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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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abzufinden.«
    »Schon gut«, murmelte Juliette.
    Das gemeinsame Frühstück verlief schweigsam. Brodka war in Gedanken schon bei den Mönchen in San Zaccaria , und Juliette schmollte.
    Pünktlich um neun erschien Andreas von Sydow.
    Juliette begrüßte ihn mit deutlicher Zurückhaltung.
    »Mach dir einen schönen Tag!« sagte Brodka zum Abschied und küßte Juliette auf die Wange. »Du hast ja das Auto.«
    »Wann sehe ich dich wieder?«
    »Kommt darauf an, wie erfolgreich wir sind.« Dann stieg er zu Sydow in den Wagen.
    Er bemerkte nicht, daß Juliette Tränen der Wut und Enttäuschung in den Augen standen.
    Bruno Meinardi hatte noch nie soviel Geld auf einmal besessen. Seit Tagen hatte er die Scheine im Brotkasten aufbewahrt, einem emaillierten Behälter, und mehrmals am Tag nachgezählt: 25 Millionen Lire.
    Dafür mußte ein Museumswächter ein ganzes Jahr Dienst tun. Jetzt stopfte er alles Geld in eine Plastiktüte und machte sich schweren Herzens auf den Weg zur Zweigstelle seiner Bank, zwei Straßen weiter.
    In Rom gab es Gauner genug, die mit Lambrettas unterwegs waren und ahnungslosen Passanten im Vorbeifahren Taschen und Kameras entrissen. Deshalb preßte Meinardi die Plastiktüte mit dem wertvollen Inhalt an seine Brust, sobald er das Haus verließ. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er an den Bankangestellten dachte, der ihn seiner bescheidenen Bezüge wegen stets herablassend behandelt hatte. Nun wollte er den Spieß umdrehen.
    Er wolle einen Anlageberater sprechen, verlangte Meinardi selbstsicher.
    Das könne er auch selbst übernehmen, erwiderte der arrogante, glattgekämmte Mann am Schalter. Worum es sich handle.
    Meinardi blickte mißtrauisch nach allen Seiten, ob es keine Augenzeugen für das Ereignis gab, das nun eintreten würde. Dann kippte er den Inhalt der Plastiktüte auf den Bankschalter.
    In sechzig bescheidenen Lebensjahren hatte Meinardi keinen vergleichbaren Triumph erlebt. Nun empfand er den Augenblick wie einen Sieg über seine eigene Vergangenheit. Am liebsten hätte er die Zeit stillstehen lassen, so sehr genoß er die Situation, die er seinem überraschenden Reichtum verdankte.
    Mit einer Höflichkeit, die Meinardi nicht gewöhnt war, erkundigte sich der Bankangestellte, was er mit der respektablen Summe, deren Höhe er noch nicht einmal kannte, zu tun gedenke.
    Er wünsche, sagte Meinardi nun seinerseits von oben herab, eine sichere Anlage mit hoher Rendite. So hatte er es einmal auf einem Prospekt gelesen, der an allen Schaltern auslag, dem er damals jedoch wenig Interesse entgegengebracht hatte, da sein vatikanisches Gehalt gerade zum Leben reichte und keine nennenswerten Rücklagen gestattete.
    Der Bankangestellte begann mit flinken Fingern die Scheine zu zählen. Natürlich hätte Meinardi ihm die Summe nennen können, doch er weidete sich am Anblick des Mannes, der diese Aufgabe nun für ihn erledigen mußte.
    »25 Millionen Lire.«
    Bruno Meinardi grinste und nickte.
    Dienernd schob der Bankangestellte die Scheine zusammen, um sie zur Kasse zu bringen, die sich im hinteren Teil des Schalterraumes befand. Dabei sagte er: »Nehmen Sie doch bitte einen Augenblick Platz, Signore Meinardi. Ich muß dem Filialleiter Bescheid sagen. Ich bin sofort wieder bei Ihnen.«
    Oft hatte Meinardi die Bankkunden bewundert, deren Geschäfte von so großer Bedeutung waren, daß nur der Filialleiter sich ihnen widmete. Er hätte sich nicht träumen lassen, sich selbst jemals in dieser Rolle zu sehen, und so blickte er triumphierend in die Runde und genoß das vermeintlich gewonnene Ansehen.
    Obwohl es länger dauerte als erwartet, wurde Bruno Meinardi die Zeit nicht lang. Geld macht doch glücklich, sagte er sich. Leuten, die das Gegenteil behaupteten, hatte er nie geglaubt; er hatte es nur als eine Schutzbehauptung den Armen gegenüber betrachtet.
    Vielleicht, ging es Bruno durch den Kopf, während er sich vergnügt die Hände rieb, könnte man sogar von den Zinsen leben. Und einmal im Leben die Uffizien besichtigen oder den Louvre.
    Eine strenge Stimme weckte Bruno aus seinen Träumen: »Signore Meinardi?«
    Vor ihm standen zwei Carabinieri und ein Kriminalbeamter.
    »Ja«, antwortete Bruno verunsichert.
    »Sie sind verhaftet. Bitte folgen Sie uns!«
    Bruno Meinardi blickte hilfesuchend zu dem Bankangestellten, der seine alte Arroganz wiedergefunden hatte. Er hob die Schultern und sagte mit verächtlichem Tonfall: »Falschgeld. Haben Sie wirklich geglaubt, Sie könnten mich täuschen,

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