Susanne irritiert.
«Ich bleibe ein Leben lang Aschenputtel!», so klingt die frustrierte Aussage von Barbara. «Mich schaut keiner an, weil ich einen so kleinen Busen habe!»
«Ich habe keine Chance bei Mädchen!», beschwert sich Paul. «Mein ganzes Gesicht ist voll von Pickeln. Eklig! Und dann rieche ich auch noch unter den Armen! Da kann ich waschen, wie ich will!»
«Meine Brüste, finde ich, sind ein Horror. Die hängen runter, sind ganz schlaff!», meint die 1 5-jährige Melanie ganz traurig. «Jetzt habe ich einen BH an, aber das sieht auch bescheuert aus, weil nun die Brustwarzen herausstehen und man die ständig sieht!»
Heranwachsende müssen erfahren, dass die Pubertät zu ganz verschiedenen Zeitpunkten einsetzen kann, jeder Junge, jedes Mädchen die Veränderungen völlig unterschiedlich empfindet. Das ist für die entwicklungsverzögerten Pubertierenden, die später in diesen Entwicklungsabschnitt hineinwachsen, nur ein schwacher Trost, sehen sie sich doch nicht selten als augenblickliche Verlierer: Jungen, die sich früher entwickeln, haben zweifelsohne Vorteile. Sie werden wegen ihres attraktiven Äußeren, ihrer Kraft, ihrer Sportlichkeit, ihrer Faszination, die sie auf Mädchen ausüben, bewundert. Das Körpergefühl, das sie besitzen und meistens auch zur Schau stellen, wirkt sich auf ihr Selbstvertrauen und ihre Selbständigkeit aus.
Mädchen, die ihrer Entwicklung voraus sind, werden vom anderen Geschlecht früher begehrt, umworben, verehrt. Und umgekehrt genießen
Weitere Kostenlose Bücher