Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
Miguel, der portugiesische Katholik, ebenso denken? Auch von ihrem Elternhaus wollte sie ihm endlich erzählen und im Gegenzug hören, was er über seine Kindheit zu berichten hatte. Es gab so viel zu bedenken!
Aber das, worüber sie am meisten nachdachte, das Wichtigste, war die Frage: Was genau würde im Ehebett geschehen?
Bald wäre Miguel kein Gast mehr, der die Nächte auf seinem Schiff verbrachte. Er würde hier mit ihr im Haus leben, in einem gemeinsamen Bett mit ihr schlafen … Erst seitdem Miguel abgereist war, gestattete sich Mirijam hin und wieder einen Gedanken daran. Wenn sie an diese Nächte dachte, spürte sie stets ein beunruhigendes Kribbeln im Bauch. Wenn sie dann aber an seine Stärke, an seine Hände und vor allem an seine Küsse dachte, konnte sie das Herzklopfen kaum aushalten.
Gleichzeitig aber war da diese Sorge. Würde sie noch einmal so etwas über sich ergehen lassen müssen wie damals im Kerker?
Am liebsten wäre es ihr gewesen, wenn er sie auch weiterhin immer nur im Arm halten und küssen würde …
Mirijam stapfte hinter Aisha in ihren wehenden Gewändern her. Beide galten sie in Mogador als Heilerinnen, als Kräuterkundige, zu denen die Menschen in der Hoffnung auf Genesung kamen. Besonders Frauen, Sklaven und einfache Bauern gingen zu Aisha. Hinter vorgehaltener Hand munkelte man gelegentlich von afrikanischen Riten, die in der einsam gelegenen Hütte abgehalten wurden, von Geisterbeschwörungen und allerlei Hexenbräuchen, aber Mirijam scherte sich nicht um solches Gerede. Von jeher gaben die Frauen in Aishahs Familie ihr Wissen an die nächste Generation weiter, und daran hatte sich auch nichts geändert, als ihre Vorfahren als Sklaven hierherverschleppt worden waren. Aisha war bereits die vierte Heilerin in Folge, die die alten Bräuche aus ihrer schwarzen Heimat am Leben erhielt und manche Mixtur kannte, von der Mirijam noch nie gehört hatte. Vor allem aber erzählte man sich viel Gutes über ihre Heilerfolge bei Frauenleiden, und davon, dass sie alles über die Geheimnisse zwischen Männern und Frauen wusste. Deshalb war sie heute hier.
Aisha schritt voraus, eingehüllt in einen undefinierbaren Duft von Vanille und etwas Scharfem. Sie suchten Pflanzen, die bestimmte Heilkräfte entwickelten. Ebenso wie Mirijam stellte Aisha daraus unterschiedliche Salben und Tees her.
Heute war Aisha ungewöhnlich schweigsam. Bereits seit einer Stunde stolperte Mirijam nun schon über Kiesel und scharfkantige Steine, und allmählich fragte sie sich, ob sie nicht lieber umkehren sollte, um etwas Nützliches zu tun.
Im Schatten einer einzelnen Palmengruppe hielt Aisha schließlich inne, stellte den Korb ab und setzte sich in den angewehten weichen Sand. Sie saß mit geradem Rücken und durchgestreckten Beinen und klopfte auf den Boden neben sich. Folgsam ließ sich Mirijam an ihrer Seite nieder.
» Du wirst also bald heiraten«, stellte Aisha fest. » Dein Bräutigam ist Seemann, daher dürfte er einigermaßen erfahren sein.«
» Wovon sprichst du?«
» Vom ehelichen Beilager. Deshalb bist du doch zu mir gekommen, nicht wahr? Ich werde dir das eine oder andere darüber erzählen, damit du nicht erschrickst, wenn dein Mann zu dir kommt. Zuvor muss ich allerdings wissen: Wie bist du beschnitten?«
Mirijam sah verblüfft auf. » Beschnitten?«, stotterte sie. » Hast du vergessen, dass ich eine Frau bin?«
» Aha«, murmelte Aisha. » Dann hat man dir diese Ehre nicht erwiesen und dich unrein gelassen. Nun, du kannst Allah preisen und froh sein, dass dich ein Ungläubiger heiraten wird, den Barbaren ist dergleichen nicht wichtig. Hätte man dich in der Tradition meines Volkes beschnitten, so wärst du eng vernäht. Du würdest deinen Mann unter Blut und Tränen empfangen, und man müsste dich erst mit einem Messer öffnen, bevor du überhaupt ein Kind gebären könntest. Was verwendest du, um das Monatsblut aufzufangen? Tücher? Oder Schwämme, wie ich es dir seinerzeit empfohlen hatte?«
Mirijam hatte nur die Hälfte von dem verstanden, was Aisha gesagt hatte. » Schwämme«, antwortete sie endlich leise.
Währenddessen hatte die Kräuterfrau den Sand zwischen ihren Beinen glatt gestrichen und mit der flachen Hand fest geklopft. Nun zeichnete sie mit einem Stöckchen Figuren in den Sand.
Mit hochrotem Gesicht erkannte Mirijam, was Aisha da gezeichnet hatte: einen Mann mit aufgerichtetem Glied und eine liegende Frau mit gespreizten Beinen, so dass ihre geheimste Öffnung offen zutage
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