Purgatorio
zu machen versuchen.
Ihre Kolumne ist übersetzt und von unseren Gesandtschaften an die ausländischen Zeitungen verschickt worden, sagte der Marinemann. Wir haben ein Vermögen eingesetzt, damit sie publiziert wird. Die meisten haben sie abgelehnt und wollen sie nicht einmal im Werbeteil abdrucken.
Dupuy berührte der Kommentar unangenehm.
Das ist nicht Ihre Schuld, Doktor, mischte sich der Aal ein. Ein paar Extremisten sind geflohen und geben Erklärungen ab, die uns schaden. Sie reisen in der Welt herum und diffamieren uns. Sie sind unermüdlich. Sogar die Londoner BBC hat einen Dokumentarfilm voller Verleumdungen ausgestrahlt. Wir werden einen Prozess gegen sie anstrengen, aber wer weiß, ob es gut für uns ist, ihnen noch mehr Seil zu geben, an dem sie uns weiter aufhängen können.
Die Hände in den Schoß zu legen wäre noch schlechter. Wie kann ich Ihnen helfen, meine Herren?, fragte Dupuy. Sie kennen die Strategien der Spionageabwehr besser als ich.
Die Subversiven können wir nicht nach dem Handbuch rausschmeißen, sagte der Marinemann. Da ist Phantasie gefragt, ich wiederhole es. Darum haben wir Sie geholt. Was kommt Ihnen in den Sinn?
In diesem Augenblick nichts. Ich werde sorgfältig über eine rasche, effiziente Lösung nachdenken. Etwas, was allen den Mund stopft, die uns angreifen.
Ein Blitz, der die Bekehrten erleuchtet. Ein zweiter Stern von Bethlehem, sagte der Aal.
Ein Aufblitzen, das schon, aber ein anhaltendes, korrigierte ihn Dupuy. Etwas, was seine Spuren in der Geschichte hinterlässt. In hundert Jahren wird man eine verschwommene Erinnerung an uns haben. Für einige der künftigen Argentinier werden wir Helden sein, für andere nicht. Aber wenn sie die Werke anschauen, die wir hinterlassen haben, werden sie unser mit Bewunderung gedenken, wie man in Florenz der Borgia, in Frankreich Napoleons gedenkt. Dagegen wird von den antiargentinischen Kampagnen nicht einmal mehr die Asche übrig bleiben. Von jetzt an werden wir sie mit etwas widerlegen, was von ewiger Dauer ist. Ein Denkmal, aber nicht aus Marmor. Ein unzerstörbares Denkmal. Sie entschuldigen mich, meine Herren. Ich muss nachdenken.
Er schlief die ganze Nacht nicht. Das Bild des Aals mit Hitlers Schnäuzchen und Strähne lauerte ihm auf wie eine hungrige Katze. Er ließ Hitlers Reden Revue passieren, als dieser die Welt mitriss, vor dem Krieg, und fragte sich, welches wohl die Vermächtnisse seiner Unsterblichkeit gewesen wären, wenn ihm die Geschichte nicht eine Niederlage beigebracht hätte. Er sah die Modelle des olympischen Berlin, die ihm der Architekt Speer zu einem seiner Geburtstage geschenkt hatte. Er sah die eindrucksvollen Szenen, mit denen Leni Riefenstahls klassische Dokumentarfilme begannen, und spürte, dass da der Schlüssel lag. Die für die WM mehr oder weniger bereiten Autobahnen und Stadien waren gleichwertig mit Speers Modellen. Was zur Vervollständigung des Bildes noch fehlte, war ein Film wie diejenigen von Riefenstahl, ein unvergängliches Kunstwerk, das zum Ruhme Argentiniens um die Welt ging und sämtliche Preise von Cannes, Venedig und der Akademie von Hollywood einheimste. Er brauchte eine große Ouvertüre und einen großen Ausführenden. Unauslöschliche Bilder wie die, mit denen
Die Götter des Stadions
begann, gingen ihm durch den Kopf, mit den noch erhaltenen Ruinen der griechischen Erhabenheit und den Tausenden Luftballons und Tauben, die in den Abendwind aufstiegen, während ein von der Vorsehung geschicktes Flugzeug den Himmel durchschnitt, so wie das Flugzeug des Führers in
Triumph des Willens
auf Nürnberg niederging. Dummerweise besaß der Aal nicht des Führers Majestät, er war hager, barsch, und wenn er den Mund auftat, wirkte er wie ein ordinärer Kasernensergeant. Das würde er später lösen: mit Doubles, Aufnahmen aus der Ferne. Jetzt musste er einen Regisseur finden, der zu einer identischen epischen Großtat wie die Riefenstahl fähig war, jemand, der schon berühmt und angesehen war.
Orson Welles hatte er in der Stierkampfarena von Toledo kennengelernt. Er hatte nur eine vage Vorstellung dessen, was Welles gemacht hatte, wusste aber, dass sein erster Film,
Citizen Kane,
unter den Spezialisten als bester Streifen der Filmgeschichte galt. Das genügte ihm. Er brauchte
Citizen Kane
gar nicht zu sehen, er brauchte bloß einige Angaben zur Person. Welles war ein Wunderkind gewesen, mit dreißig hatte er Rita Hayworth geheiratet. Er war kein arroganter Mensch, die Misserfolge
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