Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puls

Puls

Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
jetzt ging. Bei keinem Anruf war er über die Vorwahl 207 für Maine hinausgekommen.
    Als die Lichter im Metropolitan ausgingen, kreischte Alice in der Dunkelheit, eine Dunkelheit, die Clay anfangs total erschien. Dann flammte blendend hell die Notbeleuchtung auf. Das konnte Alice allerdings nicht wesentlich beruhigen. Sie klammerte sich mit einer Hand an McCourt. In der anderen schwang sie das Brotmesser, mit dem sie die Sandwichs geschnitten hatte. Sie hatte die Augen weit aufgerissen, wirkte aber irgendwie ausdruckslos . unter Schock stehend.
    »Alice, leg das Messer weg«, sagte Clay etwas schärfer, als er vielleicht beabsichtigt hatte. »Bevor du einen von uns damit verletzt.«
    »Oder dich selbst«, sagte McCourt in seinem milden, beruhigenden Ton.
    Sie legte es weg, griff aber sofort wieder danach. »Ich will es haben«, sagte sie. »Ich will es mitnehmen. Sie haben eines, Clay. Ich will auch eins.«
    »Also gut«, sagte er, »aber du hast keinen Gürtel. Wir machen dir einen aus einer Tischdecke. Sei bis dahin vorsichtig damit.«
    Die Sandwichs waren zur einen Hälfte mit Roastbeef und Käse, zur anderen mit Schinken und Käse belegt. Alice hatte sie in Frischhaltefolie verpackt. Unter der Registrierkasse entdeckte Clay einen Stapel Tragetüten aus Kunststoff, die auf einer Seite mit FÜR HUNDE, auf der anderen mit FÜR MENSCHEN bedruckt waren. McCourt und er ließen die Sandwichs in zwei dieser Tragetüten purzeln.
    Die Tische waren für ein Abendessen gedeckt, das nie mehr serviert werden würde. Zwei, drei Tische waren umgestürzt worden, aber die meisten standen unberührt da, während die Gläser und das Besteck im harschen Licht der Notbeleuchtung an den Wänden glänzten. Irgendetwas an ihrer stummen Ordentlichkeit ließ Clays Herz schmerzen. Das Blütenweiß der gefalteten Servietten, die kleinen Lampen auf allen Tischen ... Sie waren jetzt dunkel, und er hatte das Gefühl, dass es sehr lange dauern würde, bis die Glühbirnen in ihrem Inneren wieder einmal brannten.
    Als er beobachtete, wie McCourt und Alice sich mit einem Gesicht umsahen, das so unglücklich wirkte, wie seines bestimmt aussah, überkam ihn der Drang - in seiner Dringlichkeit fast zwanghaft -, sie aufzuheitern. Ihm fiel ein Trick ein, den er seinem Sohn manchmal vorgeführt hatte. Er musste wieder an Johnnys Handy denken, und die Panikratte biss ein weiteres kleines Stück aus ihm heraus. Er hoffte von ganzem Herzen, dass das verdammte Ding vergessen zwischen den Wollmäusen unter Johnny-Gees Bett lag und der Akku leer-leer-leer war.
    »Seht genau zu«, sagte er und stellte seinen Sandwichbeutel ab, »und beachtet bitte, dass meine Hände dauernd an den Handgelenken bleiben.« Er griff nach dem herabhängenden Teil einer Tischdecke.
    »Jetzt dürfte kaum der richtige Zeitpunkt für Salonkunststücke sein«, sagte McCourt.
    »Ich möchte sehen, wie er das macht«, sagte Alice. Zum ersten Mal seit sie zu ihnen gestoßen war, zeigte sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Es war schwach, aber deutlich erkennbar.
    »Wir brauchen die Tischdecke«, sagte Clay. »Das dauert keine Sekunde, und außerdem möchte die Lady den Trick ja sehen.« Er wandte sich an Alice. »Aber du musst ein Zauberwort sprechen. Shazam genügt für diesmal.«
    »Shazam!«, sagte sie, und Clay zog ruckartig mit beiden Händen an der Tischdecke.
    Er hatte den Trick seit zwei, vielleicht sogar drei Jahren nicht mehr vorgeführt, und beinahe klappte er auch nicht. Trotzdem machte sein Fehler - zweifellos hatte er beim Ziehen irgendwie leicht gezögert - das Ganze nur noch reizvoller. Statt an Ort und Stelle zu bleiben, während die Tischdecke auf magische Weise unter ihnen verschwand, wanderten alle Gedecke auf dem Tisch ungefähr zehn Zentimeter weiter nach rechts. Das Glas unmittelbar vor Clay kam sogar erst so zum Stehen, dass der runde Fuß halb über die Tischkante hinausragte.
    Alice, die jetzt richtig lachte, klatschte Beifall. Clay verbeugte sich mit ausgestreckten Händen.
    »Können wir jetzt gehen, o großer Vermicelli?«, fragte McCourt, aber selbst er lächelte. Im Licht der Notbeleuchtung konnte Clay die kleinen Zähne des Mannes sehen.
    »Sobald ich sie ausstaffiert habe«, sagte Clay. »Sie kann das Messer auf der einen Seite und einen Beutel Sandwichs auf der anderen tragen.« Er legte die Tischdecke dreieckig zusammen und rollte sie schnell zu einem Gürtel auf. Nachdem er ihn durch die Henkel einer der Tragetüten mit Sandwichs gezogen hatte, legte er

Weitere Kostenlose Bücher