Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
lästige Fliege verscheucht.«
Miguel stand in den Räumen über der kleinen Hafenkneipe zwischen Cornelisz’ Sachen und konnte sich keinen Reim auf die Worte des Wirts machen. Außerdem hatte er von dessen ausweichenden Erklärungen und der übertriebenen Pantomime allmählich genug. Er packte den Mann vorne am Kittel und zog ihn zu sich heran. Dabei zwang er ihn in die Höhe, so dass der Wirt sich schließlich auf die Zehenspitzen stellen musste. » Nun noch mal von vorne, mein Freund, und diesmal bitte ich mir die Wahrheit aus, die ganze Wahrheit! Gnade dir Gott, wenn du mich anlügst oder etwas verschweigst!«
Der Kapitän schüttelte den verängstigten Mann kräftig, bevor er ihn wieder losließ. » Also, bis jetzt habe ich Folgendes verstanden: Mestre Cornelisz hatte Geld, sagtest du, und damit hat er die Miete für zwei Monate im Voraus bezahlt. Richtig?«
» Jawohl«, nickte der Wirt. » Und er hat außerdem all diese Dinge, die Ihr hier seht, gekauft. Ich habe nichts davon angerührt, Capitão, alles ist noch genau so, wie er es hinterlassen hat.«
Miguel warf einen Blick auf die Arbeitsmaterialien, die aufgereiht auf dem Tisch in der Kammer standen. Pinsel verschiedener Größe, diverse Krüge, Beutel und hölzerne Kistchen mit seltsamen Pulvern und farbigen Erden lagen dort. Eine auf einem Holzrahmen aufgespannte, grundierte Leinwand, lehnte an der Wand, und auf dem Tisch befand sich eine Mappe mit Skizzen und Zeichnungen, einige davon offenkundig Vorlagen für Porträts. Auch eine flüchtige Zeichnung von Dom Francisco befand sich darunter, wie Miguel erkannte, am Rande bereits mit Farbproben und Anmerkungen versehen. Allem Anschein nach hatte sich Cornelisz tatsächlich auf ein neues Bild vorbereitet.
Die Räume wirkten, als sei ihr Bewohner lediglich für einen Moment vor die Tür getreten. Nur die dicke Staubschicht auf den Gerätschaften sowie der Sand, der sich seinen Weg durch die Ritzen von Fenster und Tür gesucht hatte, verrieten, dass hier schon länger niemand mehr zugange gewesen war.
» Und wie nun weiter?«, fragte Miguel. » Bei wem hast du dich nach meinem Freund erkundigt? Wer ist das, der einem einfachen Schankwirt nicht alles mitteilt, was er wissen will?«
Der Wirt rang die Hände und wusste offensichtlich nicht, wie er sich verhalten sollte. Immer wieder sah er kurz zu Miguel hin, als wolle er dessen Stimmung abwägen, senkte dann jedoch schnell wieder seinen Blick. Schließlich fasste er einen Entschluss.
» Nun ja, wie soll ich sagen? Ich bitte im Voraus um Vergebung, Senhor Capitão Alvaréz, als Portugiese könntet Ihr mich möglicherweise missverstehen. Aber so ist es nicht gemeint. Ich will sagen, Ihr seid sicher ein vernünftiger Mann. Und ich kenne Euer Schiff. Ein gutes Schiff, ein sehr gutes sogar. Jeder hier weiß, Ihr seid ein gerechter Kapitän, also, ich meine …«
» Schluss mit der Vorrede, rück endlich mit der Sprache raus. Und keine Sorge, weil ich Portugiese bin.«
Das war offenbar das Stichwort für den Tavernenbesitzer, denn nun brach es aus ihm heraus. » Zu den Soldaten haben sie ihn gepresst! Hier, aus meinem Haus haben sie ihn entführt. Ich schwöre es beim Propheten Mohammed, ein Trupp portugiesischer Werber kam herein und hat ihn hier im Patio erwischt, gefesselt und aus dem Haus verschleppt! Und dabei haben die Kerle wie wild gewütet und mir die gesamte Wirtsstube zerschlagen. Alles haben sie kurz und klein gehauen, Tische und Stühle, Teller und Krüge, einfach alles. Aber als ich mich beschweren wollte und einen Ausgleich für den Schaden gefordert habe, war niemand zuständig! Versteht Ihr? Keiner, der mir meinen Schaden ersetzt hätte, keiner! Eine Schande ist das, sage ich Euch, eine himmelschreiende Schande. Allah, sein Name sei gelobt, wird die Übeltäter strafen! Was aber den Maler angeht«, kam der Wirt nach einem Blick auf Miguels Miene eilig auf den Kern zurück, » also den haben sie mitgenommen und zusammen mit weiteren armen Hunden in den Kerker geworfen.«
Er trat einen Schritt näher. » Unsereiner weiß natürlich, wie es dort zugeht: Die gepressten Soldaten werden so lange ausgepeitscht, bis sie schließlich zustimmen, für Portugal zu dienen. Schlimme Sache, so etwas.« Er brach ab und schien zu überlegen, wie viel er dem portugiesischen Kapitän wohl noch zumuten konnte.
Miguel zwang sich zur Geduld.
» Mittlerweile, Senhor, gibt es sogar weitere schlechte Nachrichten aus der Festung«, fuhr der Mann schließlich
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