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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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den Tischdeckengürtel um die schlanke Taille des Mädchens und verknotete ihn hinten, damit er nicht verrutschen konnte. Zuletzt steckte er noch das Brotmesser mit Wellenschliff links in den improvisierten Gürtel.
    »Sie sind ein echter Praktiker«, sagte McCourt.
    »Immer gewesen«, sagte Clay, und dann explodierte draußen etwas so nahe, dass es das Cafe erzittern ließ. Das Glas, dessen Fuß halb über die Tischkante hinausgeragt hatte, fiel zu Boden und zersplitterte. Die drei starrten es an. Clay überlegte, ob er behaupten solle, er glaube nicht an schlechte Vorzeichen, aber das hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Außerdem glaubte er daran.

17
    Clay wollte aus mehreren Gründen in das Atlantic Avenue Inn zurückgehen, bevor sie aufbrachen. Zum einen wollte er seine Mappe holen, die er in der Eingangshalle hatte stehen lassen. Zum anderen wollte er sehen, ob er irgendwo eine provisorische Scheide für Alice' Messer finden konnte - vermutlich würde sogar ein Waschbeutel reichen, wenn er nur lang genug war. Und drittens wollte er Mr. Ricardi nochmals die Gelegenheit geben, sich ihnen anzuschließen. Zu seiner Überraschung war ihm das sogar wichtiger als die vergessene Mappe mit seinen Zeichnungen. Er hatte ein seltsames, widerwilliges Gefallen an dem Mann gefunden.
    Als er McCourt das eingestand, überraschte dieser ihn, indem er nickte. »Das Gleiche empfinde ich für Anchovis auf Pizza«, sagte er. »Ich sage mir immer, dass eine Kombination aus Käse, Tomatensoße und totem Fisch irgendwie widerwärtig ist ... aber manchmal überkommt mich dieser beschämende Drang, und ich kann mich nicht beherrschen.«
    Ein Blizzard aus Ruß und schwarzer Asche wirbelte die Straße herauf und kreiselte zwischen den Gebäuden. Autoalarmanlagen trillerten, Einbruchmelder plärrten, Feuermelder schrillten. Die Luft war nicht besonders erwärmt, aber Clay konnte südlich und östlich von ihnen Feuer knistern hören. Auch der Brandgeruch war jetzt stärker. Sie hörten lautes Geschrei, das aber aus Südwesten kam, wo die Boylston Street in Richtung Stadtpark breiter wurde.
    Als sie nebenan zum Atlantic Avenue Inn kamen, half McCourt dort Clay, einen der Queen-Anne-Stühle von einer der zersplitterten Türfüllungen wegzuschieben. Die Eingangshalle dahinter lag jetzt in einem dunklen Schatten, in dem Mr. Ricardis Theke und das Sofa nur noch dunklere Kleckse bildeten; wäre Clay nicht schon dort drinnen gewesen, hätte er nicht gewusst, was diese Kleckse darstellten. Über den Aufzugtüren flackerte eine einzelne Notleuchte, deren Akku in dem Kasten darunter wie eine Pferdebremse summte.
    »Mr. Ricardi?«, rief McCourt. »Mr. Ricardi, wir sind zurückgekommen, um zu hören, ob Sie sich die Sache anders überlegt haben.«
    Er bekam keine Antwort. Nach kurzem Warten machte Alice sich daran, vorsichtig die noch aus dem Holzrahmen ragenden Glaszähne herauszuschlagen.
    »Mr. Ricardi!«, rief Tom noch einmal, und als weiterhin keine Antwort kam, wandte er sich an Clay. »Sie wollen dort rein, stimmt's?«
    »Ja. Um meine Mappe zu holen. Da sind meine Zeichnungen drin.«
    »Sie haben keine Kopien?«
    »Das sind die Originale«, sagte Clay, als wäre damit alles erklärt. Für ihn jedenfalls. Und außerdem dachte er an Mr. Ricardi. Ich horche nach draußen, hatte er gesagt.
    »Was ist, wenn der Polterer aus dem ersten Stock ihn erwischt hat?«, sagte McCourt.
    »Wäre das passiert, würden wir ihn vermutlich hier unten herumpoltern hören«, sagte Clay. »Oder er wäre beim Klang unserer Stimmen brabbelnd angerannt gekommen wie der Kerl, der uns auf dem Gehsteig vor dem Park abstechen wollte.«
    »Das können Sie nicht bestimmt wissen«, sagte Alice. Sie nagte an der Unterlippe. »Es ist noch viel zu früh, um zu glauben, dass Sie alle Regeln schon kennen.«
    Natürlich hatte sie Recht, aber sie konnten nicht hier draußen herumstehen und darüber diskutieren; auch das hatte keinen Zweck.
    »Ich nehme mich in Acht«, sagte er und schwang ein Bein über den unteren Fensterrahmen. Die Öffnung war schmal, aber doch so breit, dass er mühelos hindurchklettern konnte. »Ich stecke nur den Kopf in sein Büro. Wenn er nicht da ist, werde ich mich nicht so wie die Heldin in einem Horrorfilm auf die Suche nach ihm machen. Ich schnappe mir nur meine Mappe, und wir machen die Fliege.«
    »Reden Sie laut mit uns«, sagte Alice. »Einfach ›Okay, alles okay bei mir‹, irgendwas in der Art. Die ganze Zeit.«
    »Meinetwegen, aber falls ich

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