Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
wer um etwas bittet, und weil sie es war, fand ich es schrecklich.« Sie macht eine Pause und lächelt. »Und dann wurde mir eines Tages klar, dass ich eigentlich nicht auf sie sauer war. Sondern auf ihn.«
Hadley schaut eine Sekunde zur Kirche, ehe sie antwortet. »Dann«, sagt sie schließlich, »bin ich wohl schon einen Schritt weiter als Sie.«
Violet nickt, weil sie wohl erkennt, dass sie bei diesem Thema nicht weiterkommt, und klopft Hadley ein bisschen unbeholfen auf die Schulter. Als sie sich zum Gehen wendet, steigt in Hadley eine plötzliche Angst davor hoch, was sie in der Kirche erwartet. Was soll man eigentlich zu einem Vater sagen, den man ewig nicht gesehen und der gerade eine Frau geheiratet hat, die man überhaupt nicht kennt? Wenn es für eine solche Situation ein angemessenes Benehmen gibt, dann kennt sie es jedenfalls nicht.
In der Kirche ist es still. Alle warten draußen, dass Braut und Bräutigam herauskommen. Hadleys Absätze hallen laut auf den Steinfliesen, als sie in Richtung Kellertreppe geht und die Hand an der rauen Steinmauer entlangschleifen lässt. In der Nähe der Treppe weht der Klang von Stimmen nach oben wie Rauch, und Hadley bleibt an der obersten Stufe stehen und lauscht.
»Es macht dir also nichts aus?«, fragt eine Frau, und eine andere Frau murmelt so leise eine Antwort, dass Hadley nichts hören kann. »Ich glaube ja, das verkompliziert die Sache nur.«
»Ganz und gar nicht«, sagt die andere Frau, und Hadley erkennt Charlottes Stimme. »Außerdem lebt sie bei ihrer Mutter.«
Oben an der Treppe erstarrt Hadley und hält den Atem an.
Jetzt kommt er , denkt sie. Der Böse-Stiefmutter-Moment .
Jetzt hört sie heimlich all die furchtbaren Sachen, die über sie geredet wurden, jetzt entdeckt sie, wie froh man ist, sie aus dem Weg zu haben, dass sie eigentlich gar nicht erwünscht ist. So viele Monate schon hat sie sich vorgestellt, wie schrecklich Charlotte in Wirklichkeit sein wird, und jetzt ist der Moment endlich gekommen. Sie wartet so begierig auf den Beweis, dass sie den nächsten Teil beinahe verpasst.
»Ich würde sie gern besser kennenlernen«, sagt Charlotte. »Ich hoffe wirklich, dass sie sich bald wieder zusammenraufen.«
Die andere Frau lacht leise. »So in den nächsten neun Monaten?«
»Na ja …«, sagt Charlotte, und Hadley kann das Lächeln in ihrer Stimme hören. Es lässt sie ein paar Schritte zurücktaumeln, sie stolpert in ihren zu hohen Absätzen. Die leeren Kirchenschiffe sind dunkel und stumm, und trotz der Außentemperaturen fröstelt sie plötzlich.
Neun Monate , denkt sie, und in ihren Augen brennen Tränen.
Ihr erster Gedanke gilt ihrer Mutter, sie weiß allerdings nicht genau, ob sie beschützen oder beschützt werden will. Wie dem auch sei, nichts möchte sie jetzt lieber als die Stimme ihrer Mutter hören. Aber ihr Handy liegt unten, in dem Raum, in dem auch Charlotte sitzt, und außerdem kann sie diese Neuigkeit ja schlecht verkünden, oder? Sie weiß, Mom neigt dazu, so etwas ganz selbstverständlich hinzunehmen, unfassbar ungerührt, im Gegensatz zu Hadley, die immer mit irrationaler Heftigkeit reagiert. Aber das hier ist etwas anderes. Das hier ist eine Riesensache. Es scheint unmöglich, dass selbst Mom von so einer Nachricht nicht durchgeschüttelt würde.
Hadley jedenfalls ist ziemlich mitgenommen.
Sie lehnt immer noch so unschlüssig am Türrahmen und starrt auf die Treppe, als sie um die Ecke Schritte und tiefes Männerlachen hört. Sie huscht ein Stück weiter, damit es nicht so aussieht, als hätte sie genau das getan, was sie getan hat, und betrachtet, wie sie hofft, entspannt und nonchalant ihre Fingernägel, als Dad mit dem Pfarrer auftaucht.
»Hadley«, sagt er leutselig und klopft ihr auf die Schulter, als würden sie sich jeden Tag sehen. »Ich möchte dir Reverend Walker vorstellen.«
»Schön, Sie kennenzulernen, meine Liebe«, sagt der ältere Mann, schüttelt ihr die Hand und wendet sich wieder ihrem Vater zu. »Wir sehen uns dann beim Empfang, Andrew. Glückwunsch noch einmal.«
»Vielen herzlichen Dank, Reverend«, sagt er, und beide schauen sie dem Pfarrer hinterher, der mit wehendem Talar weitergeht.
Als er um die Ecke gebogen ist, dreht Dad sich grinsend zu Hadley um.
»Schön, dich zu sehen, Kleine«, sagt er, und Hadley spürt, wie ihr Lächeln schwankt und fällt. Sie schaut zur Kellertür, und die beiden Worte schießen ihr wieder durch den Kopf.
Neun Monate.
Dad steht so nah neben ihr, dass sie
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