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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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hinten auf den Nacken geküßt worden, und der Mann im Lendenschurz mit der Käsereklame hatte sich etwas fester als unbedingt nötig an sie gedrückt, als er nach dem Tomatenketchup langte. Und überall um sie herum waren diese schrecklich geistreichen Leute, und alle so offenherzig. Alles war so kultiviert. Sie goß sich noch einen Drink ein und schaute sich nach Henry um. Er war nirgends zu sehen.
    »Hast du Henry gesehen?« fragte sie Sally, als die mit einer Flasche Wodka in der Hand und ziemlich erhitzt in die Küche kam.
    »Als ich ihn zuletzt sah, saß er bei irgendso einer puppigen Mieze«, sagte Sally und nahm sich einen Löffel Obstsalat. »Oh, Eva-Liebes, du bist ja ein richtiges Drei-Sterne-Baby.« Eva wurde rot.
    »Ich hoffe nur, er amüsiert sich gut. Henry ist nicht so furchtbar toll auf Parties.«
    »Eva-Baby, sei ehrlich. Henry ist momentan auch sonst nicht so furchtbar doll.«
    »Er ist einfach nur . . .«, fing Eva an, aber Sally gab ihr einen Kuß.
    »Du bist viel zu gut für ihn«, sagte sie, »dir müssen wir ein richtiges Schmuckstück suchen.« Während Eva an ihrem Drink nippte, hatte Sally einen jungen Mann mit einer Haartolle entdeckt, die ihm quer in die Stirn fiel. Er lag mit einem Mädchen auf einer Couch, rauchte und starrte an die Decke.
    »Christopher-Herzchen«, sagte Sally, »ich muß dich einen Augenblick entführen. Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Geh in die Küche und mach die Tante mit den dicken Lollos und dem gräßlichen gelben Pyjama ein bißchen an.«
    »Lieber Himmel. Warum ausgerechnet ich?«
    »Herzchen, du weißt, du bist absolut unwiderstehlich. Und so sexy. Mir zuliebe, Baby, mir zuliebe.«
    Christopher stand auf und ging in die Küche, und Sally machte sich's neben dem Mädchen bequem.
    »Christopher ist ein Traumboy«, sagte sie.
    »Er ist ein Gigolo«, sagte das Mädchen. »Eine männliche Hure.«
    '»Liebes«, sagte Sally, »es wäre an der Zeit, daß es für uns Frauen welche gäbe.«
    In der Küche unterbrach Eva das Kaffee-Eingießen. Sie fühlte sich köstlich beschwipst. »Lassen Sie das«, sagte sie hastig.
    »Warum denn?«
    »Ich bin verheiratet.«
    »Ich mag's aber. Ich mag das.«
    »Ja, aber ...«
    »Keine Widerrede, Schätzchen.«
    »Oh.«
    Oben im Spielzimmer erholte Wilt sich langsam von dem vereinigten Attacken auf seinen Körper durch Pringsheim-Bowle, den Wodka, seine nymphomane Gastgeberin und die Schrankkante, gegen die er gefallen war, aber er hatte das Gefühl, daß irgendwas absolut nicht in Ordnung war. Nicht nur, daß das Zimmer schwankte, daß er eine Beule am Hinterkopf hatte oder daß er nackt war. Es war eher das Gefühl, daß irgend etwas mit all den weniger reizenden Eigenschaften einer Mausefalle oder eines Schraubstocks oder einer ausgehungerten Auster sich erbarmungslos an das geklammert hatte, was er bisher immer für seinen allerintimsten Körperteil gehalten hatte. Wilt öffnete die Augen und starrte in ein lächelndes, wenn auch leicht verschwollenes Gesicht. Er machte die Augen wieder zu, hoffte wider alle Hoffnung, machte sie wieder auf, sah das Gesicht immer noch an derselben Stelle und versuchte mühsam, sich aufzusetzen.
    Das war eine unkluge Bewegung. Judy, die Plastikpuppe, die viel härter als normal aufgepumpt war, widersetzte sich. Mit einem Aufschrei sank Wilt wieder zu Boden. Judy folgte. Ihre Nase knallte auf sein Gesicht und ihr Busen auf seine Brust. Fluchend rollte Wilt sich auf die Seite und dachte über das Problem nach. Aufsetzen kam nicht in Frage. Das führte zur Kastration. Er mußte etwas anderes versuchen. Er rollte die Puppe weiter und kletterte auf sie, mußte aber einsehen, daß sein Gewicht auf ihr den Druck auf das verstärkte, was von seinem Penis noch übrig war, und falls er ihn sich abquetschen wollte, war das genau der richtige Weg dahin. Wilt rollte schleunigst wieder herunter und tastete nach dem Ventil. Irgendwo mußte ja eines sein, wenn er es doch bloß finden könnte. Aber wenn es eins gab, dann war es gut versteckt, und sein Gefühl sagte ihm, er dürfe keine Zeit damit verplempern, es zu suchen. Er fingerte auf dem Fußboden nach etwas herum, was er als Dolch benutzen könnte, nach irgendwas Scharfem, riß schließlich ein Stück von den Eisenbahnschienen ab und stieß es seiner Widersacherin in den Rücken. Der Kunststoff gab ein Quietschen von sich, aber Judys ver-schwollenes Lächeln blieb dasselbe, und ihre unerwünschten Liebesbezeigungen waren genauso unbarmherzig wie

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