Pubertät – Loslassen und Haltgeben
«Ich zeig dir, wer hier das Sagen hat!».
Patricia Schulz, Mutter der 1 4-jährigen Veronika, hat konsequentes Handeln auf anschauliche Weise praktiziert. Ihre Tochter hatte eine klare Order. Sie sollte nach dem Disco-Besuch um 22.00 Uhr zu Hause sein. Auf ihre ständigen 10- bis 2 0-minütigen Verspätungen reagierte die Mutter zunächst nicht. Doch als die zeitlichen Überschreitungen immer größer wurden, wurde sie allmählich wütend. Auf mütterliche Argumente ging Veronika nicht ein, sie hatte ständig eine Unmenge an Entschuldigungen und plausiblen Ausreden zur Hand. Und als sie schließlich nicht mehr weiterwusste, schleuderte sie ihrer Mutter entgegen: «Du vertraust mir eben nicht mehr und hast mich wohl nicht mehr lieb!»
Eines Morgens nahm die Mutter allen Mut zusammen: «Wenn du nächstes Mal wieder zu spät dran bist, dann ist das Mal darauf die Disco gestrichen.»
Veronika war irritiert: «Was?»
«Du hast mich verstanden. Kommst du morgen zu spät, gibt’s beim übernächsten Mal keinen Disco-Besuch.» Veronika versuchte zu widersprechen, war schließlich einverstanden: «Ist o. k.!»
Einige Male erschien Veronika pünktlich, dann verspätete sie sich wieder. Die Mutter sagte ganz ruhig: «Schön, dass du da bist. Aber das nächste Mal bleibst du zu Hause.» Veronika war wie vor den Kopf gestoßen. Sie stieß Beleidigungen aus. Ihre Mutter blieb immer noch ruhig: «Ich denke, du gehst raus und beruhigst dich.» Nach einer Stunde erschien Veronika, entschuldigte sich und sagte: «So kenn ich dich gar nicht! Warst du auf einem Seminar?»
An dieser Geschichte lässt sich das Prinzip der Konsequenz veranschaulichen. Konsequenzen stehen grundsätzlich im Zusammenhang mit dem Tun des Heranwachsenden und müssen ihm
vor
einer Grenzüberschreitung klar sein. Der Heranwachsende hat die Freiheit, die getroffenen Absprachen einzuhalten. Die Konsequenzen treten dann nicht in Kraft. Überschreitet der Heranwachsende jedoch Grenzen, dann weiß er um die Folgen seiner Handlung.
Auch bei den Konsequenzen argumentieren Sie mit einer «Wenn-dann-Formulierung». Ähnlichkeiten zur Strafandrohung sind
sprachlich
unverkennbar. Gleichwohl steht die Wenndann-Verknüpfung bei der Konsequenz in einem anderen Zusammenhang. Die Konsequenz baut darauf auf, dass Kinder an der Beseitigung von Störungen mitarbeiten wollen. Es geht nicht um Schuld und Sühne, sondern um eine Haltung des gegenseitigen Respekts, die nach Lösungen durch Einsicht sucht. Ein positives Bild vom Heranwachsenden steht im Vordergrund.
Es ist optimal, gemeinsam mit Ihrem Heranwachsenden Konsequenzen zu entwickeln:
Beschreiben Sie gemeinsam das Problem, und kreisen Sie die Sachlage ein. Achten Sie darauf, Ich-Botschaften zu verwenden. Beschuldigungen sind ebenso zu vermeiden wie unzulässige Verallgemeinerungen: «Du machst nie …»
Es ist wichtig, dass der Pubertierende die Situation aus seiner Sicht darstellen kann. Aber Verständnis bedeutet nicht Akzeptanz. Lassen Sie sich durch Erklärungen und Beteuerungen nicht ablenken: «Die andern sind schuld» oder «Ich mache nie mehr …». Lassen Sie sich auch durch Beleidigungen oder Nötigungen nicht beeindrucken: «Du hast mich nicht mehr lieb!»
Konsequenzen werden mit Nachdruck aufgezeigt. Dabei müssen Erwachsene sich vergewissern, dass dem Kind dieKonsequenzen klar sind. Ein wichtiges Prinzip ist: Auch Eltern müssen Absprachen einhalten. Es geht darum, nach Konsequenzen zu suchen, die lebbar sind, ohne dass man sich oder die Kinder überfordert.
Die Vielschichtigkeit, mit der man Konsequenzen im pädagogischen Handeln einsetzen kann, macht die nächste Geschichte deutlich. Und sie macht auch klar, dass Eltern, die konsequent sind, Heranwachsende durch ihr Handeln überzeugen, auch wenn die Absprachen nicht bis in alle Einzelheiten umgesetzt sind.
Rita Schult, alleinerziehende Mutter zweier pubertierender Söhne, Lars, 16 Jahre, und Norbert, 14 Jahre, schildert auf einem Elternseminar ihr Problem:
«Die Unordnung im Zimmer meiner Kinder nervt mich nicht besonders», berichtet sie. «Aber wenn die durch die Haustür kommen, bleiben sie stehen, ziehen die Schuhe aus und lassen sie kreuz und quer im Flur stehen. Und die würden dort bis in alle Ewigkeit stehen bleiben, wenn es nicht eine Person gäbe, die sich im Schuheaufräumen verwirklichen würde.» Sie schnauft, deutet auf sich. «Ich!» Und dann erzählt sie die Geschichte ihrer pädagogischen
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