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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Katherine gar nichts. Was war die richtige Antwort? »Eine ganz schöne.«
    »Eine lange?«
    War lang wünschenswert? Wahrscheinlich. »Sie dauert Stunden. Eine Ewigkeit.«
    »Gut.« JaneAnn nickte befriedigt.
    Es klingelte an der Tür, und Sandro stand davor, in seinem besten Anzug.
    »Was machst du denn hier?« fragte Katherine überrascht.
    »Ich gehe mit JaneAnn in die 11-Uhr-Messe.«
    Katherine fing an zu lachen und hörte erst auf, als sie JaneAnn hinter sich bemerkte.
    »Ich bin erstaunt über dich, Katherine Casey, daß du dich über den Glauben eines jungen Mannes lustig machst.«
    »Entschuldigung«, sagte Katherine beschämt.
    Sandro schrak zurück, als er sah, daß Katherines Wohnung, normalerweise blitzsauber und aufgeräumt, seit dem letzten Abend noch verkommener aussah. Als wäre eine Bombe darin explodiert. Überall lagen Kleider, Schuhe, Koffer und Bettzeug umher. Über dem Fernseher baumelten Socken, ein Becher stand kopfüber in einer Topfpflanze, leere Weinflaschen lagen auf dem Boden verstreut, und das Schlafsofa war zwar zusammengeklappt, aber in einer Ecke ragte ein Stück Laken heraus wie eine Zunge aus einem offenstehenden Mund. Aus der Küche konnte man Geschirrklappern und Brutzeln hören, Essensgerüche drangen in den Flur. »Es sieht aus, als würden zwanzig Studenten hier wohnen«, hauchte er und ließ seinen Blick über das Chaos wandern.
    »Genau«, sagte Katherine und lachte düster.
    »Aber du bist doch immer so eine Ordnungsfanatikerin«, sagte er.
    »Was nützt es denn?« Sie hob die Arme und ließ sie wieder fallen. »Wenn ich aufräume, sieht es fünf Minuten später wieder genauso aus.«
    »Geht es dir auch gut?« Er musterte sie kritisch.
    »Bestens!« erklärte sie mit schriller Stimme. »Hervorragend. Bloß«, fuhr sie fort, und ihre Stimme wurde noch höher und schriller, »es wäre ganz schön, wenn ich mal in mein Badezimmer könnte. Es ist immer jemand drin. Und ich finde es nicht so schlimm, daß JaneAnn meinen Massagehandschuh benutzt hat, um den Küchenboden zu schrubben, oder daß Timothy meine beschichtete Pfanne so lange geputzt hat, bis die ganze Beschichtung ab war, aber als ich dann endlich mal in mein Badezimmer konnte, hatte jemand – ich glaube, es war Milo – meinen ganzen Conditioner aufgebraucht.«
    »Wieso glaubst du, es war Milo?«
    »Guck dir doch mal seine Haare an«, rief Katherine, und ihre Stimme überschlug sich fast. »Das glänzt doch richtig!« Sie war puterrot und starrte Sandro an, der es nicht wagte, etwas einzuwerfen. »Es tut mir leid«, sagte sie und brach in Tränen aus. »Es tut mir leid, es tut mir leid!« Sie zitterte unter Tränen. »Ich bin so egoistisch. Wie kann mir das wichtig sein, wenn Fintan so krank ist?«
    Es klingelte wieder. Diesmal war es Liv, ordentlich gekleidet.
    »Sag nicht, daß du auch um elf mit JaneAnn zur Messe gehst«, sagte Katherine lachend, trotz der Tränen.
    Katherine konnte nicht zur Messe gehen, obwohl sie wußte, daß es von ihr erwartet wurde. Sie war zu aufgewühlt.
    »Wenn du aufgewühlt bist, ist die Messe genau das Richtige«, beharrte JaneAnn.
    Milo ging auch nicht, was JaneAnn mit einem betrübten Blick zur Kenntnis nahm. Als sie zwei Stunden später wiederkamen, war JaneAnn in Höchstform und außerdem äußerst angetan von Liv, weil die Father Gilligan persönlich kannte. »Ihr habt eine phantastische Messe versäumt«, verkündete JaneAnn. »Eine wunderbare Predigt. Über den verlorenen Sohn. Wie lange man auch ohne den Herrn gelebt hat, er nimmt jeden wieder an, ohne Fragen zu stellen.« Sie sah Milo bedeutungsschwer an.
    Dann traf Tara ein, und es war Zeit, zu Fintan ins Krankenhaus zu gehen.
    Sobald Tara das Krankenhaus betrat, verließen sie alle Kräfte. Sie war fertig, ausgelaugt nach all dem Auf und Ab, sie hatte es satt, daß ihre Kleidung und ihre Haare immer den antiseptischen Krankenhausgeruch an sich hatten, sie war kreuzlahm von den harten Stühlen und erschöpft, weil sie viele Stunden ohne Zigarette auskommen mußte. Sie hatte nicht eine Reihe von Thomas’ Pullover gestrickt, sie war nicht einmal im Fitneß-Studio gewesen, und sie konnte sich beim Essen nicht bremsen. Sie sehnte sich nach einem Abend allein zu Hause, vor der Glotze, ohne ein Wort sprechen zu müssen. Sie warf einen Blick auf Katherine und sah, daß die ein ähnliches Stadium erreicht hatte.
    »Seltsam, nicht wahr«, sagte JaneAnn und drückte das aus, was alle fühlten. »Es kommt mir vor, als wären erst fünf

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