Puppengrab
sollten wir dankbar sein, dass es sie gibt.«
In Beths Erdgeschoss war es heiß – das war merkwürdig. Aber vielleicht schwitzte Chevy auch nur. Die Schränke hatten ihn mehr angestrengt, als er gedacht hatte. Er hatte in einer unbequemen Stellung gekauert, und die kleine Säge aus Beths Junggesellinnen-Werkzeugkiste hatte völlig versagt. Als er fertig war, hatte er immerhin fast einen Meter fünfzig Platz in einem der Schränke geschaffen. Und die Rückwand konnte man entfernen, um in den niedrigen Hohlraum unter der Veranda zu gelangen. Seine eigene kleine Wohnung direkt vor Beths Nase. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Schlafzimmer mit Terrassenzugang,
dachte er und musste kichern.
Er räumte die Sägespäne weg, so gut er sie im spärlichen Licht der Stifttaschenlampe sehen konnte. Dann verstaute er die Pakete mit den Puppen, die er bei Mo Hammond abgeholt hatte. Er kletterte in den Schrank und legte sich probehalber auf den Rücken. Er musste die Beine anwinkeln und die Schultern ein wenig einziehen. Nicht besonders komfortabel, aber es würde gehen, wenn er etwas fand, das er als Kissen benutzen konnte.
Langsam streifte er durchs Haus, immer in Acht vor dem Bullenwagen am Ende der Straße. Zuerst erwog er, ein Kissen vom Sofa oder von einem der Betten zu nehmen. Doch dann überlegte er, Beth könne vielleicht auffallen, dass es fehlte. Also ging er in die Wäschekammer, wo er einen Pulli von Beth und das T-Shirt fand, das sie darunter getragen haben musste.
Das würde reichen. Taumelnd vor Freude hielt sich Chevy die Kleidung unter die Nase. Ja, das würde sich sogar besonders gut eignen, fand er. Plötzlich hörte er ein Geräusch, das ihn erstarren ließ.
Ein Auto. Es kam die Einfahrt hinaufgefahren.
Chevys Herz pochte ihm bis zum Hals. Schnell lief er die Treppe hinunter. Er achtete auf jeden Schritt, den er in der Dunkelheit machte. Er bemühte sich, nicht in Panik zu geraten. Genau vor der Garagentür hörte er Männerstimmen murmeln.
Scheiße.
[home]
18
N eil fuhr Beths Suburban zurück nach Arlington, während sich Rick nach Covington begab, um die örtlichen Beamten in die Ermittlungen einzubinden und sich mit dem FBI kurzzuschließen. Beths instinktiv ergriffene Maßnahmen für Abbys Sicherheit hatten sich als klug erwiesen. Covington war eine friedliche Kleinstadt. Die Stallings waren bekannte Leute. Jeff hatte eine steile Karriere beim Militär hingelegt und war gerade von einer befristeten Auslandsmission heimgekehrt. Das Einzige, was Neil Beth vorhalten konnte, war, dass sie auch Heinz abgegeben hatte.
»Du hättest den Hund zu deinem Schutz bei dir behalten sollen«, beschwerte er sich, als sie vom Parkplatz des Restaurants rollten.
»Heinz kann mich nicht beschützen. Er würde selbst einen Mörder anbetteln, ihn zu streicheln.«
»Dafür macht er ordentlich Lärm. Das ist immerhin etwas. Und damit ist er nützlicher als Joshua Herring.«
Beth runzelte die Stirn. »Herring hat auf Abby aufgepasst.«
»Und wer hat auf dich aufgepasst?«
»Ich. Das tue ich immer.«
»Jetzt nicht mehr.«
Neil war sich nicht sicher, ob das ein Versprechen oder eine Drohung war. Doch das spielte keine Rolle mehr – noch bevor die Bedeutung der Worte bei Beth angekommen war, nickte sie ein. Sie schlief, bis sie wieder in Arlington angekommen waren. Immer wieder erzitterte sie, schüttelte sich und gab herzzerreißende kleine Geräusche von sich. Doch sie schlief. Um vier Uhr dreißig lenkte Neil den Wagen in ihre Auffahrt. Er winkte einem Polizeibeamten, der aus seinem Streifenwagen ausgestiegen war und auf sie zukam. Der Beamte joggte die Auffahrt hinauf und schüttelte Neil die Hand, als dieser ausstieg.
»Sacowicz hat mir Bescheid gegeben, dass Sie kommen.«
»Alles ruhig?«, fragte Neil.
Der Beamte nickte. »Ich habe vor rund zwei Stunden übernommen. Wilson hat sich am Ende der Straße postiert. Bevor wir unsere Posten bezogen haben, sind wir gemeinsam durchs Haus gegangen. Niemand zu sehen.«
»Gut.« Sobald sich das Sondereinsatzkommando morgen – oder vielmehr später – versammelt hatte, würden sie mit einem Team externer Agenten einen etwas ausgefeilteren Plan zur Überwachung entwerfen. Sie würden ein paar Beamten in der Nachbarschaft postieren, vielleicht sogar jemanden im Haus, für den Fall, dass Bankes doch auftauchen sollte.
Davon ging Neil zumindest aus. Es war eine Weile her, dass er in einem Mordfall ermittelt hatte. Allerdings war er sich nicht sicher, ob er noch
Weitere Kostenlose Bücher