Purpurdämmern (German Edition)
gerade mit Ruhm bekleckert.«
»Wie meinst du das?«
»Du tust so, als hätte es überhaupt nichts zu bedeuten, und ich soll mich darüber freuen? Was hast du erwartet?«
»Aber es hat nichts …« Sie stockte. »Hast du dich nun gefreut, oder nicht?«
»Ich hätte mich bestimmt gefreut, wenn du mich nicht eine Sekunde später beschimpft hättest, dass ich mich gefälligst nicht so anstellen solle, es sei ja keine große Sache.«
Sie ächzte, hörbar schuldbewusst.
Ein Teil der Anspannung fiel von ihm ab. Er war so erleichtert, dass er sie sofort aufs Haar und dann auf die Schulter küsste. Das war das einzig Gute an seiner Katastrophenfamilie. Er hatte gelernt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Purer Überlebensinstinkt. Nicht gleich loszustürmen und um sich zu schlagen, sondern zuerst herauszufinden, was eigentlich das Problem war.
»Ich dachte, du willst mich nicht«, flüsterte sie.
»Du meinst, weil ich mich ständig zum Trottel mache, um dir zu gefallen?«
Sie trat ihm gegen das Schienbein. Er strich ihr den Rücken herab und kitzelte sie, wo ihr Shirt einen Streifen bloßer Haut über dem Hosenbund entblößte.
»Sag mal, wenn wir jetzt offiziell verlobt sind, also fast verheiratet, gibt’s dann auch eine Hochzeitsnacht?«
Sie trat ihn erneut, dieses Mal heftig.
»Au!«, protestierte er. »Ich frage ja nur.«
Sie löste sich aus der Umarmung und verzog einen Mundwinkel. »So, wie du aussiehst? Vergiss es.«
Ein wenig beleidigt blickte er an sich hinunter. »Den Umständen entsprechend, würde ich sagen. Du siehst auch nicht besser aus, Prinzessin Zerrupfte-Federn-und-Käfer-im-Haar.«
»Käfer im Haar?« Sie tastete sich über die Zöpfe.
Er grinste und trat einen Schritt zurück. »Na los, komm schon. Wir müssen Katzen suchen.«
Das Einsammeln der Purpurkätzchen nahm schnell unüberschaubare Ausmaße an. Die kleinen Staubwedel versteckten sich in den unmöglichsten Ecken und hielten das alles für einen Riesenspaß. Ken hatte aus Draht und einer Wolldecke eine notdürftige Klappe auf den Korb montiert, die er sofort zuband, wann immer er ein Katzenkind gefunden und hineingestopft hatte. Die, die schon drinnen saßen, hackten ihm mit Wonne ihre Krallen in die Finger, sobald er eine Hand hineinsteckte.
Nach gefühlten drei Stunden und unzähligen Striemen auf dem Handrücken stellte Ken den Katzenkorb neben den Kisten ab, die Santino und der Buchstabensammler am Rand des Wäldchens gestapelt hatten. Umo hockte in der Astgabel einer großen Weide und war damit beschäftigt, ein Seil um den oberen Teil des Wipfels zu schlingen. Santino lehnte ein Stück entfernt an der Dachbrüstung und sah irgendwie bedrückt aus. Von unten hallte das Grollen der Devora herauf. Unter der Festung tobte eine solche Kakofonie, dass sie schreien mussten, um einander zu verstehen.
Ken ließ das Buch auf die Brüstung fallen, dass es staubte. Auf diesen Moment hatte er sich die ganze Zeit gefreut, auch wenn seine Euphorie in der Enttäuschung über die Begegnung mit Coinneach untergegangen war. »Sieh mal. Ich habe es gefunden!«
Die Entgeisterung in Santinos Blick war eine köstliche Belohnung. »Das ist
das
Buch?«
Ken nickte.
Der Magier schlug den Deckel auf und blätterte durch die Seiten. »Das Buch mit den Portalblättern? Wann hast du … ich meine, wie hast du das in die Hände gekriegt?«
»Letzte Nacht.«
»Du hast es geholt?« Anerkennung stieg in die dunklen Augen, dann leiser Ärger. »Du hättest dabei draufgehen können. Als dein Lehrmeister sollte ich dich ohrfeigen, weil du leichtfertig dein Leben aufs Spiel gesetzt hast. Wie bist du an den Hunden vorbeigekommen?«
»Ich bin an der Innenseite der Kluft entlanggeklettert. Sie haben mich nicht gesehen.«
Santinos Mundwinkel zuckten.
»Ich musste dort was Dringendes erledigen. Und wo ich schon in der Gegend war, habe ich es gleich mitgebracht.«
Der Magier begann zu lachen.
»Was ist?«
»Du bist verrückt. O Sarrakhan, wir werden viel Spaß miteinander haben.« Er schlug ihm auf die Schulter. »Bevor du das nächste Mal so einen Unfug ausheckst, sagst du mir, was du vorhast. Sonst prügle ich dich durch, dass du drei Tage nicht laufen kannst.«
»Das hast du doch schon.«
»Das bisschen Training?« Sein Lachen verebbte. »Was hattest du da draußen nun eigentlich zu suchen?«
Ken rang mit sich, ob er es ihm sagen sollte. Umo und Marielle wussten es sowieso schon. Nessa auch. Und spätestens, wenn Marielle die Verlobung verkündete,
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