Puna - Toedliche Spurensuche
vielen Stunden nun? Über eine Stunde nach dem vorgesehenen Abfahrtstermin, Anja überlegte sich schon, bei anderen Busunternehmen nachzufragen. Dann kam plötzlich Hektik auf. Der Bus war in zweiter Reihe vorgefahren. Das Gepäck wurde eingeladen. Alle Mitreisenden rannten los. 19:28 Uhr saß sie endlich im Bus. Fensterplatz auf der rechten Seite. Der Bus begann zu rangieren und Anja hatte endlich das Gefühl, aus Cochabamba wegzukommen. Aber kurz nach dem Start hielt der Bus bereits wieder. Drei Passagiere wurden aufgefordert, zu dem Fahrer in die Kabine zu kommen. Kurz danach ging die Vordertür auf. Eine junge Frau, gekleidet wie eine Stewardess, stieg ein. Die schwarzen Haare zu einem Dutt gesteckt. In der Hand ein Klemmbrett. Sie stellte sich als ‚Inéz‘ vor und bat um Entschuldigung wegen der kurzen Verzögerung, aber sie müsste die Passagierlisten kontrollieren. Sie rief die Namen auf ihrer Liste einzeln auf. Nach kurzer Rückmeldung hakte sie den entsprechenden Namen ab. Schließlich rief sie ‚Geilmann‘. Keine Rückmeldung. Anja blickte sich suchend um. Schließlich fragte die junge Frau erneut »Ist Señor Geilmann hier ?«
»Por favor« ertönte in diesem Augenblick eine Stimme von draußen und wenig später stieg Nathan die Treppe an der Fahrertür hoch. »Ich bin Nathan Gailman«. Inez zeigte ihm seinen Sitzplatz. Sie stellte fest, dass drei Plätze frei sein müssten. Offensichtlich passte das. Sie entschuldigte sich noch einmal, wünschte eine gute Fahrt und verließ den Bus. Daraufhin stieg ein junger Kaugummiverkäufer ein. Schmutzig. Olivgrüner Anorak, olivgrüne Cargohosen, schwarze, lehmverkrustete Stiefel. Er kündigte an, sich kurzfassen zu wollen und nur drei Minuten zu reden. Nach einer Viertelstunde des Redens ging er mit einer geöffneten Pappschachtel voll in Papier eingewickelter Kaugummikugeln durch den Bus und bot sie zum Verkauf. Erfolglos verließ er den Bus. Die Vordertür wurde geschlossen. Die Fahrerkabine ging auf und die drei fehlenden Passagiere stiegen aus und nahmen wieder ihre Plätze ein. Die Fahrt ging nun endlich los. Mittlerweile war es 20 Uhr geworden. Sie waren noch keine drei Minuten unterwegs und der Bus hielt schon wieder. Der Beifahrer sprang heraus und sammelte zusätzliche Fahrgäste ein. Nachdem der Gang aufgefüllt war, ging die Fahrt weiter. Die Lichter im Bus wurden gelöscht. Nur das eintönige Geräusch des Motors war zu hören, hin und wieder ein Quietschen, wenn der Bus schaukelnd durch ein Schlagloch fuhr. Anja hörte den Geräuschen eine Zeitlang zu und versuchte gleichzeitig, zwischen den zugezogenen Vorhängen nach draußen zu spähen. Da Letzteres wenig erfolgreich war, ließ sie sich in den Sitz zurückfallen und lauschte.
Es war 22:40 Uhr, als Anja wach wurde. Der Bus fuhr nicht mehr. Sie hörte, wie draußen gehämmert wurde. Die Türen waren verschlossen. Die meisten Fahrgäste schliefen. Hatte der Bus einen Platten ? Anja wusste es nicht. Die Reparatur dauerte lange. Es war schon fast 23:00 Uhr, als die Fahrt endlich weiter ging. Das gleichmäßige Geräusch des Motors verfehlte seine einschläfernde Wirkung nicht.
15. Kapitel
Kurz nach Mitternacht hielt der Bus erneut. Anja wurde von dem Ruck wach. Wieder hämmerte es draußen. Sie fragte sich, ob es wirklich so gut gewesen sei, auf den Taxifahrer zu hören. Aber jetzt war es zu spät. Sie konnte nur dasitzen und warten.
Die Fahrt ging weiter. Wieder ertönt das eintönige Brummen des Busmotors. Anja konnte sich nicht auf Dauer seiner einschläfernden Wirkung zu widersetzen. Bisher hat sie es nicht geschafft, eine Busfahrt ohne Hindernisse zu erleben. Sie träumte von wilden Verfolgungsjagden. Sie war in einem Bus, auf der Flucht vor ihren Verfolgern. Es war ihr gelungen, sie abzuschütteln. Aber sie wusste, dass das nicht von Dauer sein würde. Ihr Bus musste laufend anhalten, damit der Fahrer Reparaturen durchführen konnte. Schließlich ging sie um den Bus herum, um wieder einzusteigen, als sich von hinten kalte Hände um ihren Hals legten und zudrückten. Anja wurde wach. Ihre Atmung ging hastig. Sie blickte nach allen Seiten. Der ältere Mann neben ihr legte beruhigend seine Hand auf ihren Unterarm und sagte, dass der Fahrer mit dem Beifahrer ausgestiegen seien , um eine halbe Stunde Pause zu machen. Anja bedankte sich und sah sich im Bus um. Die Lampen waren wieder eingeschaltet. Einzelne Plätze waren frei. Wo war Nathan? Sie konnte ihn nicht sehen.
Um 02:30 Uhr näherte
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