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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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Freundin übernachten?» – verstecken sich nicht selten Erziehungsfragen: «Was sagt ihr dazu?», «Welche Meinung habt ihr dazu?», «Wenn es euch nicht passt, dann will ich eure Meinung hören!».
    Hinter mancher Maßlosigkeit, mit der Pubertierende manchmal daherkommen, steckt der Wunsch nach Begleitung, nach helfender Unterstützung. So wünschen sie sich hin und wieder ein elterliches «Nein», wenn sie fragen, ob sie beim Freund oder der Freundin übernachten dürfen.
    Aber bedenken Sie: Die Pubertierenden werden nicht freudig aufspringen, wenn Sie Ihre Ablehnung artikulieren. Sie werden beschimpft, Sie seien altmodisch, einfach peinlich, absolut daneben. Und dann sollten Sie auch das bedenken: Überlegen Sie sicheinmal, Ihre Kinder springen nach Ihrer Ablehnung nicht wütend auf, sondern kommen zahm auf Sie zu, lachen Sie an und sagen: «Danke für deine großartige Unterstützung! Es war großartig, wie du das gesagt hast! Jetzt weiß ich, was ich tun soll!» Wenn Ihre Kinder so handeln, dann haben Sie etwas falsch gemacht!
    Scham und Schamgefühle
    «Dieser Rückzug in das eigene Zimmer», so Patricia Wilhelm, Mutter der 1 4-jährigen Jessica, «der macht mir schon Sorgen. Sie schließt sich komplett ein, bedeckt ihren Körper. Ins Badezimmer darf keiner, wenn sie drin ist. Wenn wir nackt in der Wohnung herumlaufen, dann ernten wir missbilligende Blicke von ihr. In unsere Sauna geht sie nur im Badeanzug. Wehe, wir sagen dann etwas, machen uns vielleicht etwa lustig darüber. Dann kriegt sie entweder einen absoluten Wutausbruch, oder sie zieht sich heulend und verzweifelt in ihr Zimmer zurück. Mein Mann ist da auch nicht besonders geschickt. Der macht schon mal ’n paar Witze über ihr Aussehen: ‹Na, mein Pummelchen, meine Pummelliese!› Meint er ja nicht böse, aber es passt zurzeit nicht. Sie lässt sich auch nicht anfassen oder berühren. Wehe, man kommt ihr zu nahe! Und auch ihr Bruder geht nicht nur nett mit ihr um: ‹Du hast doch deine Tage!›, ist seine stereotype Erklärung, wenn er sie ärgern will. Oder er nennt sie ‹Schaze›, das ist aber nicht lieb gemeint, sondern heißt übersetzt: ‹Schaf-Zicke!› Also Jessica hat’s nicht leicht, wir aber mit ihr auch nicht. Ich hoffe nur, diese Phase geht bald vorüber!»
     
    «Aber, wenn die sich nicht zurückziehen», so Ute Roberts, «das ist auch unangenehm!» Sie erzählt von ihrem knapp 1 6-jährigen Olaf. «Der kennt überhaupt keine Schamgrenzen, der trägt alles öffentlich aus. Einfach schrecklich! Es ist ja o.   k., wenn er sichselbst befriedigt, aber der macht dies bei offener Tür oder in der Küche. Er ist dann zwar dort allein, aber es kann doch jederzeit jemand reinkommen. Also, der schämt sich absolut nicht! Ich finde sein Benehmen bedenklich. Und wenn ich mal etwas sage, dann meint er nur, ich solle mich nicht so anstellen! Ich wäre konservativ, ich wäre prüde, er müsse das ausleben. Neulich bin ich auf seinem Samen, den er auf den Fußboden in der Küche gespritzt hatte, ausgerutscht, habe mich fürchterlich gestoßen. Da bin ich voller Schmerz in sein Zimmer gerannt, habe ihn gepackt, ihm eine gescheuert und ihn angeschrien: ‹Du verdammter Wichser! Ist dir denn nichts mehr peinlich?› Da grinst der mich doch an: ‹Mama, lass dich nicht so gehen! Aber ich verzeihe dir!›»
     
    Sexualerziehung ist auch Erziehung zur Scham
    Schamerziehung stellt einen zentralen Aspekt in der Sexualerziehung dar. Sie begleitet Kinder und Jugendliche: Sie sieht im Kleinkindalter anders aus als im Kindergartenalter, sie hat im Schulalter andere Inhalte und Zielsetzungen als in der Pubertät. In den 60er und 70er Jahren gab es intensive Auseinandersetzungen über die Scham: Während die einen das Schamgefühl als angeboren betrachteten, meinten andere, das Schamgefühl sei einzig und allein anerzogen. Man betrachtete das anerzogene Schamgefühl als repressiv, als negativ, weil es soziale Beziehungen bremsen, den Menschen ungesellig machen und angepasst formen würde. Diese kontrastprofilierte Diskussion – entweder angeboren oder anerzogen – gilt mittlerweile als überholt.
    Schamgefühle bilden sich – wenn auch soziokulturell geprägt – im Lauf der Entwicklung eines Heranwachsenden vom Baby zum Kleinkind heraus. Schamgrenzen sind unabhängig vom Zeitgeist, von kulturellen Rahmenbedingungen. Im Schamgefühl spiegeln sich zugleich gesellschaftlich verbindliche Normen und Wertehaltungen. Und auch jede Familie hat ihre ganz

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