Puppenmord
ärgert, daß Wilt hier als Mörder bezeichnet wird«, sagte Braintree unbeirrt. »Es deutet nichts darauf hin, daß er irgend jemanden ermordet hat.«
Der Direktor musterte ihn einen Augenblick und sah wieder auf die Schlagzeilen. »Mr. Braintree, wenn jemand der Polizei bei ihren Mordermittlungen hilft, mag nicht erwiesen sein, daß er ein Mörder ist, aber der Verdacht besteht.«
»Das alles hilft uns im RNWE gewiß nicht mit dem neuen Unterrichtszweig weiter«, ging der Stellvertretende Direktor taktvoll dazwischen. »Für Freitag haben wir den Besuch des Inspektionsausschusses mitgeteilt bekommen.«
»Nach allem, was mir die Polizei sagt, hilft es uns auch nicht mit dem neuen Verwaltungsblock weiter«, sagte der Direktor. »Sie sagen, es dauert mindestens drei Tage, bis sie sich zum Boden des Pfeilers durchgebohrt haben, und dann müssen sie sich auch noch durch den Beton graben, um die Leiche herauszuholen. Das bedeutet, sie müssen nochmal einen ganz neuen Pfeiler gießen. Und wir sind schon jetzt in Verzug, und unser Bauetat ist halbiert worden. Warum in aller Welt konnte er sich keine andere Stelle aussuchen, um seine verdammte Frau zu verbuddeln.«
»Ich glaube nicht. . .« fing Braintree an.
»Es ist mir Wurscht, was Sie glauben«, sagte der Direktor, »ich sage Ihnen bloß, was die Polizei glaubt.«
Braintree ging aus dem Zimmer, während die beiden Direktoren sich weiter stritten und versuchten, Mittel und Wege ausfindig zu machen, der ungünstigen Wirkung in der Öffentlichkeit entgegenzutreten, die der Fall der Schule bereits eingetragen hatte. Braintree fuhr runter zum Geschäftszimmer der Abteilung Allgemeinbildung und traf Mr. Morris in völlig verzweifeltem Zustand an. Er versuchte gerade, für sämtliche Klassen von Wilt Ersatzlehrer zu finden.
»Aber morgen früh wird er wahrscheinlich wieder zurück sein«, sagte Braintree.
»Das glauben Sie doch wohl selber nicht!« sagte Mr. Morris. »Wenn sie einen so in die Zange nehmen, behalten sie ihn auch. So ist das nämlich. Die Polizei mag Fehler machen, ich sage ja nicht, sie macht keine, aber wenn sie so rasch handeln, sind sie auf 'ner heißen Spur. Wohlgemerkt, ich habe immer schon gemeint, Will ist ein bißchen sonderbar.«
»Sonderbar? Ich komme gerade aus dem Direktorzimmer. Möchten Sie hören, was die da oben über die ganze Abteilung Allgemeinbildung sagen?«
»Großer Gott«, sagte Mr. Morris, »bloß nicht.«
»Überhaupt, was ist an Henry so sonderbar?«
»Zu sanft und nachgiebig für meinen Geschmack. Gucken Sie sich bloß an, wie er es die ganzen Jahre hingenommen hat, Hilfslehrer zu bleiben.«
»Das war wohl kaum sein Fehler.«
»Natürlich war das sein Fehler. Er hätte bloß mal drohen müssen zu kündigen, und woanders hinzugehen, und schwupp! schon wäre er befördert worden. Nur so kommt man hier weiter. Man muß sich bemerkbar machen.«
»Das scheint er ja jetzt getan zu haben«, sagte Braintree. »Der Direktor gibt ihm bereits die Schuld, den Terminplan für den Neubau durcheinandergebracht zu haben, und wenn wir im RNWE mit dem neuen Unterrichtszweig nicht durchkommen, ist natürlich Henry der Sündenbock. Das ist wirklich zu gemein. Eva hätte mehr Feingefühl zeigen sollen, anstatt ihn so sitzen zu lassen.«
Mr. Morris sah die Sache düsterer. »Sie hätte 'ne verdammte Menge mehr Feingefühl bewiesen, wenn sie ihn hätte sitzenlassen, bevorder Lump plante, sie totzuschlagen und in diesen verfluchten Schacht zu schmeißen. Verdammt nochmal, wen krieg ich jetzt bloß dazu, morgen Gasinstallateure I zu übernehmen?«
- 10 -
In der Parkview Avenue Nr. 34 saß Wilt mit Clem in der Küche, während die Kriminalbeamten das Haus durchwühlten. »Sie finden hier bestimmt nichts Belastendes«, sagte er zu Inspektor Flint.
»Lassen Sie das unsere Sorge sein. Wir sehen uns bloß ein bißchen um.«
Er schickte einen Beamten nach oben, der Mrs. Wilts Kleider, oder was davon noch da war, inspizieren sollte.
»Wenn sie weggefahren ist, hat sie ihren halben Kleiderschrank mitgenommen«, sagte er. »Ich kenne die Frauen. Wenn sie aber gerade zwanzig Tonnen Beton zur Hochstemme bringen muß, dann kommt sie mit dem aus, was sie auf dem Leibe hat.«
Evas Garderobe fand man gut sortiert vor. Selbst Wilt mußte zugeben, daß sie nicht viel mitgenommen hatte.
»Was hatte sie an, als Sie sie zuletzt sahen?«
»Einen zitronengelben Pyjama«, sagte Wilt.
»Einen zitronengelben was?«
»Schlafanzug«, sagte Wilt, womit er die
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