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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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nämlich so: Als ich damals meine Arbeit für das Haus van de Meulen, das heißt für den Advocaten Cohn aufnahm, gab es niemanden, den ich hätte fragen können, weder einen Schreiber noch Kaufmannsgehilfen oder auch nur einen Lehrburschen. Haus, Warenlager und auch das Kontor waren vollkommen leer. Im Kontor gab es nichts als einen alten Ofen, einige verstaubte Regale und mein Schreibpult. Die Räume des Hauses waren unbenutzt bis auf zwei Zimmer im unteren Stockwerk. Dort lebte der Herr, allein, wohlgemerkt, und ließ sich vom benachbarten Wirtshaus versorgen. Unheimlich, nicht wahr? Könnt Ihr Euch das vorstellen?« Der Antwerpener schüttelte sich. » Das große, herrschaftliche Haus – vollkommen leer. Und still, zum Fürchten still, sage ich Euch, so still, dass ich manchmal sogar die Mäuse herumlaufen hörte. Nun ja«, Medern zuckte mit den Schultern, » das ist seine Sache, dachte ich. Aber, und das war nun wieder meine ureigenste Sache, seltsamerweise gab es nirgendwo Listen oder Bücher, versteht Ihr? Keine Geschäftsbücher, die ich hätte weiterführen können, nichts, nirgendwo! Zudem war der Herr noch am Tag meines Arbeitsantritts plötzlich weggerufen worden, wohin, das wusste ich nicht. Ich hatte also vor mir auf dem Pult einen ansehnlichen Stapel von Aufträgen, Zahlungsanweisungen und Wechseln, von Lieferscheinen und Kaufverträgen, alles hübsch durcheinander, natürlich, aber kein Buch, noch nicht einmal lose Blätter oder ein Heft, in das ich die entsprechenden Angaben ordentlich hätte eintragen können.«
    Merkwürdig, staunte Miguel, noch im Nachhinein schien sich Medern über eine Bagatelle wie diese erregen zu können. Ihn hingegen langweilte das Gespräch über kleinliche Schreibernöte bereits ein wenig. Um den Mann jedoch nicht vor den Kopf zu stoßen meinte er: » Was Ihr nicht sagt! Und wie habt Ihr Euch in dieser misslichen Lage beholfen?«
    » Gesucht habe ich«, entgegnete der Kontorist. » Im gesamten Haus, vom Keller bis zum Dachboden, habe ich nach den Geschäftsbüchern gesucht. Sie mussten ja irgendwo stecken, nicht? Leider konnte ich nichts finden. Der Herr war wohl noch nicht dazu gekommen, neue Bücher anzuschaffen, dachte ich. Aber wenigstens die älteren müssten sich doch irgendwo auftreiben lassen, versteht Ihr?«
    » Ehrlich gesagt, nicht so ganz.« Miguel zuckte hilflos mit den Schultern. » Wie hätten Euch denn alte Kontorbücher weiterhelfen sollen?«
    » Nun, Kapitän, wie Ihr selbst wissen dürftet, beginnt man jedes Geschäftsjahr mit einem neuen Buch. So ist es schließlich, wie jedermann weiß, allgemeiner Geschäftsbrauch«, erklärte der Schreiber geduldig. » Und natürlich verbleiben deshalb am Ende des Jahres oftmals eine Menge leerer Seiten im Buch.«
    Ja und?, dachte Miguel.
    » Versteht doch, ich wollte feststellen, nach welchem System in diesem Hause gearbeitet wird, was es über den Umgang mit Zins und Wechsel oder über die Schuldnerkontrolle zu wissen gibt, und so weiter. Außerdem hätte ich mit Hilfe der leeren, letzten Seiten aus einem alten Buch doch wenigstens schon mal ein wenig Ordnung in diese Zettelwirtschaft bringen können, versteht Ihr? Später, wenn mein Herr dann von seiner Reise zurückkam, würde ich ihm das Problem in aller Ruhe schildern, und er könnte mir neue Bücher besorgen.«
    » Aber dann hättet Ihr doch alles noch einmal schreiben müssen. Ich meine, alles von dem alten in ein neues Buch übertragen. Doppelte Arbeit sozusagen.« Miguel stand angesichts dieser für ihn furchterregenden Möglichkeit der Schreck deutlich ins Gesicht geschrieben.
    » Gewiss, das schon. Aber seht, Kapitän, saubere und geordnete Listen zu übertragen ist ein Kinderspiel im Vergleich zu einem derartig wüsten Durcheinander, wie ich es vorgefunden hatte, nicht wahr? Das kennt Ihr doch sicher auch.« Ein feines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    Miguel strich unsicher über seinen Bart.
    » Wie dem auch sei«, fuhr der Kontorist, der nun richtig in Schwung gekommen war, fort, » ich sagte ja bereits, dass ich sehr findig bin, wie Ihr Euch gewiss erinnert, sogar im wörtlichen Sinne. Ich habe also weitergesucht. Doch erst im Garten, unter einem Haufen von Laub und dürrem Erbsenstroh, dass man wohl zum Verbrennen dort aufgehäuft hatte, wurde ich schließlich fündig.« Joost Medern richtete sich auf seinem Lager auf, er loderte vor Empörung. » Stellt Euch vor, Kapitän, unter Erbsenstroh! Zum Verbrennen!«
    Neugierig ist dieser

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