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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Spielraum. Da wir auf äußere Hilfsmittel wie Tests verzichtet haben, hätte ich gedacht, das einzige, worauf Sie sich stützen könnten, war das, was ich zu sagen habe. Es sei denn natürlich, Sie deuteten die Beulen an meinem Kopf. Ist das nicht ein bißchen altmodisch?«
    »Mr. Wilt«, sagte Dr. Pittman, »die Tatsache, daß Sie eindeutig eine sadistische Ader und Ihre Freude daran haben, mit dem Finger auf die Schwächen anderer Leute zu zeigen, veranlaßt mich keineswegs zu dem Schluß, daß Sie zu einem Mord fähig seien ...» »Sehr nett von Ihnen«, sagte Wilt, »obwohl ich, offen gestanden, gedacht hätte, jeder sei fähig zu morden, immer die richtigen, oder, um genau zu sein, die falschen Umstände vorausgesetzt.«
    Dr. Pittman erstickte die Regung, ihm zu sagen, wie recht er habe. Statt dessen entblößte er seine Kaninchenzähne zu einem Lächeln. »Würden Sie sagen, Sie seien ein Verstandesmensch, Henry?« fragte er.
    Wilt runzelte die Stirn. »Bleiben Sie ruhig bei Mr. Wilt, wenn's Ihnen nichts ausmacht-. Das mag ja keine bezahlte Konsultation sein, aber ich hab's doch gern etwas förmlicher.«
    Dr. Pittmans Lächeln verschwand. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
    »Nein, ich würde nicht sagen, daß ich ein Verstandesmensch bin«, sagte Wilt.
    »Ein Gefühlsmensch vielleicht?«
    »Weder ganz das eine noch das andere. Halt ein Mensch.«
    »Und ein Mensch ist weder ganz das eine noch das andere?«
    »Dr. Pittman, das ist Ihr Fach, nicht meins, aber meiner Meinung nach ist der Mensch imstande, innerhalb streng rationaler Grenzen zu denken, nicht aber zu handeln. Der Mensch ist ein Tier, ein fortentwickeltes Tier, aber wenn man es sich recht überlegt, sind alle Tiere fortentwickelt, falls wir Darwin glauben dürfen. Sagen wir doch einfach, der Mensch ist ein gezähmtes Tier mit Teilen von Wildheit...» »Und was für ein Tier sind Sie, Mr. Wilt?« sagte Dr. Pitt-man. »Ein zahmes oder ein wildes?«
    »Geht das schon wieder los. Diese fabelhaft simplen Zweierkategorien, denen der Geist von heute geradezu zwanghaft gehorcht. Entweder - Oder - Baby Kierkegaard, wie das Miststück Sally Pringsheim sagen würde. Nein, ich bin nicht vollkommen zahm, fragen Sie meine Frau. Sie sagt Ihnen ihre Meinung darüber.«
    »Inwiefern sind Sie nicht zahm?«
    »Ich furze im Bett, Dr. Pittman. Mir macht es Spaß, im Bett zu furzen. Das ist der Trompetenruf des Menschenaffen in mir, der seinen territorialen Imperativ auf die ihm einzig mögliche Weise behauptet.«
    »Die ihm einzig mögliche Weise?«
    »Sie kennen Eva nicht«, sagte Wilt. »Wenn Sie sie kennenlernen, werden Sie sehen, daß das Behaupten ihre starke Seite ist, nicht meine.«
    »Sie fühlen sich von Mrs. Will beherrscht?«
    »Ich werde von Mrs. Will beherrscht.«
    »Sie tyrannisiert Sie? Sie maßt sich die herrschende Rolle
    an?«
    »Eva ist, Dr. Pittman. Sie braucht sich nichts anzumaßen. Sie ist, und aus.«
    »Ist was?«
    »Ja, da liegt der Hund begraben«, sagte Will. »Was haben wir heute? Man verliert hier ja das ganze Zeitgefühl.«
    »Donnerstag.«
    »Aha, wenn wir heute Donnerstag haben, dann ist sie Bernard Leach.« - »Bernhard Leach?«
    »Der Töpfer, Dr. Pittman, der berühmte Töpfer«, sagte Wilt. »Morgen ist sie Margot Fonteyn, und sonnabends spielen wir mit Mottrams Bridge, da ist sie immer Omar Sharif, am Sonntag ist sie Elisabeth Taylor oder Sophia Loren, das hängt davon ab, was die illustrierte Zeitungsbeilage für mich bereithält, und am Nachmittag fahren wir mit dem Auto ein bißchen spazieren, da ist sie Eva Wilt. Das ist aber auch ungefähr das einzige Mal in der Woche, wo ich Eva Wilt als Eva Wilt begegne, und das auch bloß, weil ich fahre und sie nichts anderes zu tun hat, als still dazusitzen und an mir rumzumä-keln.«
    »Ich fange an, mir ein Bild zu machen«, sagte Dr. Pittman. »Mrs. Wilt war ... äh ... ist dem Rollenspiel verhaftet. Das ließ eine unstete Beziehung entstehen, in der Sie die charakteristische Führungsrolle des Ehemannes nicht ausüben konnten . . .«
    »Dr. Pittman«, sagte Wilt, »ein Kreisel mag sich, nein, muß sich drehen, aber während er sich dreht, erreicht er eine Beständigkeit, die im Grunde unvergleichlich ist. Wenn Sie nun das Prinzip des Kreisels erkennen, dann verstehen Sie vielleicht auch langsam, warum es unserer Ehe nicht an Beständigkeit fehlt. Es ist vielleicht verdammt unerfreulich, wenn Sie zu einer gewaltigen Schwungkraft nach Hause kommen, aber unbeständig ist das kein

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