Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
gekommen?«
»Nein.«
»Aber David ist doch ein ziemlich jähzorniger Typ, oder?«, fragte Rebus unbeirrt.
»Nicht mehr als jeder andere auch.«
Rebus war mit wenigen Schritten neben Winfield am Tisch-Er beugte sich vor, stand dem jungen Mann im Licht. »Habe Sie je erlebt, wie er ausgerastet ist?«
»Nein, kann ich nicht sagen.«
»Nein?«
Siobhan räusperte sich, um Rebus zu signalisieren, dass er sich verrannt hatte. »Albert«, sagte sie mit einschmeichelnder Stimme, »haben Sie gewusst, dass Flip Rätselspiele am Computer spielt?«
»Nein«, sagte er und schien überrascht.
»Und Sie selbst, spielen Sie manchmal solche Spiele?«
»Also, im ersten Jahr an der Uni habe ich Doom gespielt... und manchmal im Studentenclub geflippert.«
»Am Computer?«
»Nein, an einem Flipperautomaten.«
»Philippa hat per E-Mail an einem Rätselspiel teilgenommen.« Siobhan entfaltete ein Blatt Papier und schob es über den Tisch. »Sagen Ihnen diese Rätselaufgaben etwas?«
Er las mit gerunzelter Stirn und atmete dann hörbar aus. »Absolut gar nichts.«
»Sie studieren doch Medizin, nicht wahr?«, schaltete sich Rebus wieder ein.
»Ja, richtig, im dritten Jahr.«
»Ist bestimmt viel Arbeit, was?«, sagte Siobhan und zog das Blatt Papier wieder zu sich herüber.
»Das können Sie mir glauben«, sagte Winfield lachend.
»Glauben wir gerne«, sagte Rebus. »Wir haben beruflich ja ständig mit Ärzten zu tun.« Obwohl es auch bei uns Leute gibt, hätte er noch anfügen können, die den Umgang mit Medizinern tunlichst meiden...
»Dann wissen Sie natürlich, was es mit der Halsschlagader auf sich hat«, sagte Siobhan.
»Ich weiß, wo sie sich befindet«, entgegnete Winfield und sah sie erstaunt an.
»Und was sie bewirkt?«
»Sie befindet sich seitlich im Hals. Eigentlich gibt es sogar zwei davon.«
»Und sie versorgt das Gehirn mit Blut«, sagte Siobhan.
»Ich hab extra im Lexikon nachgeschaut«, sagte Rebus. »Der medizinische Name der Ader - Arteria carotis - leitet sich aus dem Griechischen her und bedeutet Schlaf. Wisse Sie warum?«
»Weil eine Abschnürung der Arteria carotis augenblicklich zur Bewusstlosigkeit führt.«
Rebus nickte. »Ganz recht, zu einer tiefen Bewusstlosigkeit Und wenn die Blutzufuhr längere Zeit unterbrochen ist?«
»Oh Gott, ist sie daran gestorben?«
Siobhan schüttelte den Kopf. »Wir glauben, dass der Täter sie zunächst bewusstlos gemacht und dann erwürgt hat.«
Es folgte ein langes Schweigen, und Winfield blickte immer wieder unruhig von einem zum anderen. Dann stand er halb von seinem Stuhl auf und hielt sich an der Tischkante fest.
»Um Himmels willen, Sie glauben doch nicht etwa...? Oh, mein Gott: Sie meinen, dass ich das gewesen bin?«
»Setzen Sie sich«, fuhr Rebus ihn an. In Wahrheit hatte Winfield sich kaum erhoben. Seine Knie schienen ihm den Dienst zu versagen.
»Wir wissen doch, dass Sie es nicht gewesen sind«, sagte Siobhan bestimmt. Der Student ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen und wäre fast nach hinten umgekippt.
»Wir wissen, dass Sie es nicht gewesen sind, weil Sie ein Alibi haben: Sie waren doch an dem Abend mit den anderen in dem Lokal und haben auf Flip gewartet.«
»Das stimmt«, sagte er, »das stimmt.«
»Dann haben Sie ja nichts zu befürchten«, sagte Rebus und trat ein wenig vom Tisch zurück. »Es sei denn, Sie verschweigen uns etwas.«
»Nein, ich... also ich...«
»Gibt es in Ihrem Freundeskreis sonst noch jemanden, der sich für Spiele interessiert, Albert?«, fragte Siobhan.
»Nein, niemand. Also, Rist hat ein paar Computerspiele ›Tomb Raider‹ und so was. Aber das hat doch jeder.«
»Wahrscheinlich«, räumte Siobhan ein. »Und studiert aus ihrem Kreis sonst noch jemand Medizin?«
Winfield schüttelte den Kopf, aber Siobhan sah, dass ihm etwas eingefallen war. »Es gibt da eine Claire«, sagte er. »Claire Benzie. Ich bin ihr nur ein- oder zweimal auf Partys begegnet, aber sie war mit Flip befreundet, schon seit der Schule, glaube ich.« »Und sie studiert Medizin?«
»Ja.«
»Aber Sie kennen sie nicht richtig?«
»Sie ist erst im zweiten Jahr und hat einen anderen Schwerpunkt als ich. Ach ja, stimmt...« Er sah zuerst Siobhan und dann Rebus an. »Sie möchte ausgerechnet Pathologin werden...« »Ja, ich kenne Claire«, sagte Dr. Gurt und geleitete die beiden durch einen der Korridore. Sie befanden sich in einem Gebäude der Medizinischen Fakultät auf der Rückseite der McEwan Hall. Rebus war schon öfter hier
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