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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Anklage ausreichen. Das war derart ruchlos, dass ihn dafür sämtliche Kaufleute Antwerpens steinigen sollten. Dieses Verbrechens würde man den Kerl auf jeden Fall überführen können, schließlich befanden sich die falschen Münzen mitsamt dem Prägestock dazu in Mederns Gewand. Doch genau dies war zugleich der Haken an der Sache.
    Er selbst hatte nichts in der Hand, kein einziges ordentliches Beweisstück. Außerdem hatte er dem Schreiber noch nichts davon berichtet, worin sein eigenes Interesse eigentlich genau bestand. Medern war in Miguels Unterlagen auf Mirijams Namen gestoßen. Wie er ihm daraufhin erklärt hatte, waren die Verluste, die der Überfall der Piraten über das Handelshaus gebracht hatte, in den Büchern verzeichnet, und zwar am gleichen Tag, an dem man Andrees van de Meulen zur letzten Ruhe trug. Außerdem gab es die Nachricht über den Tod der beiden Erbinnen. Ohne Joost Mederns Hilfe aber konnte er seinen Feldzug vergessen.
    Derzeit dachte Medern allerdings trotz seines Abscheus wieder mehr an die Sicherheit seiner Familie als daran, seinen Herrn anzuklagen. Wie also konnte Miguel den Mann dazu bringen, ihm die falschen Münzen zu überlassen? Oder sollte er an seine Gesetzestreue appellieren und ihn einweihen, ihm gar Mirijams Geschichte erzählen? Was aber, wenn er trotzdem loyal zu dem Advocaten stand?
    Der Kontorist hatte ihm seine Hilfe bei allem Schriftkram zugesichert, und falls es Schwierigkeiten mit den hiesigen Amtsleuten geben sollte. Er würde ihn jeden Tag besuchen, hatte der kleine Mann voll Eifer gemeint, und nach dem Rechten schauen. Vielleicht konnte man hier ansetzen und ein wenig nachhelfen, zum Beispiel mit einem Angebot, das Medern nicht ausschlagen konnte? Medern war eindeutig ein Glücksfall und bedeutend mehr wert als jeder andere Kontorschreiber, wie gut immer der sein Metier auch beherrschen mochte. Was wäre, wenn er ihm eine sichere Stellung in Santa Cruz oder Mogador antrug?
    Sofort erwärmte sich Miguel für diesen Gedanken, einen wahrhaft genialen Einfall. Die Vorteile für beide Seiten lagen auf der Hand: Medern könnte seine sowie Mirijams Schreibarbeiten übernehmen und im Gegenzug ein würdiges, ruhiges Leben mitsamt seiner Familie in einem eigenen Hause führen. Damit hätte nicht nur er, Miguel, den gesamten Kontorkram vom Hals, auch Mirijam konnte sich zukünftig mehr ihm und dem Kind widmen. Medern hingegen hätte sein gutes Auskommen. Gold, Anerkennung und Sicherheit, das musste ihn doch locken, nachdem er von seinem bisherigen Herrn nur mit Füßen getreten wurde?
    Sobald Miguel an den Advocaten dachte, juckte es ihn bereits in den Fäusten. Er jedenfalls hätte keine Skrupel, sich an einem wie ihm die Hände schmutzig zu machen, im Gegenteil. Es dürstete ihn geradezu danach, seine Finger um den Hals des Verbrechers zu legen und zuzudrücken.
    Wie erst würde er vor Mirijam dastehen, was für ein Glanz würde über ihr Antlitz gehen, welch ein Strahlen, wenn er ihr nach vollbrachter Tat ihren Erbteil zu Füßen legen konnte! Sie schenkte ihm den Sohn, und er gab ihr Vergangenheit und Erbe zurück. Er sah die Szene schon vor sich, sie mit dem Kind im Arm und er mit wohlgefüllten Truhen, die er ihr überbrachte … Rasch wischte er sich den verräterischen Schimmer aus den Augen.
    Gegen Mittag erschien Joost Medern an Deck. Er trug einen reinen Kittel aus Miguels Kleiderkiste und darüber sein eigenes Wams, das er so gut es ging mit Nadel und Faden in Ordnung gebracht hatte. Während der Schreiber erwartungsvoll seiner Heimatstadt entgegenschaute, vergewisserte sich Miguel, dass der Saum des schmuddeligen Gewandes, wo Medern offenbar die Münzen eingenäht hatte, nach wie vor prall gefüllt wirkte.
    Obwohl es ein wenig schaukelte, hielt Medern diesmal an Deck aus, und als die Santa Anna im Antwerpener Hafen anlegte, erklangen die Kirchenglocken in der Stadt.
    » Horcht!«, forderte der Schreiber, und ein Lächeln erhellte sein blasses Gesicht. » Hört Ihr das Betzeitläuten vom Turm der Kathedrale, Kapitän? Nirgends auf der Welt klingt es so wundervoll! Ich heiße Euch willkommen in meiner Stadt! Und ich sage Euch von Herzen Dank, dass Ihr es mir ermöglicht habt, diese heiligen Glocken wieder zu hören. Niemals werde ich Euch genug danken können. Ich stehe tief in Eurer Schuld!«
    » Lasst es gut sein, Meister Joost. Vergesst nicht, ich benötige vielleicht schon bald Eure Hilfe. Ihr wisst schon, bei etlichen Kaufleuten, Gildemeistern und so weiter.

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