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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gegangen.
    Milo und Timothy wollten draußen eine Zigarette rauchen, und JaneAnn war allein bei Fintan geblieben, der eingeschlafen war. Ihr Blick ruhte auf ihm, ihrem Jüngsten, ihrem Kleinen, und Tränen rannen ihr über die pergamentenen Wangen. Sie hatte den Rosenkranz in der Hand, sagte stumm die Gebete und fragte sich, welche Gründe Gott gehabt haben mochte, daß er einen jungen Mann im besten Alter mit Krankheit schlug.
    Als Milo und Timothy wieder ins Zimmer kamen, versuchten sie, ein Schinken-Sandwich von dem Stapel zu essen, den JaneAnn in aller Herrgottsfrühe gemacht hatte, aber sie hatten keinen rechten Appetit. »Laßt uns ein bißchen an die frische Luft gehen«, schlug Milo vor.
    »Vielleicht finden wir eine kleine Wiese.« Aber draußen war es kalt, und sie fanden keinen Park, also wanderten sie die Fulham Road auf und ab und verschreckten die
    Inhaber der kleinen, schicken Läden, in die sie gingen, um sich umzusehen.
    »Guckt mal«, rief JaneAnn und hielt ein winziges Emaillekästchen mit einem komplizierten Muster in die Höhe. »Fünfzehn Pfund, für so ein kleines Dingelchen.«
    »Wenn Sie bitte genau hinsehen wollen – es heißt eintausendfünfhundert Pfund«, sagte die Frau hochnäsig und entwand JaneAnn flugs das Kästchen.
    Aber ihre Herablassung erzielte nicht die gewünschte Wirkung, denn Milo, Timothy und JaneAnn prusteten vor Lachen und sagten: »Eintausendfünfhundert! Für das kleine Ding. Dafür kriegt man fast einen Hektar Land!«
    »Das war eine gute Idee«, meinte JaneAnn, als sie wieder auf die Straße traten. »Jetzt ist mein Herz nicht mehr so schwer.«
    Die Türen des nächsten kleinen Antiquitätenladens waren verschlossen, und selbst als sie klingelten und freundlich durch die Scheibe lächelten, öffneten sie sich nicht.
    »Vielleicht hat das Geschäft geschlossen«, sagte Timothy.
    »Nein, es ist doch jemand drin«, sagte JaneAnn, klopfte an die Scheibe und winkte der eleganten Frau zu, die hinter einem vergoldeten Rokoko-Tischchen saß.
    »Hallo«, rief sie, »wir würden gern mal reinkommen.« Yasmin Al-Shari starrte entsetzt die zwei riesigen jungen Männer mit dem wilden Haarschopf und die kleine grauhaarige Frau an, die in ihr Geschäft kommen wollten. »Weg!« rief sie und versuchte von drinnen, sie zu verscheuchen.
    »Gott sei mit dir«, sagten Milo, Timothy und JaneAnn spontan.
    Yasmin sah sie angewidert an, und plötzlich sah Milo sich, seinen Bruder und seine Mutter durch Yasmins Augen. Sie waren unerwünscht.
    Ein Gefühl der Niedergeschlagenheit senkte sich auf ihn. Sie gehörten nicht in diese Stadt, aber sie mußten hier sein. »Ich glaube, wir sind als Kundschaft nicht erwünscht.« Milo versuchte, einen leichten Ton anzuschlagen. »Wir?« JaneAnn war empört. Sie war eine der respektabelsten Personen, die sie kannte!
    Milo legte die Hände an den Mund und rief durch das Glas: »Wir sind exzentrische Millionäre. Aber Sie haben uns beleidigt, und wir werden Ihren Laden meiden.« Mit
    einem gekünstelten Grinsen drehte er sich zu den anderen um. »Gehen wir«, sagte er. »Wir können uns da drüben mal die Blumen ansehen und so tun, als wären wir hier zu Hause.«
    Yasmin Al-Shari sah ihnen nach, wie sie über die Straße gingen. Die alte Dame sah tatsächlich ein bißchen wie die Großmutter in
The Beverly Hillbillies
aus, die unverhofft zu Reichtum kommt.
    »Könnten wir Fintan nicht mit nach Hause nehmen?« fragte JaneAnn und drückte das aus, was die anderen dachten. »Nach Clare?«
    Als Tara und Katherine am späten Nachmittag wieder ins Krankenhaus kamen, war Fintans Laune umgeschlagen. Verzweifelt mühte Tara sich mit der Geschichte von Amy ab, die ihrem gutaussehenden Freund im Eingang des Bürogebäudes in den Armen gelegen hatte. »Es war wunderschön«, sagte sie, ein Auge immer auf Fintan gerichtet, um zu sehen, ob es ihn aufheiterte, »wie im Film.«
    Katherine und Liv warteten nun ihrerseits mit lustigen Geschichten auf, die sie im Lauf des Tages erlebt und sich gemerkt hatten, um Fintan damit zu erfreuen, falls er deprimiert war. Aber Fintans Miene hellte sich erst auf, als Sandro mit einem Stapel Urlaubsprospekte hereinkam. »Brandaktuell«, verkündete er, »gerade erschienen! Vierzehn neue Urlaubsziele in Asien und in der Karibik.«
    Als sie später gehen mußten, weil eine neue Gruppe von Besuchern für Fintan eintraf, konnten sie sich nicht trennen, so daß alle zu Katherine fuhren, für jeden eine Pizza bestellten und sich gegenseitig

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