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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Sand unter dem Feuer und klopfte die Asche ab, und einer der Männer führte ihre vier Maultiere heran. Sie trugen tatsächlich noch ihre fest verschnürten Packtaschen. Die kleine Azîza, die sie geweckt hatte, sprach am Feuer mit ihrem Bruder. Die beiden lachten. Im Osten wurde der Himmel zartblau, und die Bergkämme färbten sich golden. Die Nacht war zwar frisch gewesen, doch jetzt ahnte man bereits die kommende Hitze. Sollten Yasmîna und sie ebenfalls gleich aufbrechen oder doch lieber die kühlere Nacht abwarten, bevor sie sich erneut auf den Weg machten?
    Unwillkürlich entfuhr Sarah ein Seufzer. Es war schwer, Tag für Tag oder sogar beinahe jede Stunde neue Entschlüsse fassen zu müssen, wenn lediglich das Ziel feststand, man den Weg aber nicht planen konnte. Wie sollte sie wissen, welche Gegenden es zu meiden galt oder wo Gebirge und Flüsse zu überqueren waren? Außerdem hatte sie von der trügerisch festen Oberfläche einiger Salzseen im Norden gehört, deren Kruste einbrach, so dass plötzlich ganze Karawanen verschwanden.
    Ihr Vater hatte ihr das Lesen von Seekarten beigebracht. Wie oft hatte sie die Kompasspunkte der Reihe nach aufzählen müssen, Nordost zu Nord, Nordost zu Ost, Nordnordost … Dort lag Venedig. Er hatte ihr auch die Winde des Mittelmeeres anhand einer wunderschön ausgemalten Darstellung der Windrose erklärt, dazu alles, was es über den Seehandel, die Handelswege und die großen Seehandelsstädte zu wissen gab, aber was nützte ihr das jetzt, hier an Land? Es kam ihr vor, als wisse sie aus Erzählungen alles über die See, hingegen nichts über die Gefahren an Land und die Mühsal der Wege .
    Rasch erhob sie sich. Ihr Vorhaben musste gelingen, alles drängte sie vorwärts, in Marinos Arme. Was sie füreinander empfanden, war einzigartig und rechtfertigte jede Anstrengung, sogar jede Gefahr. Daran wollte sie denken, immer nur daran.
    Am besten wäre es, mit diesen Berbern weiterzureisen, überlegte Sarah, solange sie in die gleiche Richtung zogen. Saïd und seine Männer wirkten vernünftig, sie wussten, was zu tun war. Und Oum Er’Rbiaa und Miknas, die nächsten Ziele ihrer Karawane – hatte sie diese Namen nicht auf einer von Vaters Karten gelesen?
    » Allah möge dir einen guten Tag schenken.« Saïds Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie betrachtete ihn und versuchte erneut, ihn einzuschätzen. Wie gestern trug er seinen Gesichtsschleier, und wie gestern strahlte er auch jetzt Gelassenheit aus. Er reichte ihr einen Becher mit heißem Tee und ließ sich einen Schritt entfernt auf dem Boden nieder.
    Der dampfende Tee weckte Sarahs Lebensgeister. » Ich danke dir für deine Gastfreundschaft«, sagte sie. Gastfreundschaft war der Hauptpfeiler, der das Dach des Zeltes trug, so hatte es ihr Aisha schon vor Jahren beigebracht, und soweit sie wusste, galt dieses Prinzip besonders auf Reisen und in der Wüste. Es konnte also nicht schaden, den jungen Berberführer daran zu erinnern.
    Er erwiderte ihre Worte mit einem Kopfnicken, während er beobachtete, wie seine Männer den Lastkamelen Ballen, Packtaschen und Wassersäcke aufluden und anschließend die Reitkamele, die meharis, sattelten. Dann wandte er sich Sarah zu. » Ihr reist ohne Schutz«, stellte er fest. » Kleine Reisegruppen wie die deine sind wehrlos.«
    Er sprach mit Nachdruck und so, dass sie sich ein wenig an den alten Kontoristen erinnert fühlte. Wenn Medern ihr etwas erklärte, verwendete er ebenfalls Worte, die keine Zweifel zuließen.
    » Das gilt besonders, wenn Frauen allein unterwegs sind. Es ist unklug, auf diese Weise zu reisen.«
    Sarah öffnete bereits den Mund zur Rechtfertigung, als Saïd abwehrend die Hand hob.
    Was fiel ihm ein, ihr das Reden verbieten zu wollen? Sie holte Luft. Doch gerade noch rechtzeitig erinnerte sie sich daran, dass sie nicht nur wegen ihrer Maultiere in seiner Schuld stand, sondern auch mit ihm und seiner Karawane weiterziehen wollte. Also schluckte sie ihren Ärger hinunter, blies über ihren Tee und wartete schweigend.
    Azîza schaute herüber. Sie stand einige Schritte abseits, scheinbar mit ihrem Gepäck beschäftigt, und verdrehte angesichts von Saïds Geste übertrieben die Augen. Unwillkürlich musste Sarah lächeln. Offenbar fühlte sich Azîza von ihrem großen Bruder bevormundet. Sie zwinkerte dem Mädchen zu.
    » Man sagt, Aufständische seien unterwegs«, fuhr Saïd fort, wischte seine Worte jedoch gleich darauf mit einer Handbewegung wieder beiseite. »

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