Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
sein Aftershave riechen kann, frisch und minzig, und der Erinnerungsstrom, den es auslöst, lässt ihr Herz schneller schlagen. Er schaut sie an, als warte er auf irgendwas – auf was? – als sollte sie dieses Spielchen eröffnen, ihr Herz aufschließen und ihm ausschütten.
Als ob sie Geheimnisse zu enthüllen hätte.
So lange hat sie versucht, ihm auszuweichen, so sehr hat sie sich bemüht, ihn aus ihrem Leben zu schneiden – als wäre das so leicht, als hätte er nicht mehr Gewicht als eine Papierpuppe – und jetzt stellt sich heraus, dass in Wirklichkeit er ihr etwas vorenthalten hat.
»Gratuliere«, krächzt Hadley und umarmt ihn steif, was am Ende eher auf ein Schulterklopfen hinausläuft.
Dad tritt unsicher zurück. »Ich bin froh, dass du es geschafft hast.«
»Ich auch«, sagt sie. »Es war nett.«
»Charlotte freut sich schon sehr darauf, dich kennenzulernen«, sagt er, und Hadley stellen sich die Nackenhaare auf.
»Super«, kriegt sie gerade noch heraus.
Dad lächelt sie hoffnungsvoll an. »Ich glaube, ihr beide werdet euch großartig verstehen.«
»Super«, sagt sie noch mal.
Er räuspert sich und nestelt an seiner Fliege herum, er wirkt angespannt, als wäre ihm unbehaglich zu Mute, allerdings ist Hadley nicht klar, ob es an der Situation oder an seinem Aufzug liegt.
»Hör mal«, sagt er, »ich bin ganz froh, dass wir uns allein treffen. Ich möchte nämlich etwas mit dir besprechen.«
Hadley richtet sich ein wenig auf, wappnet sich wie gegen einen heftigen Schlag. Sie hat gar keine Zeit, erleichtert zu sein, dass er ihr jetzt doch alles sagen wird. Sie ist so sehr damit beschäftigt, sich eine Reaktion auf die Babynachricht zu überlegen – schweigendes Schmollen? Gespielte Überraschung? Ungläubiger Schock? –, dass ihr Gesicht leer wie eine frisch gewischte Tafel ist, als er endlich spricht.
»Charlotte wünscht sich sehr, dass wir beim Empfang einen Vater-Tochter-Tanz hinlegen«, sagt er. Das haut Hadley mehr um als die niederschmetternde Neuigkeit, die sie eigentlich erwartet hat, und sie starrt ihn bloß weiter an.
Dad hebt abwehrend die Hände. »Ich weiß, ich weiß«, sagt er. »Ich hab ihr gleich gesagt, dass du das furchtbar fändest und auf keinen Fall vor all den Leuten mit deinem alten Herrn …« Der Satz verklingt, offenbar wartet er darauf, dass Hadley ihn unterbricht.
»Ich kann nicht besonders gut tanzen«, sagt sie schließlich.
»Ich weiß«, sagt er grinsend. »Ich auch nicht. Aber heute ist Charlottes Tag, und ihr scheint das wirklich wichtig zu sein, und …«
»Ist gut«, sagt Hadley und blinzelt heftig.
»Ist gut?«
»Ist gut.«
»Mensch, toll!« Er klingt ehrlich überrascht. Er wiegt sich auf den Absätzen vor und zurück und strahlt über den unerwarteten Erfolg. »Charlotte wird begeistert sein.«
»Da bin ich ja froh.« Es gelingt Hadley nicht, den bitteren Unterton zu verbergen. Plötzlich fühlt sie sich völlig ausgehöhlt, gar nicht mehr in Kampfeslaune. Sie hat es schließlich nicht anders gewollt. Sie wollte mit seinem neuen Leben nichts zu schaffen haben, und nun lebt er es eben ohne sie.
Aber jetzt geht es nicht mehr nur um Charlotte. In neun Monaten wird er ein anderes Kind haben, vielleicht sogar noch eine Tochter.
Und er hat es nicht mal für nötig gehalten, es ihr zu sagen.
Das trifft sie an der Stelle, wo auch schon sein Fortgehen geschmerzt hat, am gleichen empfindlichen Punkt, wo es wehgetan hat, als sie zum ersten Mal von Charlotte gehört hat. Aber fast ohne es zu merken, öffnet sich Hadley diesmal dem Schmerz, anstatt ihm auszuweichen.
Weglaufen ist ja schön und gut, wenn jemand hinter einem her ist.
Aber wozu soll man laufen, wenn da gar keiner ist?
10
8:17
EASTERN STANDARD TIME
13:17
GREENWICH MEAN TIME
Spät in der Nacht hatten sie und Oliver sich im Flugzeug eine Packung winziger Salzbrezeln geteilt, und er war ganz still gewesen, hatte ihr Profil so lange betrachtet, dass sie sich schließlich zu ihm umdrehte.
»Was?«
»Was willst du mal werden, wenn du groß bist?«
Sie runzelte die Stirn. »So was fragt man Vierjährige.«
»Nicht unbedingt«, sagte er. »Jeder Mensch muss irgendwas werden.«
»Was willst du denn werden?«
Er zuckte die Achseln. »Ich habe zuerst gefragt.«
»Astronautin«, sagte sie. »Ballerina.«
»Ernsthaft.«
»Meinst du, ich könnte keine Astronautin werden?«
»Du könntest die erste Ballerina auf dem Mond werden.«
»Ich denke, ich habe noch ein bisschen Zeit,
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