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Puppen

Puppen

Titel: Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Niall Wilson
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Größe der Urrythaner. Er bemerkte auch, daß die Wände recht dick waren und die Fenster über erstaunlich massive Läden verfügten. Offenbar scheuten die Urrythaner selbst dann das Licht, wenn sie an die Oberfläche kamen.
    Der Gesang wurde allmählich lauter. Ab und zu glaubte
    Paris, in der Melodie eine einzelne Stimme zu erkennen, aber wenn er sich darauf zu konzentrieren versuchte, wurde sie wieder eins mit dem Ganzen. Es waren erstaunliche Laute: Sie berührten etwas in ihm, auf eine Weise, die er bisher nicht für möglich gehalten hätte. Verblüfft stellte er fest, welche Macht von Musik ausgehen konnte.
    Dann rochen sie die Blumen. Kes erkannte den Duft sofort und hielt Paris fest. »Das Ambiana«, sagte sie. »Auf mich scheint es keine Wirkung zu haben, und aufgrund des
    Gegenmittels sollten Sie selbst vor einer hohen Konzentration geschützt sein.«
    Paris nickte, atmete tief durch und blickte kurz zum Himmel empor, als könnte er dort die Voyager und den Doktor erkennen, von dem das Serum stammte. Er war mit dem
    Shuttle aufgebrochen, um das Gegenmittel auf den Planeten zu bringen, damit infizierte Besatzungsmitglieder behandelt werden konnten. Jetzt schickte er sich an, einen direkten und unmittelbaren Kontakt mit der toxischen Substanz
    herbeizuführen, ganz im Vertrauen darauf, daß der Impfstoff ausreichend Schutz gewährte. Was mochte geschehen, wenn das Serum bei ihm nicht wirkte, wenn es zu einer
    ›Ansteckung‹ kam?
    Es wird sich gleich herausstellen, dachte Paris grimmig.
    Hoffentlich haben Sie gute Arbeit geleistet, Doktor…
    Als sie sich dem Zentrum der Siedlung näherten, führte die Straße, deren Verlauf sie folgten, zu einem Platz. Der Gesang schien von dort zu kommen.
    »Da drüben?« fragte Paris.
    Kes nickte. Die Melodie wehte ihnen entgegen, zerrte an ihren Gedanken. Selbst der Pilot spürte es. Für Kes schien die Musik sogar Substanz zu gewinnen: Sie ging so, als müßte sie bei jedem Schritt einen subtilen Widerstand überwinden. Paris schob sich etwas näher an sie heran und beschloß, besonders wachsam zu sein.
    Er wollte die Ocampa fortbringen, wenn es Anzeichen dafür gab, daß sie dem Einfluß der Melodie oder des Blütenstaubs erlag. Kes reagierte weitaus empfindlicher auf das, was hier geschah – was nicht nur ein Vorteil, sondern auch ein Nachteil sein konnte. Hinzu kam, daß er selbst fühlte, wie der
    eigentümliche Gesang auf ihn wirkte, den Wunsch in ihm weckte, einfach stehenzubleiben und sich in der Melodie zu verlieren. Vermutlich war die Wirkung auf Kes noch viel stärker.
    Dennoch schien mit ihr alles in Ordnung zu sein, und einige Sekunden später betraten sie den Platz. Die Sensibilität der Ocampa dem fremden Einfluß gegenüber war tatsächlich
    größer als die des Piloten, aber gleichzeitig konnte sie ihn auch besser kontrollieren.
    Paris blieb abrupt stehen, als er Kayla sah: Sie lag auf einem steinernen Altar, umgeben von gelben Blumen. Urrythaner umringten sie und waren so sehr auf den Gesang konzentriert, daß sie ihre Umwelt überhaupt nicht mehr wahrnahmen.
    Die Szene erweckte den Eindruck, aus einem Alptraum zu stammen. Die Urrythaner am Altar schwankten in einem
    hypnotischen Rhythmus hin und her, während sie sangen.
    Unter ihnen zitterte der Boden, und das Grollen des Bebens erweiterte das Lied, wurde zu einem Teil davon. Die ganze Zeit über lag Kayla völlig reglos, wie eine schlafende Prinzessin oder eine Jungfrau, die geopfert werden sollte. Ein anderes Vorstellungsbild drängte sich Paris auf, und er sah Kayla als Leichnam, der auf seine Bestattung wartete.
    Er schauderte innerlich, gab sich einen Ruck und ging weiter.
    Als er sich dem Altar näherte, wuchs sein Ärger. Paris konzentrierte sich darauf und merkte, wie Zorn daraus wurde –
    ein Zorn, der den hypnotischen Zauber der Melodie
    verringerte. Entschlossen trat er vor und achtete ganz bewußt darauf, seine Schritte nicht dem Takt des Liedes anzupassen.
    Offenbar half es, denn er glaubte, klarer denken zu können.
    Kes blieb an seiner Seite, doch in ihrem Gesicht zeichneten sich nicht die intensiven Emotionen ab, die jetzt in Paris brodelten. Die Züge der Ocampa verrieten nur Neugier und auch Faszination.
    Als sie den ersten Urrythaner erreichten, zögerte Paris nicht.
    Er streckte den Arm aus und schob die Gestalt einfach beiseite.
    Das Geschöpf kippte zur Seite und blieb auf dem Boden
    liegen, ohne zu reagieren. War es überhaupt noch imstande, äußere Reize zur Kenntnis zu

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