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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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«, ereiferte sich Rosario, »das ist die Wahrheit. Warum sollte ich Sie belügen? Eines Tages war das Grab da, einfach so. Auf einer Tafel standen zwei Buchstaben, darunter zwei Datumsangaben. So wie auf dem Bild in der Zeitung. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Und dann, irgendwann, war die Inschrift verschwunden.«
    »Darum geht es nicht, Rosario. Es muß doch einen Augenzeugen geben, der die Beerdigung gesehen hat.«
    »Bei der heiligen Martha, nein! Die vatikanische Verwaltung hatte an diesem Tag eine Personalversammlung. Sie begann um sechzehn Uhr und endete gegen halb sieben. In dieser Zeit muß es passiert sein. Als ich zurückkam, war es schon dunkel. Aber drüben, beim Bavarese , da brannte noch Licht.«
    »Beim Bavarese ?«
    »So nannten wir den Kapuzinermönch, der dort seinen Dienst tat. Sein Italienisch hatte einen ulkigen Akzent, weil er aus Bayern kam. Deshalb nannten wir ihn den Bayer; eigentlich heißt er Pater Theodorus.«
    »Und der Bayer war nicht bei der Versammlung?« meldete Brodka sich zu Wort.
    »Nein«, erwiderte Rosario, »er gehörte nicht zu uns. Ich meine, zur Verwaltung.«
    Sydow schaute Brodka an. »Wir sollten diesem Mönch aus Bayern einen Besuch abstatten.«
    »Ist längst geschehen und war wenig ergiebig«, sagte Brodka. »Er gab sich sehr verschlossen, um nicht zu sagen abweisend. Jedenfalls behauptete er, von nichts zu wissen. Damals ahnte ich allerdings nicht, daß dieser Mann vermutlich der einzige Augenzeuge des Geschehens war.«
    Sydow hob den Zeigefinger. »Und deshalb sollten wir ihm erneut einen Besuch abstatten.«
    »Das wird nicht möglich sein, Signori!« erklärte Rosario.
    »Warum nicht?«
    »Er ist nicht mehr da. An dem Tag, als die Zeitungen über das geheimnisvolle Grab berichteten, erschien der Kardinalstaatssekretär im Deutschen Kolleg. Signori, seit ich hier bin, hat sich dort niemals ein Kardinalstaatssekretär blicken lassen! Als Smolenski wieder aus dem Gebäude kam, befand sich der Bayer in seiner Begleitung. Vor dem Haus trennten sich ihre Wege. Der Kardinal nahm in einer noblen dunkelblauen Limousine Platz, Padre Theodorus stieg in einen alten Fiat aus den siebziger Jahren. Dann fuhren sie davon.«
    Sydow griff nach dem Telefonbuch, das auf dem Schalter lag. Er machte sich eine Notiz und steckte Rosario ein paar Scheine zu. »Du hast uns sehr geholfen. Bis zum nächstenmal.« Und an Brodka gewandt: »Kommen Sie!«
    Während sie dem Ausgang beim Sant' Ufficio zustrebten, erklärte Sydow: »Wir müssen diesen Pater Theodorus finden! Ist doch klar, warum er hier abgezogen wurde. Man wollte ihn nicht den Fragen der Journalisten aussetzen. Aber daß ausgerechnet Smolenski ihn abholte, macht die Sache interessant. Finden Sie nicht auch?«
    Vor dem Ausgang stiegen sie in ein Taxi.
    »Via Piemonte siebzig«, sagte Sydow.
    Der Fahrer fuhr los.
    Brodka blickte Sydow von der Seite an. »Wollen Sie mir nicht sagen, wohin wir fahren?«
    Sydow runzelte die Stirn. »Habe ich das nicht gesagt?«
    »Nein.«
    »Entschuldigen Sie. Ich bin schon so mit dem Thema beschäftigt, daß ich offenbar nicht mehr klar denke. Der Bayer war ein Kapuzinermönch wie der selige Padre Pio. In Rom gibt es eine Stelle, die sämtliche Aktivitäten aller Kapuzinermönche auf diesem Planeten steuert. Die Generalkurie der Kapuziner in der Via Piemonte .«
    Die Generalkurie des Ordens, ein zweistöckiger, roter Backsteinbau aus den fünfziger Jahren, lag an einer vielbefahrenen Straße. An der Pforte saß hinter einem Glasfenster ein junger Frater. Als Sydow den Wunsch äußerte, mit Padre Theodorus zu sprechen, musterte der junge Mönch die Besucher mit argwöhnischem Blick. Schließlich rang er sich zu einer Erwiderung durch: »Das ist leider nicht möglich. Padre Theodorus befindet sich nicht mehr in der Generalkurie.«
    »Und wo können wir ihn finden?« erkundigte sich Brodka ungeduldig. »Ich muß es wissen. Es geht um eine Familienangelegenheit.«
    Der junge Pförtner blickte teilnahmsvoll und ratlos zugleich; dann griff er zum Telefon. Mit gedämpfter Stimme wechselte er hinter der Glasscheibe ein paar unverständliche Worte mit einem Vorgesetzten; dann trat er an seinen Schalter vor und sagte: »Es tut mir wirklich leid, Signori. Ich bin nicht befugt, Auskunft über den derzeitigen Aufenthalt von Padre Theodorus zu geben. Ich soll Sie bitten, den bei Familienangelegenheiten üblichen Weg zu beschreiten und sich schriftlich an die Generalkurie des Ordens zu wenden.«
    Man merkte

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