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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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zitronengelbem Hausanzug die Parkview Avenue langzugehen. Unterwegs hielten sie an einem Ausschank an, wo Wilt eine Flasche Roten aus Zypern kaufte.
    »Denk bloß nicht, daß ich den Mist anrühre«, sagte er, »und die Autoschlüssel nimmst jetzt am besten du. Wenn's so schlimm wird, wie ich denke, geh ich zeitig heim.«
    Es wurde schlimm. Schlimmer. In seinem roten Hemd und den Bluejeans wirkte Wilt völlig fehlt am Platze.
    »Eva-Liebes«, sagte Sally, als sie sie schließlich in einer Unterhaltung mit einem Mann fanden, der ein Küchenhandtuch als Lendenschurz trug, auf dem für irischen Käse Reklame gemacht wurde, »du siehst toll aus. Die Zwanziger stehen dir. Und das ist also Henry.« Henry war überhaupt nicht nach Henry zumute. »Ebenfalls modisch gewandet. Henry, das ist Raphael.«
    Der Mann im Lendenschurz musterte Wilts Jeans. »Die Fünfziger sind wieder da«, sagte er lahm, »das mußte ja wohl so kommen.«
    Wilt starrte auf einen irischen Cheddar und versuchte zu lächeln.
    »Langen Sie zu, Henry«, sagte Sally und zog Eva fort, um sie der verrücktesten, als der absolut emanzipiertesten Frau vorzustellen, die geradezu danach verging, Busen-Baby ken-nezulernen. Wilt ging in den Garten, stellte seine Flasche auf den Tisch und sah sich nach einem Korkenzieher um. Es war keiner da. Schließlich guckte er in einen großen Bottich, in dem eine Kelle hing. Eine halbe Apfelsine und zermatschte Pfirsichstückchen schwammen in einer dunkelroten Flüssigkeit. Er goß sich einen Pappbecher davon ein und kostete. Wie er vermutet hatte, schmeckte es nach Apfelmost, Methylalkohol und Orangensaft. Wilt sah sich im Garten um. In einer Ecke brutzelte, das heißt verbrannte ein Mann mit Kochmütze und Suspensorium Würstchen auf einem Holzkohlengrill. In einer anderen Ecke lagen ein Dutzend Leute im Kreis und hörten sich die Watergate-Tonbänder an.
    Einige Paare unterhielten sich eifrig miteinander und ein paar Einzelgänger standen allein herum und sahen hochmütig und einsam aus. Wilt fühlte sich ihnen zugehörig und suchte sich das alleruncharmanteste Mädchen in der Annahme aus, er könne genauso gut gleich ins kalte Wasser springen und hätte es hinter sich. Am Ende würde er sowieso bei ihr landen.
    »Hi«, sagte er, und ihm war klar, daß er ebenfalls in den amerikanischen Jargon verfiel, dem Eva bereits erlegen war. Das Mädchen sah ihn erstaunt an und räumte das Feld.
    »Entzückend«, sagte Wilt und trank seinen Pappbecher leer. Zehn Minuten und zwei Drinks später redete er mit einem kleinen dicken Mann über Schneilesen, der an dem Thema enormes Interesse zu haben schien.
    In der Küche schnitt Eva Baguettes in Scheiben, und Sally stand mit einem Drink daneben und unterhielt sich mit einem Äthiopier, der gerade aus Neu-Guinea zurückgekommen war, über Levi-Strauss.
    »Ich hatte immer schon das Gefühl, daß L.-S. in der Frauenfrage total schiefliegt«, sagte sie und musterte träge Evas Hinterteil, »ich meine, er verkennt die grundsätzliche Gleichartigkeit . . .« Sie verstummte und sah starr aus dem Fenster. »Entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte sie und ging hinaus, um Dr. Scheimacher aus Henry Wilts Fängen zu befreien.
    »Ernst ist ja so süß«, sagte sie, als sie zurückkam, »man würde nie meinen, daß er den Spermatologie-Nobelpreis bekommen hat.«
    Wilt stand mitten im Garten und trank den dritten Becher Bowle. Er goß sich einen vierten ein und ging hinüber, um sich die Watergate-Tonbänder anzuhören. Er kriegte gerade noch den Schluß mit.
    »Man bekommt einen viel deutlicheren Einblick in Tricky Dicks Charakter, wenn man sie quadrophonisch hört«, sagte jemand, als die Gruppe auseinanderging.
    »Zum hochbegabten Kind muß man eine besondere Beziehung entwickeln. Roger und ich meinen, Tonio spricht am besten auf einen strukturell gefächerten Approach an.«
    »Das ist alles Blech. Wenn du zum Beispiel hörst, was er über Quasare sagt. ..«
    »Ich kann ehrlich nicht begreifen, was an der Sodomie verkehrt sein soll.. .«
    »Mir ist egal, was Marcuse von Toleranz hält. Was ich sagen will, ist... «
    »Bei Stickstoff minus zweiundfünfzig . ..«
    »Bach hat sicherlich seine Bedeutung, aber er hat auch seine Grenzen.. .«
    »Wir haben ein Landhaus bei Saint Trop .. .«
    »Ich meine noch immer, Kaldor wußte die Antwort. . .«
    Wilt trank sein viertes Glas Bowle aus und machte sich auf die Suche nach Eva. Er war's leid. Ein durchdringender Schrei des Mannes mit der Kochmütze

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