Pusteblume
auch was trinken.«
»Was trinken? Und was ist hiermit?« Thomas kniff in Taras Bauch, und zwar nicht nur in die oberste Schicht.
»Nur dies eine Mal, Thomas«, bettelte sie unglücklich. »Es war so schrecklich, diese Woche…«
»Also gut, dies eine Mal«, gestand er ihr zu. »Wo euer Freund vielleicht stirbt.«
Tara war verblüfft von seiner Kaltherzigkeit, und plötzlich wurde ihr bewußt, wie leid sie es war, leid, daß er so grob und so rücksichtslos war. Daß er fortwährend und ohne Grund grausam war. Daß sie ihm nie etwas klarmachen konnte. Daß sie beleidigt und verletzt war. Und das alles im Namen des großen Erlösers, der Ehrlichkeit.
»Macht es dich nicht traurig?« Ihre Stimme zitterte vor Schmerz und Zorn. »Ein junger Mann, so alt wie du, so krank und muß vielleicht sterben?«
Überrascht und mit ausdruckslosem Gesicht sagte Thomas: »Nein, es berührt mich nicht.«
Tara sah ihn unverwandt an und hoffte, ihn zu beschämen.
»Ich kenne ihn doch kaum«, rechtfertigte er sich, durch ihre Nachdrücklichkeit ganz verstört. »Vielleicht wäre es anders, wenn er mein Freund wäre.«
Sie sah ihn einfach weiter an. Und wartete.
»Aber er ist nicht mein Freund«, sagte er. Doch nicht in seinem üblichen rüden Ton.
»Verstehst du, was ich durchmache?«
In seinen Augen zeigte sich etwas, nicht gerade Mitleid, aber doch ein zögerndes Eingeständnis, daß es schwer für sie sein mußte. Es stellte eine Nähe zwischen ihnen her, die sie lange nicht gespürt hatten, und mehr war im Moment nicht möglich. Er zuckte verlegen die Achseln. »Es tut mir leid, ich kann nicht so tun, als wäre ich kreuzunglücklich darüber. Ich bin nur…«
»Ich weiß«, fiel Tara ihm ins Wort, »du bist nur ehrlich.«
Er sah sie verunsichert an. Ihre Laune war merkwürdig! Bloß, weil ihr Freund krank war. Sie hatte keine Ahnung, wie das war, wenn die eigene Mutter einen verließ!
Bevor sie gingen, sah Tara, wie Thomas sein kleines braunes Portemonnaie, das er für Wechselgeld benutzte, in die Hosentasche steckte, und plötzlich empfand sie ihn als unendlich knauserig.
»Kannst du mir zwanzig Pfund leihen, Tara?« sagte er beim Hinausgehen.
Eddies neue Freundin Dawn war ein dünnes, attraktives junges Ding mit langen, braunen, straffen Beinen und dunklen, lebhaften Augen. Tara fühlte sich daneben wie ein achtzig Kilo schwerer Fettkloß. Besorgt verfolgte sie Thomas’ Blicke, die von ihr zu Dawn und zurück wanderten. Er beobachtete genau, stellte Vergleiche an und fand, daß Tara schlecht abschnitt. Sie bemerkte, wie er ihren Hintern anstarrte, der über den Sitz quoll, und ein panikartiges Gefühl verschnürte ihr die Brust und ließ ihr die Hitze in die Wangen steigen. Ihre Verachtung war verpufft, jetzt spürte sie nur eine übergroße Angst, ihn zu verlieren.
Sie trank so lange, bis sie sich besser fühlte. In dem Club, wo sie am Schluß waren, tanzte sie betrunken mit Dawn und war ganz ausgelassen. Sie fand Dawn nett.
Als Thomas und Tara anschließend mit dem Taxi nach Hause fuhren, war Thomas betrunken und zärtlich, er hielt ihre Hand und streichelte ihr über das Haar. »Warum liebst du mich?« fragte Tara zum Spaß.
»Wer sagt denn, daß ich dich liebe?« hielt er dagegen, aber er warf ihr ein verschmitztes Lächeln zu, so daß Tara in ihrem beschwipsten, aufgedrehten Zustand seine Antwort so deutete, daß er sie natürlich liebte.
»Na gut, warum bist du mit mir zusammen?«
»Weil du mir Geld gibst, ist doch klar.«
Er lachte, und sie schluckte. Sie spielten miteinander,
machten sich ein wenig lustig, so wie andere Liebespaare auch. »Na gut«, sagte sie lächelnd, »du bist mit mir zusammen, weil ich dir Geld gebe, was heißt das also? Daß du dich aushalten läßt«, erklärte sie, und dann riß sie die Augen in gespieltem Entsetzen weit auf und fuhr fort: »Wie eine Prostituierte! Also bin ich der Zuhälter.«
Aber er lächelte nicht und gab auch keine stichelnde Erwiderung. Sein Gesicht nahm einen harten, verschlossenen Ausdruck an. Das frotzelnde Gespräch versickerte. O Gott, dachte sie, warum muß es immer so verlaufen, warum wurde es immer bitter am Schluß? Jedes Gefühl von Wärme und Nähe starb den Kältetod.
Ich will das nicht mehr, dachte Tara entmutigt. Nach der schweren Woche war all ihre Energie aufgebraucht. Sie hatte keine Kraft, keine Entschuldigungen, keine Hoffnung mehr.
40
W as für eine Messe zelebriert denn Father Gilligan?« fragte JaneAnn.
Einen Augenblick sagte
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