Puppengrab
ein Lächeln zustande, das Neils Herz ein wenig mehr zum Schmelzen brachte. »Also, was ist los?«
Beth griff nach der Blumenschachtel, die Neil nicht bemerkt hatte. Sie zog eine Puppe daraus hervor. Es war eine antike Kinderpuppe.
Sie war versengt worden.
»O mein Gott …«
»Ein Junge kam vorbei«, erklärte Suarez. »Irgendein Engländer hat ihn bezahlt, die Schachtel hierherzubringen. Auf dem Absender stand Ihr Name.«
Neil zog Beth an sich und umarmte sie. Großer Gott, sie hatte gedacht, dass Abby verbrennen würde. »Es geht ihr gut, Beth. Es brennt nirgendwo.«
Beth erwiderte die Umarmung und löste sich dann von ihm. »Da ist noch etwas«, erklärte sie. Sie zeigte ihm die in Einzelteile zerlegte Hannah-Puppe und die Papierrolle. Neil spürte einen Knoten im Magen.
Er wird Kontakt zu ihr aufnehmen,
hatte Standlin gesagt,
ich weiß nicht wie, aber denk an meine Worte …
»Neil, erinnerst du dich, dass ich dir sagte, diese Puppen ähneln einer Sammlung, die unter dem Namen Larousse bekannt geworden ist?«
Er konnte sich nicht daran erinnern und zuckte mit den Schultern.
»Ich glaube, dass diese Puppe
tatsächlich
eine Larousse ist. Ich weiß zwar nicht, wie Margaret Chadburne daran gekommen ist, aber wir müssen uns mit jemandem von der Larousse-Familie in Verbindung setzen oder ihre Versicherungsunterlagen überprüfen. Ich könnte schwören, dass diese Puppe aus der Sammlung stammt. Und vielleicht auch einige der anderen.«
»Gut, Süße, das ist gut. Wir finden das heraus.« Im Moment war es Neil jedoch völlig egal, woher die Puppen stammten. Er dachte über das Muster nach, das Bankes’ Morden zugrunde lag.
Während er Beth im Arm hielt, zog er sein Handy aus der Tasche. Er ging die Nummern in seinem Telefonbuch durch und rief schließlich Copeland an.
»Hey, Sheridan, ich habe Sie gerade angerufen«, sagte Copeland. »Ich …«
»Sekunde. Beth hat eine weitere Puppe erhalten. Ich schicke sie mit Suarez los …«
»Okay«, unterbrach Copeland ihn. »Aber Sie müssen sofort zurückkommen.«
»Warum?«
»Es kam gerade ein Notruf herein. Rick Sacowicz’ Haus steht in Flammen.«
[home]
39
M aggie und die Kinder waren nicht zu Hause gewesen. Neil erreichte die gute Nachricht, als er sich in rasender Geschwindigkeit auf den Rückweg nach Arlington machte. Maggie hatte getan, was Rick ihr gesagt hatte, und ein paar Spielsachen für Abby zusammengesucht. Dann hatte sie die Kinder ins Auto verfrachtet, um die Spielsachen nach Quantico zu bringen, von wo aus sie in die bewachte Wohnung gebracht werden sollten. Als Neil bei den Sacowiczens ankam, war ihr Heim nur noch eine ausgebrannte Hülle aus verkohltem Holz und verbrannten Ziegelsteinen. Feuerwehrleute stocherten in der schwelenden Asche herum, und ein Brandermittler untersuchte den Ort nach dem Brandherd. Wie es aussah, war Benzin rund um das Haus verschüttet worden – an der vorderen und hinteren Veranda. Einfach und effektiv. Jeder Teenager war dazu in der Lage. Und als Lieutenant besaß Rick genügend Feinde, die man leicht auflisten könnte.
Doch in diesem Fall war eine Liste überflüssig.
Neil stieg aus dem Wagen. Die Kinder waren zu den Nachbarn gebracht worden, und Maggie stand auf der Straße, die Arme fest um den Oberkörper geschlungen, und starrte auf das, was von ihrem Zuhause übrig geblieben war. Neil wollte sie in die Arme schließen, doch dann ließ ihn das blanke Entsetzen, das sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, innehalten.
»Sag nicht, dass er nicht bei dir ist«, flüsterte sie.
Neil erstarrte. Er warf einen Blick zum Haus, sah zu Maggie und zurück in die Auffahrt. Inmitten der Barrikade aus Rettungsfahrzeugen war Ricks Auto teilweise zu erkennen. Neil spürte, wie sich ihm der Hals zuschnürte. Der Sedan war unachtsam auf dem Gehsteig abgestellt worden, und der Kofferraum ragte noch halb in die Straße hinein. Die Fahrertür stand offen.
»O Gott, nein …«
»Wir waren nicht zu Hause«, flüsterte Maggie mit bebender Stimme. »Wir haben die Spielsachen weggebracht, aber er muss wohl gedacht haben, dass …«
»Das kann nicht …«
Aus dem Inneren der Trümmer war ein Rufen zu hören. Neil beobachtete wie gelähmt drei Feuerwehrmänner, die hineinliefen. Eine Minute später kamen zwei von ihnen wieder herausgerannt, um eine Trage zu holen – und einen Leichensack.
Maggie fiel auf die Knie.
Neil ließ sich neben ihr zu Boden sinken, und sie klammerte sich wie eine Ertrinkende an sein Revers.
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