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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die meine Freunde die Robo-Achtziger-Stationen nennen. Sie haben freundliche Namen wie BOB oder FRANK, aber hinter allen steckt irgendein riesiger Radiocomputer in Colorado, und die Sendungen werden über Satellit ausgestrahlt. Jedenfalls sagen das meine Freunde. Und ...« Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Stelle, auf der sie herumgebissen hatte. Diese Stelle glänzte von Blut dicht unter der Oberfläche. »Und so werden auch Handygespräche übertragen, stimmt's? Über Satellit.«
    »Keine Ahnung«, sagte McCourt. »Vielleicht die Ferngespräche ... und bestimmt alle Gespräche nach Übersee ... und ich vermute, dass ein entsprechendes Genie an den Mobilfunkmasten, die man überall sieht - die die Funksignale empfangen und weiterleiten -, ein falsches Satellitensignal einspeisen könnte .«
    Clay kannte die Masten, von denen McCourt sprach: Stahlskelette, die über und über mit Antennenschüsseln besetzt waren, die wie graue Saugnäpfe aussahen. In den vergangenen zehn Jahren waren sie überall aus dem Boden geschossen.
    »Könnten wir einen Lokalsender empfangen, bekämen wir vielleicht Informationen«, sagte McCourt. »Irgendeine Vorstellung davon, was wir tun, wohin wir gehen sollen .«
    »Ja, aber was ist, wenn's auch im Radio ist?«, sagte Alice. »Das meine ich nämlich. Was ist, wenn man reinkriegt, was immer meine ...« Sie fuhr sich wieder mit der Zungenspitze über die Lippen. ». meine Mutter gehört hat? Und mein Dad? Auch der, o ja, er hatte ein brandneues Handy mit allen Schikanen - Video, Sprachwahl, Internet -, er war richtig vernarrt in dieses Spielzeug!« Ihr Lachen klang hysterisch und jämmerlich zugleich, eine schwindelerregende Kombination. »Was ist, wenn man reinkriegt, was immer sie gehört haben? Meine Eltern und die dort draußen? Wollt ihr das riskieren?«
    McCourt schwieg zunächst. Dann sagte er vorsichtig, als wollte er seine Idee erst testen: »Einer von uns könnte es allein riskieren. Die beiden anderen müssten das Haus verlassen und abwarten, ob .«
    »Nein«, sagte Clay.
    »Bitte nicht«, sagte Alice. Sie war wieder den Tränen nahe. »Ich will euch beide. Ich brauche euch beide.«
    Sie standen um den Radiorekorder herum und starrten ihn an. Clay musste unwillkürlich an bestimmte SF-Romane denken, die er als Teenager gelesen hatte (manchmal am Strand, während er im Radio Nirvana statt Van Halen gehört hatte). In nicht wenigen ging die Zivilisation unter. Und dann bauten die Helden sie wieder auf. Nicht ohne Kämpfe und Rückschläge, gewiss, aber sie nutzten die verbliebenen Werkzeuge und die verbliebene Technik und bauten sie wieder auf. Er konnte sich an keinen erinnern, in dem die Helden nur in einem Schlafzimmer herumstanden und einen Radiorekorder anstarrten. Früher oder später greift jemand nach einem Werkzeug oder schaltet ein Radio ein, dachte er, weil jemand das tun muss.
    Ja. Aber nicht an diesem Morgen.
    Er kam sich wie ein Verräter an einer größeren Sache vor, die er nicht verstand, als er McCourts Gettoblaster aufhob, ihn in den Schrank zurückstellte und die Tür schloss.

16
    Ungefähr eine Stunde später kollabierte der geordnete Zug nach Osten. Clay hatte gerade Wache. Alice war in der Küche, aß eines der aus Boston mitgebrachten Sandwichs - sie sagte, sie müssten die Sandwichs aufessen, bevor sie sich über die Konserven in Toms schrankgroßer Speisekammer hermachten, weil niemand wisse, wann es wieder Frischfleisch geben werde -, und Tom schlief im Wohnzimmer auf dem Sofa. Clay konnte ihn seelenruhig schnarchen hören.
    Erst fielen ihm ein paar Leute auf, die entgegen der allgemeinen Zugrichtung unterwegs waren; dann fühlte er ein gewisses Nachlassen der Ordnung draußen auf der Salem Street - eine so subtile Veränderung, dass sein Gehirn das, was sein Auge sah, nur als Intuition registrierte. Zunächst tat er sie als Irrtum ab, an dem ein paar Wanderer - noch verrückter als der Rest - schuld waren, die statt nach Osten nach Westen zogen, aber dann sah er sich ihre Schatten an. Die ordentlichen Frischgrätenmuster, die er ursprünglich beobachtet hatte, wirkten verzerrt. Und wenig später war da überhaupt kein Muster mehr zu erkennen.
    Immer mehr Leute waren jetzt nach Westen unterwegs, und viele von ihnen nagten an Lebensmitteln, die sie aus einem Supermarkt, vermutlich dem von McCourt erwähnten Safway, befreit hatten. Mr. Scottonis Schwiegertochter Judy trug einen großen Pappeimer mit schmelzender Schokoladeneiscreme, die ihren

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