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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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schlechtergeht, kommt es mir … na ja, nicht gerade
normal
vor, aber ich habe mich dran gewöhnt. Katherine geht es genauso. Liv behauptet, es sei eine Überlebensstrategie. Man könne nicht auf Dauer in einem Zustand des Schocks oder der Trauer leben. Man müsse das Unnormale normalisieren.«
    »Ihr Frauen. Warum macht ihr immer alles so kompliziert?«
    »O nein, gerade stand es mir klar vor Augen!« Tara blieb wie angewurzelt stehen, so daß einige Passanten sie anrempelten und schon losschimpfen wollten, als sie das helle Entsetzen in ihrer Miene sahen. »Daß er nicht gesund wird. Wie ein Blick in die Hölle. Es kommt mir … böse vor!«
    »Du brauchst was zu trinken.« Ravi nahm sie am Ellbogen und steuerte mit ihr in den nächsten Pub. Er führte sie zu einem Tisch und besorgte ihr einen Gin Tonic. »Ist er etwas freundlicher geworden, seit er aus dem Krankenhaus gekommen ist?«
    »Ach wo.« Tara nahm einen Schluck aus ihrem Glas und spürte einen Schauer der Erleichterung. »Danke, Ravi, du hast mich gerettet. Nein, er ist unmöglich. Du hast bestimmt schon von Menschen gehört, deren Leben im Angesicht des Todes in Reinheit erblüht, oder? Also, bei Fintan ist das nicht so. Praktisch seitdem er nach Hause gekommen ist, benimmt er sich wie ein richtiges Ekel – er ist häßlich, unzufrieden, schlecht gelaunt. Man kann es ihm kaum zum Vorwurf machen. Als seine Haare ausfielen, wäre er beinahe gestorben.« Sie schrak zusammen. »Das ist wohl falsch ausgedrückt. Er fühlt sich so schlecht, weil seine weißen Blutkörperchen nach der hohen Chemodosis ziemlich dezimiert sind. Außerdem ist er wütend und hat Angst. Aber es ist nicht leicht, nett zu ihm zu sein.«
    Als Tara Ravi ansah, standen Tränen in ihren Augen. »Manchmal möchte ich ihn schlagen, weil ich auch Angst habe und wütend bin. Und ich habe solche Schuldgefühle!«
    Unbeholfen streichelte Ravi über Taras Hand. »Das ist bestimmt normal.« Er hatte zwar keine Ahnung, wie, aber er wollte so gern helfen. »Möchtest du noch einen Gin?« fragte er, obwohl sie kaum aus ihrem Glas getrunken hatte. »Und bestimmt wird er sich freuen, wenn er hört, daß Katherine sich mit dem Typen aus dem Büro verabredet hat.«
    »Das kann ich nur hoffen. Ich schaffe es einfach nicht, das zu tun, was er will, und deswegen habe ich auch solche Angst und solche Wut.«
    »Man weiß nie, wozu man fähig ist, wenn man es nicht versucht.«
    »Ich weiß es, das kannst du mir glauben. Ich war mir nie so sicher. Ich schaffe es nicht, Thomas zu verlassen, und damit basta.«
    »Aber du hast gesagt, daß es zwischen euch nicht stimmt.«
    »Ja, schon … aber das ist vorübergehend. Er ist eifersüchtig auf Fintan, und weil ich so unter Druck stehe, esse ich zuviel und … Keine Sorgen, das renkt sich wieder ein. Schon bald.«
    »Hoffentlich«, sagte Ravi freundlich. »Das ist ja alles kein Zuckerschlecken.«
    »Sprich nicht vom Essen«, sagte Tara. »Es ist ein richtiger Zwang.«
    »Nimm’s nicht so schwer.«
    »Du bist lieb.« Voller Dankbarkeit bettete Tara ihren Kopf an Ravis Schulter, und er legte nervös einen Arm um sie.
    »Mmmmm.« Tara schmiegte sich an ihn. »Du duftest herr-« Dann zog sie den Kopf zurück. »Crème brûlée! Du riechst nach Crème brûlée. Vanilleschoten und karamelisierter Zucker. Wie heißt dein After-shave?«
    »JPG. Hat mir Danielle gekauft. Und wo du es sagst, fällt mir auch wieder ein, daß sie was von Herznote Vanille gesagt hat, oder so ähnlich.«
    Nach der Arbeit ging Tara zu Fintan und brachte ihm einen Zeitschriftenartikel über chinesische Kräuterheilmethoden, den Vinnie ihr gegeben hatte.
    Sandro kam ihr an der Tür entgegen. »Fintan ist komplett ausgerastet mit dem TV-Shopping-Kanal«, flüsterte er. »Er hat einen Heimtrainer gekauft, ein Country-Western-Album, das es in den Geschäften nicht mehr gibt, eine schreckliche Goldkette mit Armband als Set und eine Skilanglauf-Maschine. Er hängt dauernd am Telefon und gibt unsere Kreditkartennummer durch.«
    Fintan thronte auf dem Sofa, einen Diana-VreelandTurban um den Kopf gewickelt, und machte ein sauertöpfisches Gesicht. Seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus war er unausstehlich, wie saure Milch. Er würdigte den Artikel von Vinnie kaum eines Blickes und warf ihn zur Seite. »Tara, jedesmal, wenn du kommst, hast du eine neue Hokuspokus-Therapie entdeckt, die ich ausprobieren soll. Homöopathie, Akupunktur, Rohkostdiät, Massage, Farbentherapie, Meditation – und jetzt sind

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