Pubertät – Loslassen und Haltgeben
Zimmer auf, Maik!»
«Dann sehen meine Freunde das doch!» Die Mutter zuckt mit den Schultern. Als Maik das Zimmer verlässt, meint er: «Das war früher mal so einfach hier!»
Heranwachsende wissen um die Reaktionen von Eltern bei störend-auffälligem Verhalten. Viele Mütter und Väter handelnimpulsiv-spontan: Sie schimpfen, schreien, leiden mit, trösten, ziehen sich zurück, reagieren beleidigt … Meist sind solche Gedanken verständliche Reaktionen, jedoch nicht dazu angetan, konstruktive Lösungen herbeizuführen. Manchmal kommt es eben darauf an, das Nichterwartete, das für den Heranwachsenden Überraschende zu tun.
TEIL III
KLASSISCHE KONFLIKTE IM FAMILIENALLTAG
Die kompetente Erfüllung von Entwicklungsaufgaben kann durchaus mit depressiven Verstimmungen, mit Traurigkeit, mit Rückzug, mit Unsicherheit, mit Selbstzweifeln, mit sich widerstreitenden Gefühlen oder Spannungen in den Beziehungen zu den Eltern einhergehen. Dies irritiert und verwirrt Erwachsene. Besorgte Eltern greifen vorschnell in Bewältigungsstrategien der Heranwachsenden ein, obwohl die sich solche Interventionen gar nicht wünschen.
Nicht nur Auffälligkeiten treiben Eltern Sorgenfalten in die Stirn. Auch Verhaltensregressionen, also das Zurücksinken in frühkindliche Formen der Weltwahrnehmung, oder eine aufgesetzte Betriebsamkeit vermitteln Eltern den Eindruck, die Tochter oder der Sohn werde von Problemen erdrückt. Aber der Umgang mit dem Kuscheltier von früher, der Rückgriff auf das Sorgenpüppchen im Bett, das Hervorholen und Blättern in Kinderbüchern von einst, eine fast kleinkindhafte Freude an Zeichentrick- und Tierfilmen sind Begleiterscheinungen der Pubertät. Verhaltensregressionen sind genauso normal wie endlose Telefongespräche mit Gleichaltrigen, die sich am Tag mehrere Male wiederholen können, oder ständige Fest- und Discobesuche oder Ausflüge in die nahe Großstadt.
Auch wenn die Mehrzahl der Heranwachsenden ihre Entwicklungsaufgaben bewältigt, darf man risikobeladene Pubertätsverläufe nicht übersehen. Es gibt Krisen, in die problembelastete Heranwachsende geraten können, die nicht zu verharmlosen sind. Solche Jugendlichen befinden sich nicht selten in einer äußerst schwierigen Situation, da es ihnen an Fähigkeiten fehlt,Probleme aktiv anzugehen und diese zu bewältigen. Eine schwierige Beziehung zu den Eltern, fehlende Freunde oder Minderwertigkeitsgefühle lassen ein Urvertrauen nicht zu. Es kann dann zu einer Anhäufung von Problemen kommen, die die Erfüllung von Entwicklungsaufgaben nachhaltig behindert. Risikoreiches Verhalten im Straßenverkehr, Konsum von legalen bzw. illegalen Drogen, gefühlsmäßige oder soziale Verwahrlosungstendenzen, Delinquenz oder Selbstmordgefährdung können – müssen jedoch nicht! – auf Unsicherheit, Misserfolgserlebnisse, auf zahlreiche sich anhäufende Negativerfahrungen in Alltag und Familie hinweisen. Man kann verschiedene Faktoren anführen, die sich negativ auf die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben auswirken können:
ein überbehütender Erziehungsstil, der Kinder festhält,
Erziehungsbeziehungen, die Konflikte ausschließen und auf das Prinzip «Harmonie um der Harmonie willen» setzen,
Eltern, die die Veränderung ihrer Kinder nicht wahrnehmen oder wahrhaben wollen und die ihnen keine Eigenständigkeit zumuten,
überforderte Eltern, die übersehen, wie wichtig von gegenseitiger Achtung geprägte Erziehungsbeziehungen sind. Überforderte Erwachsene muten ihren Kindern häufig eine emotionale Leere zu, in der Streit in persönlicher Herabwürdigung endet,
Eltern, die mit Befehl und Strafe Unterwürfigkeit und Gehorsam erzwingen können, die Erziehung als Zurichtung des Heranwachsenden missverstehen,
problematische Lebensereignisse wie Trennung, Scheidung, Umzug, Krankheit oder Tod wichtiger Bezugspersonen können zu einer Belastung werden.
In der Pubertät kann man problematische Einflüsse nicht völlig ausschließen. So bleibt Unsicherheit, die viele Eltern ängstlich werden lässt. Sie verfallen dann schnell in eine Pädagogik der Bewahrung.Gleichwohl lässt sich das Risiko eingrenzen, wenn man für schützende Rahmenbedingungen sorgt:
Hierzu zählen haltgebende Lebenswelten durch die Eltern – was freilich nicht mit Überbehütung zu verwechseln ist.
Dem Heranwachsenden Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit für das eigene Tun und Handeln zu übertragen. Dies führt zur Selbständigkeit und Selbstvertrauen. Zudem ermutigen
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