Puppen
wandte sich wieder dem Hauptschirm zu. Aufmerksam beobachtete er den Planeten und entnahm den eingeblendeten graphischen Darstellungen, daß die
Emanationen der Lebenskraft immer stärker wurden. Die von B’Elanna Torres erwähnte Fluktuation blieb in Bewegung und näherte sich langsam jenem Bereich, in dem die Landegruppe ihr Lager aufgeschlagen hatte. Chakotay hoffte, daß Paris und Eg’gyrs dort vor den Urrythanern eintrafen.
Der Erste Offizier betrachtete das Muster der Fluktuation, und irgend etwas teilte ihm mit, daß es diesmal eine andere, unheilvollere Bedeutung hatte. Er ahnte plötzlich, daß die Zeit für freundliche Besuche vorüber war. Nun, er hatte nichts dagegen einzuwenden. Derzeit stand ihm ebenfalls nicht der Sinn nach Freundlichkeit.
Sollen sie nur kommen, dachte er. Ja, sollen sie nur kommen
– dann bringen wir es hinter uns.
8
»Kes?« Neelix’ Stimme durchdrang den immer stärker
werdenden Zauber des Lieds und brachte Kes in die Realität zurück. Es wurde immer schwerer, sich von dem fremden
Einfluß zu befreien, sich überhaupt von ihm befreien zu wollen. Die Ocampa konzentrierte sich, und daraufhin kehrten die Konturen des Lagers zurück.
Sie schüttelte den Kopf. »Ja, Neelix?«
Er stand vor ihr, die Hände sorgenvoll gefaltet. Der
Talaxianer befürchtete, daß sie der urrythanischen Entität auf die gleiche Weise zum Opfer fiel wie zuvor Kayla. Kes konnte den Einfluß der Harmonie auf ihr Selbst nicht leugnen, aber sie hatte keineswegs das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Sie wollte verstehen, die neuen Empfindungen erkunden und ihre Bedeutung enträtseln. Sie glaubte, sich gerade auf diese Weise nützlich machen zu können, denn als medizinische Assistentin war sie derzeit kaum in der Lage, irgendeine Art von Hilfe zu leisten.
»Ich fürchte, Fähnrich Fowler hat das Bewußtsein verloren«, sagte Neelix. »Bei den vorherigen Überprüfungen hat er nur geschlafen, und ich konnte ihn immer dazu veranlassen, den Kopf zu schütteln oder etwas zu murmeln. Diesmal liegt er einfach nur da. Ich wollte ihm etwas von der Brühe anbieten, die ich gekocht habe, doch er reagiert überhaupt nicht mehr.«
Kes bewegte sich langsam und geschmeidig, wie eine Katze, die sich nach einem Nickerchen in der Sonne streckte. Neelix beobachtete sie, und die Ocampa bemerkte den feuchten Glanz von Tränen in seinen Augen. Sie versuchte, ihn mit einem Lächeln zu beruhigen. Neelix neigte zu schnell dazu, sich Sorgen um sie zu machen, und die Nähe zur Einen Stimme des Planeten versetzt sie in die Lage, das ganze Ausmaß seiner Gefühle für sie zu erkennen. Mit ihren normalen geistigen Kräften hätte sie keinen so tiefen Einblick gewinnen können.
Kes fragte sich kurz, wie es sein mochte, wenn sie Neelix an dem Gesang teilhaben ließ, wenn sie ihn mitnahm in die Harmonie, um ihm die gleichen Empfindungen zu
ermöglichen, die sie erfuhr. Wenn er Gelegenheit bekommen hätte, ihre Erfahrungen zu teilen… Dann wäre er bestimmt nicht mehr besorgt gewesen.
»Vielleicht kann ich ihm helfen«, sagte Kes und legte Neelix sanft die Hand auf die Schulter. Sie wußte natürlich, daß ihre Möglichkeiten darauf beschränkt blieben, Untersuchungen vorzunehmen und physischen Komfort zu gewährleisten. Mehr konnte sie nicht tun – eine Erkenntnis, die Kummer brachte. Es war einer der Gründe dafür, warum sie sich so sehr dem Erleben widmete, das den anderen vom Ambiana
aufgezwungen wurde. Es beruhigte sie und half ihr dabei zu verstehen, wie es den übrigen Mitgliedern der Landegruppe erging. Auch wenn sie nicht aus dem seltsamen Schlaf geweckt werden konnten – wenigstens litten sie nicht.
Nur Neelix und sie waren noch immer regelmäßig auf den Beinen. Vom Captain oder von der Voyager hatte Kes schon seit einer ganzen Weile nichts mehr gehört. Ihre Versuche, mit dem Doktor Kontakt aufzunehmen und von ihm zu erfahren, wie es um die Entwicklung des Gegenmittels stand, waren erfolglos geblieben. Bestimmt fand man an Bord des Schiffes irgendeine Möglichkeit, ihnen das Mittel zur Verfügung zu stellen – daran zweifelte Kes nicht. Aber es wäre recht angenehm gewesen, vom aktuellen Stand der Dinge zu
erfahren.
So schwierig die Situation auch sein mochte: Es regte sich keine echte Besorgnis in Kes. Die Energie um sie herum – eine Energie, die mit jeder verstreichenden Sekunde stärker wurde
– war alles andere als negativ. Sie bot vielmehr eine wundervolle Harmonie, in der es keinen Platz für
Weitere Kostenlose Bücher